Abmahnung
Abmahnung - gesetzliche Regelung
Form der Abmahnung
Abmahnung - was kann abgemahnt werden
Abmahnung wegen verspäteter Krankmeldung
Abmahnung wegen
Abmahnung von Minderleistern / Low Performern
Abmahnung - als Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung
Abmahnung - Rügefunktion
Abmahnung - Warnfunktion
Abmahnung - Bestimmtheit
Abmahnung - Typische Fehler
Abmahnung - Mitbestimmung Betriebsrat
Abmahnung - Mitbestimmung Personalrat
Fristen bei der Abmahnung
Widerspruch, Einspruch oder Gegendarstellung zur Abmahnung
Abmahnung durch Arbeitnehmer?
Rechtsirrtümer zum Thema Abmahnung
Muster einer Abmahnung
Fa. Ach & Krach Gmbh & Co. KG, Geschäftsführer Dr. Gerry Goldfinger, Holzweg 99a, 87719 Katzenhirn
Herrn
Willy Spät
Zur Waldesruh 9
89250 Witzighausen
Abmahnung
Sehr geehrter Herr Spät,
am 23.2.2015 sind Sie erneut nicht pünktlich, sondern mit zehnminütiger Verspätung zur Arbeit erschienen. Nachdem Sie bereits am 16.2.2015 (28 min.) und am 9.2.2015 (15 min.) zu spät zur Arbeit erschienen sind, mahnen wir Sie nunmehr wegen Verstosses gegen Ihre Pflicht, pünktlich die Arbeit aufzunehmen, ab.
Die betriebliche Arbeitszeit beginnt täglich morgens um 7 Uhr, was Ihnen nach fünfjähriger Betriebszugehörigkeit auch bekannt ist. Auf die Verspätung von Ihrem Vorgesetzten angesprochen, gaben Sie an, der Wecker habe wieder nicht geklingelt.
Dies kann den in Ihrem Verhalten zu sehende Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten allerdings nicht entschuldigen, da sie Sorge dafür tragen müssen,daß Sie morgens pünktlich aufwachen.
Sie haben mit dem wiederholten und erheblichen Zuspätkommen gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Wir erwarten von Ihnen, daß Sie wie Ihre Kolleginnen und Kollegen auch, pünktlich um 7 Uhr Ihre Arbeit aufnehmen.
Sollte es in Zukunft erneut zur Unpünktlichkeiten kommen, müssen Sie mit weitergehenderen arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis zu einer Kündigung rechnen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. G. Goldfinger Geschäftsführer
Muster einer Gegendarstellung zur Abmahnung
Dr. Goldfinger Geschäftsführer
Abmahnung
Sehr geehrter Herr Dr. Goldfinger,
tatsächlich bin ich an den genannten Terminen zu spät zur Arbeit erschienen.
Mir ist die betriebliche Arbeitszeit bekannt, wie mein immerhin fünf Jahre langes pünktliches Erscheinen belegt. Hintergrund der aktuellen Verspätungen ist, daß wir vor vier Wochen umgezogen sind und meine Frau zum Transport der Kinder in Schule und Kindergarten jetzt auf die Nutzung des Familienautos angewiesen ist.
Ich muß daher die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, bei denen es aus mir nicht näher bekannten Gründen an bestimmten Tagen zu Verspätungen kommt. In der Anlage füge ich eine entsprechende Bescheinigung der Verkehrsbetriebe bei.
Wir haben uns nunmehr entschlossen, einen weiteren PKW anzuschaffen. Übergangsweise werde ich sicherheitshalber den früheren Zug benutzen. Der PKW hat eine Lieferzeit von vier Monaten, bis dahin bitte ich ggf. mit Rücksicht auf das bisher und ansonsten störungsfreie Arbeitsverhältnis um Nachsicht, wenn es erneut aus Gründen, die ich nicht zu vertreten habe, zu geringfügigen Verspätungen kommt.
Ich habe meinem Vorgesetzen zu keinem Zeitpunkt angegeben, die Verspätung hinge mit dem Wecker zusammen. Ich hoffe, dass wir die bisher angenehme und vertrauensvolle Zusammenarbeit fortsetzen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Willy Spät
Muster einer Klage gegen eine Abmahnung
Arbeitsgericht Köln Pohligstr. 9 50969 Köln
vorab per Telefax 0221 93653-804
Klage
des Herrn Willy Spät, Zur Waldesruh 9, 89250 Witzighausen,
– Klägers –
Prozessbevollmächtigte: Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte, Uhlstr. 19 - 23, 50321 Brühl,
gegen
die Fa. Ach & Krach Gmbh & Co. KG, vertreten durch den Geschäftsführer Dr. Gerry Goldfinger, Holzweg 99a, 87719 Katzenhirn,
– Beklagte –
Namens und im Auftrag des Klägers erheben wir Klage und beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger mit Schreiben vom 29.2.2015 erteilte Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.
I. Sachverhalt
Der Kläger ist verheiratet und hat zwei unterhaltspflichtige Kinder. Bei der Beklagten ist er Januar 1990 beschäftigt, zuletzt als Sachbearbeiterin im Vertrieb. Den Arbeitsvertrag des Klägers reichen wir als Anlage K 1, die letzte gGehaltsabrechnung als Anlage K 2 zu den Gerichtsakten.
Mit Schreiben vom 29.2.2015 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, deren Inhalt sich aus dem als Anlage K 3 beigefügten Abmahnungsschreiben ergibt. Darin heisst es:
Abmahnung
Sehr geehrter Herr Spät,
am 23.2.2015 sind Sie erneut nicht pünktlich, sondern mit zehnminütiger Verspätung zur Arbeit erschienen. Nachdem Sie bereits am 16.2.2015 (28 min.) und am 9.2.2015 (15 min.) zu spät zur Arbeit erschienen sind, mahnen wir Sie nunmehr wegen Verstosses gegen Ihre Pflicht, pünktlich die Arbeit aufzunehmen, ab.
Die betriebliche Arbeitszeit beginnt täglich morgens um 7 Uhr, was Ihnen nach fünfjähriger Betriebszugehörigkeit auch bekannt ist. Auf die Verspätung von Ihrem Vorgesetzten angesprochen, gaben Sie an, der Wecker habe wieder nicht geklingelt.
Dies kann den in Ihrem Verhalten zu sehende Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten allerdings nicht entschuldigen, da sie Sorge dafür tragen müssen,daß Sie morgens pünktlich aufwachen.
Sie haben mit dem wiederholten und erheblichen Zuspätkommen gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Wir erwarten von Ihnen, daß Sie wie Ihre Kolleginnen und Kollegen auch, pünktlich um 7 Uhr Ihre Arbeit aufnehmen.
Sollte es in Zukunft erneut zur Unpünktlichkeiten kommen, müssen Sie mit weitergehenderen arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis zu einer Kündigung rechnen."
Auch bei anderen Arbeitnehmern toleriert die Beklagte gelegentliche Verspätungen. Die Verspätungen des Klägers sind ohne betriebliche Auswirkungen geblieben. Es handelt sich um erstmalige Verspätungen, deren Wiederholung wegen veränderter Umstände ausgeschlossen ist.
II. Rechtliche Würdigung
Der Kläger kann in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung der zu Unrecht erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte verlangen.
Dem Kläger ist die betriebliche Arbeitszeit bekannt, wie sein jahrelanges pünktliches Erscheinen belegt. Hintergrund der aktuellen Verspätungen ist, daß der Kläger vier Wochen vorher umgezogen ist und seine Frau zum Transport der Kinder in Schule und Kindergarten jetzt auf die Nutzung des Familienautos angewiesen ist.
Der Kläger muß daher die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, bei denen es aus ihm nicht näher bekannten Gründen immer an bestimmten Wochentagen zu Verspätungen kommt. In der Anlage fügen wir eine entsprechende Bescheinigung der Verkehrsbetriebe bei.
Der Kläger und seine Frau haben sich nunmehr entschlossen, einen weiteren PKW anzuschaffen. Übergangsweise benutzt er sicherheitshalber den früheren Zug. Verspätungen sind daher danach nicht mehr vorgekommen.
Er hat seinem Vorgesetzen zu keinem Zeitpunkt angegeben, die Verspätung hinge mit dem Wecker zusammen.
Unabhängig davon, dass der Vorwurf inhaltlich unzutreffend und damit auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Klägers beruht, ist die Abmahnung inhaltlich viel zu unbestimmt.
Mit der Abmahnung wird die dem Kläger vorgeworfene Pflichtverletzung und das von ihm erwartete zukünftige Verhalten nicht hinreichend präzise beschrieben.
Jedenfalls liegt eine Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber anderen Mitarbeitern der Beklagten vor. Die Abmahnung ist zudem unverhältnismäßig, weil es sich um einen Bagatellverstoß handelt.
Der Kläger hat bereits deshalb einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Rechtsanwalt
7 gute Gründe, nicht gegen eine Abmahnung zu klagen
Grund 1: Ein Gerichtsverfahren wegen der Abmahnung dauert häufig länger als die Abmahnung Wirkungen für eine spätere Kündigung entfaltet. Deshalb schlagen Arbeitsrichter häufig als Vergleich vor, dass die Abmahnung - unter Aufrechterhaltung der gegenseitigen Rechtsansichten - ein halbes Jahr in der Personalakte bleibt und danach entfernt wird. Nimmt der Arbeitnehmer den Vergleich nicht an, bleibt die Abmahnung bis zu einem rechtskräftigen Urteil sowieso in der Personalakte, selbst wenn der Arbeitnehmer die Klage gewinnt.
Grund 2: Häufig erkennt der Arbeitgeber erst durch ein Gerichtsverfahren formale Fehler der Abmahnung, die er dann noch rechtzeitig – nämlich vor einer späteren Kündigung – berichtigen kann. Hat er zB den Vorgang nicht zutreffend geschildert, nimmt er nach dem verlorenen Gerichtsverfahren die fehlerhafte Abmahnung aus der Personalakte und ersetzt sie durch die verbesserte Version. Das darf er und ist für eine spätere Kündigung fatal. Ohne die Nachbesserung hätte wäre die Abmahnung nämlich unwirksam gewesen und damit auch eine darauf gestützte spätere Kündigung. Hättest Du besser geschwiegen, Arbeitnehmer …
Grund 3: Durch eine zeitnahe Klage führt der Arbeitnehmer im Prinzip zugunsten seines Arbeitgebers ein Beweissicherungsverfahren durch. Zeugen, die der Arbeitgeber benennt, werden selten etwas anderes aussagen, schließlich will man ja auch als Zeuge seinen Job nicht riskieren. Und wenn später tatsächlich eine Kündigung auf die Abmahnung gestützt werden sollte, dann sind vielleicht ein paar der Zeugen des Arbeitgebers aus dem Unternehmen ausgeschieden, vielleicht sogar im Streit …
Grund 4: Eine Klage kostet Geld. Auch wenn man gewinnt, findet im Arbeitsgerichtsverfahren erster Instanz – anders als sonst im Zivilrecht – keine Kostenerstattung durch den Unterlegenen statt, § 12 a ArbGG. Der Arbeitnehmer muss also seinen Anwalt selbst bezahlen, auch wenn er die Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gewinnt. Bei einem Gehalt von 3000 Euro brutto fallen 621,78 € Anwaltskosten in erster Instanz an. Und u.U. - siehe Grund 2 - schreibt der Arbeitgeber eine neue, korrigierte Abmahnung. So kann man Hase und Igel spielen.
Grund 5: Ein Gerichtsverfahren gegen den Arbeitgeber mündet häufig in einer endgültigen Trennung. Die meisten Arbeitgeber verknusern es nicht, „vor Gericht gezerrt“ oder "verklagt" zu werden. Der Arbeitgeber versucht dann einen Kündigungsgrund zu finden. Und sie wissen ja, wer suchet ...
Grund 6: Sie müssen gar nicht gegen eine Abmahnung klagen. Wenn Sie nicht gegen eine Abmahnung klagen, hat das keine Nachteile und kann ihnen nicht vorgehalten werden. In einem späteren Kündigungsschutzprozess können Sie die Berechtigung der Abmahnung immer noch bestreiten.
Grund 7: Besser ist es eine Gegendarstellung zur Aufnahme in der Personalakte zu verfassen. Eine Gegendarstellung zur Aufnahme in die Personalakte hat alle Vorteile, aber keinen der genannten Nachteile. Sie ist daher die bessere und kostengünstigere Alternative. Sie allerdings sollte man unbedingt "zur Ablage in der Personalakte" schreiben und die Aufnahme in die Personalakte auch überprüfen.
Checkliste Abmahnung
Wenn Sie eine Abmahnung überprüfen wollen, sollten Sie nach dieser Checkliste vorgehen:
(1) Hat die Abmahnung jemand ausgesprochen oder geschrieben, der abmahnungsberechtigt ist?
(2) Ist das beanstandete Verhalten konkret und nachvollziehbar beschrieben?
(3) Ist das stattdessen verlangte Verhalten konkret und nachvollziehbar beschrieben?
(4) Sind die Angaben in der Abmahnung zum beanstandeten und verlangten Verhalten zutreffend?
(5) Endet die Abmahnung mit einer Drohung (arbeitsrechtliche Maßnahmen, Kündigung) für den Fall der Wiederholung?
Merkblatt Abmahnung
Unser Merkblatt zum Thema "Abmahnung" finden Sie auf felser.de [[1]]
Blogbeiträge zum Thema Abmahnung
Interviews zum Thema Abmahnung
WDR vom 8.9.2016
WDR Daheim und unterwegs vom 30.4.2014
Risiko Abmahnung: Wie viel Privates ist am Arbeitsplatz erlaubt? Rechtsanwalt Felser als Experte live in der Sendung Onlineinfo [[2]]
Augsburger Allgemeine vom 8.12.2009
Von Abmahnung bis Kündigung: Vorsicht vor der Weihnachtsfeier! Ein Beitrag von Anja Steinbrecher mit Interviewzitaten von Rechtsanwalt Axel Willmann [[3]]
Center.tv (Rheinblick) vom 27.10.2008
Konflikte mit Vorgesetzten, Abmahnung, Kündigung Rechtsanwalt Felser im Interview Video demnächst hier
Weitere Interviews
Rechtsanwalt Felser und andere Anwälte der Kanzlei haben mehr als tausend Interviews zu arbeitsrechtlichen Themen gegeben, davon mehr als 100 für WDR/SWR und Bild.de. [[4]]
Weblinks
Autor
Rechtsanwalt Michael W. Felser ist der auf das Kündigungsrecht spezialisierte Anwalt in der Kanzlei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte Köln/Brühl [5] und Betreiber des Portals "Juracity - Recht für Alle!" [6] sowie der Themendomain Kuendigung.de [7]. Gemeinsam mit der Arbeitsrichterin Lore Seidel hat den Ratgeber "Kündigung - was tun?" geschrieben. Vor seiner Anwaltstätigkeit hat er eine Rechtsabteilung einer großen Gewerkschaft geleitet. Er hat seit 1990 zahlreiche Arbeitnehmer bei Abmahnung beraten und vertreten.