Zuletzt geändert am 23. Juli 2012 um 10:04

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Version vom 23. Juli 2012, 10:04 Uhr von Mwf (Diskussion | Beiträge) (Voraussetzungen für die Führung der Bezeichnung Fachanwalt für Arbeitsrecht)


Fachanwalt für Arbeitsrecht

Der Fachanwalt für Arbeitsrecht ist wohl eine der wichtigsten Fachanwaltschaften nach der Fachanwaltsordnung (FAO). Das Arbeitsrecht gehört in der Praxis zu den am meisten nachgefragten anwaltlichen Rechtsgebieten und ist von hoher existentieller Bedeutung.

Der Fachanwalt für Arbeitsrecht muss theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen nachweisen. Eine umfangreiche Ausbildung wie beim Facharzt erfolgt jedoch nicht.

Jährlich wird ca. 400 neuen Fachanwälten für Arbeitsrecht die Führung der Zusatzbezeichnung gestattet.

Inzwischen gibt es 8701 Anwälte, die die Bezeichnung Fachanwalt für Arbeitsrecht führen dürfen (Stand 2011). Innerhalb von 10 Jahren hat sich die Zahl der Fachanwälte für Arbeitsrecht damit mehr als verdoppelt; 2001 waren es noch 3827 Fachanwälte für Arbeitsrecht. Die Entwicklung hat die Bundesrechtsanwaltskammer in einer Grafik zusammengefasst.[[1]]

Wie beim sog. Schweinezyklus bei der Lehrerschaft verlaufen Nachfrage und Angebot durch die zeitliche Verzögerungn beim Erkennen und Umsetzen des entsprechenden Bedarfs nicht paralell. So hat seit 2004 ein deutlicher Rückgang der Verfahren bei den Arbeitsgerichten eingesetzt, der nur kurz durch die Krise 2008/2009 unterbrochen wurde. Die Zahl der Verfahren vor den Arbeitsgerichten sank im Zeitraum von 2001 bis 2011 von ca. 630.000 auf deutlich unter 400.000 Verfahren.

Die meisten Fachanwälte für Arbeitsrecht haben sich in der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des DAV zusammengeschlossen.

Voraussetzungen für die Führung der Bezeichnung Fachanwalt für Arbeitsrecht

Die Fachanwaltsordnung sieht vor, dass der angehende Fachanwalt für Arbeitsrecht

a) besondere theoretische Kenntnisse und

b) besondere praktische Erfahrungen

im betreffenden Rechtsgebiet vorweisen muß, die erheblich das Maß dessen übersteigen, das üblicherweise durch die berufliche Ausbildung und praktische Erfahrung im Beruf vermittelt wird.

Dazu muß der Anwalt folgende Voraussetzungen erfüllen:

(1) eine dreijährige anwaltliche Zulassung und Tätigkeit(innerhalb der letzten sechs Jahre vor Beantragung),

(2) den Besuch theoretischer Fachanwalts-Lehrgänge von mindestens 120 Stunden (in den meisten Gebieten sind es 120 Stunden, im Steuerrecht sogar 160 Stunden und im Insolvenzrecht 180 Stunden), der höchstens vier Jahre vor dem Antrag zurückliegen darf,

(3) durch die selbstständige Bearbeitung einer bestimmten Anzahl von Fällen im betreffenden Rechtsgebiet nachgewiesene praktische Erfahrung innerhalb der letzten drei Jahre (im Arbeitsrecht 100 Mandate, im Familienrecht 120),

(4) außerdem zum Nachweis der theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen ein Fachgespräch mit dem zur Verleihung zuständigen Ausschuss führen,

sowie nach der Gestattung der Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Arbeitsrecht" eine ständige Fortbildung (mindestens 10 Zeitstunden pro Jahr) oder jährliche Publikationen im betreffenden Rechtsgebiet nachweisen.

Gute Gründe für den Fachanwalt für Arbeitsrecht aus anwaltlicher Sicht

Obwohl die Vorteile einer Spezialisierung auf bestimmte Rechtsgebiete für Mandant und Rechtsanwalt auf der Hand liegen, sind immer noch etwa die Hälfte der Rechtsanwälte als sog. Allgemeinanwalt, Hausanwalt oder Generalist tätig. Sie werden von spezialisierten Anwälten spöttisch in Anlehnung an vergleichbare Arten in der Fauna wegen der starken Verbreitung und mangelnden Spezialisierung als "Wald-, Feld- und Wiesenanwalt" bezeichnet. Die meisten Fachanwälte für Arbeitsrecht sind allerdings in Großkanzleien und Wirtschaftskanzleien - also nicht gerade für den "kleinen Mann" (oder "Hilde-Normalverbraucher") tätig. Nach Ansicht des Unterzeichners ist eine größere Spezialisierung und Verbreitung des Fachanwalts für eine wenigstens annähernde "Waffengleichheit" und damit gleiche Chancen im Rechtsstaat bei der Durchsetzung der Rechte unverzichtbar.

Die Argumente der Allgemeinanwälte gegen Fachanwaltschaften und polemische Retourkutschen ("Fachanwalt = Schwachanwalt") sind vor dem Hintergrund des naheliegenden Motivs einer Beibehaltung des status quo leicht verstehbar. Angesichts der offensichtlichen Vorteile der Spezialisierung für Verbraucher und Anwalt und des zunehmenden Trends zum Fachanwalt ist der Widerstand der Allgemeinanwälte allerdings nur ein historisches Phänomen von kurzer Dauer: Der Allgemeinanwalt wird sich aus vielerlei Gründen von selbst erledigen, und zwar schneller als die tapfer für die Beibehaltung dieses traditionellen Berufsbildes kämpfenden Recken sich vorstellen können. Gut beraten ist, wer nicht weiter an falscher Front kämpft, sondern sich nicht gerade als als letzter und nicht erst nach dem 40. Berufsjahr dem unumkehrbaren Trend zum Fachanwalt anschliest.

Gründe für die Mandatierung eines Fachanwalts

Während der Hausanwalt nach Statistiken des Instituts für freie Berufe ca. 300 Fälle pro Jahre aus verschiedensten Rechtsgebieten bearbeitet, können sich Spezialisten im Arbeitsrecht auf 300 Fälle in ihrem Spezialgebiet konzentrieren. Es liegt auf der Hand, dass der Spezialist ein Mandat im Arbeitsrecht effektiver und gründlicher bearbeiten kann.

Um auf eine Erfahrung aus 1000 Fällen aus dem Arbeitsrecht zu kommen, braucht der normale Anwalt (ohne Fachanwalt für Arbeitsrecht) statistisch ca. 25 Jahre, der ausschliesslich im Arbeitsrecht tätige Anwalt keine vier Jahre.

Der Fachanwalt rechnet meistens genauso wie der Generalist nach dem RVG (früher: BRAGO) ab.

Wenn Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht beauftragen, bekommen Sie deutlich mehr Kompetenz für das gleiche Geld. Und gerade im Arbeitsrecht führt die größere Erfahrung und Sicherheit, das aktuellere Wissen und die genaue Kenntnis des Arbeitsrechts und des Arbeitsgerichtsverfahrens Ihres Anwaltes zu

Kritik an den Voraussetzungen für Fachanwalt für Arbeitsrecht

Wenngleich dies erhebliche Fortschritte gegenüber den früher üblichen "Wald-, Feld-, Wiesenanwälten" sind, bearbeiten echte Spezialisten in Ihrem Gebiet deutlich höhere Fallzahlen im Arbeitsrecht als die meisten Fachanwälte für Arbeitsrecht und weisen dadurch auch schneller eine größere Erfahrung auf.

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Gesetze und Vorschriften zum Fachanwalt für Arbeitsrecht

Die Vorgaben für den Fachanwalt für Arbeitsrecht (und andere Fachanwaltschaften) sind in der Fachanwaltsordnung(FAO) geregelt.

Aktuelle Fassung der Fachanwaltsordnung - Stand 01.07.2011 - via Bundesrechtsanwaltskammer(pdf)[2]

Rechtsprechung zum Fachanwalt für Arbeitsrecht

Arbeit und Recht

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Fachbeiträge zum Fachanwalt für Arbeitsrecht

Arbeit und Recht

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Interviews

Focus Money vom 10.06.2009: Arbeitsrecht: Eine Frage der Einstellung. Fatale Irrtümer von Abfindung bis Zeugnis (Martina Simon) Mit Interviewzitaten von Rechtsanwalt Michael W. Felser [mehr hier …]

Fachanwalt für Arbeitsrecht in Brühl

Arbeit und Recht

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Autor

Michael W. Felser hat im Arbeitsrecht vor seiner Anwaltstätigkeit bereits eine Rechtsabteilung geleietet und sich danach konsequent auf das "Arbeitsrecht" spezialsiert. Er ist Gründer der Kanzlei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte Köln/Brühl [3] und hat mehreren Anwälten in dem von ihm geführten arbeitsrechtlichen Dezernat der Kanzlei ermöglicht, den Fachanwalt für Arbeitsrecht zu führen. Er ist Betreiber des Portals "Juracity - Recht für Alle!" [4] sowie der Themendomain Kuendigung.de [5]. Er bearbeitet jährlich zwischen 300 und 400 Mandate im Arbeitsrecht. Dabei hat er Arbeitnehmer, Führungskräfte, Betriebsräte, Personalräte und Gewerkschaften beraten und/oder aussergerichtlich und gerichtlich vertreten.