Die Gewährung von Prozeßkostenhilfe – also der staatlichen Finanzierung der eigenen Rechtsverfolgung – hängt nicht nur davon ab, daß das für das Erreichen des z.B. mit einer Klage verfolgte Ziels jedenfalls Erfolgsaussichten bestehen. PKH wird darüber hinaus nur gewährt, wenn der Antragsteller bedürftig ist. Hierbei werden seine aktuelle Einkommenssituation, seine Vermögenssituation, Unterhaltsverpflichtug u.ä. berücksichtigt. Nach der Gewährung von PKH kann allerdings auch eine nachhaltige Verbesserung zur Modifizierung oder gar Aufhebung der gewährten Leistung führen.
Eine ledige und einem Kind unterhaltsverpflichtete Arbeitnehmerin hatte für ein Kündigungsschutzverfahren ratenlose PKH erhalten. Das Arbeitsverhältnis wurde nach dem Rechtsstreit fortgesetzt. Nach einer weiteren Kündigung klagte sie unter Gewährung von ratenloser PKH erneut, der Rechtsstreit endete in einem Abfindungsvergleich, wonach ihr eine Abfindung von € 5.000,- zugesagt und später auch gezahlt wurde. Hiernach änderte das zuständige ArbG den Beschluss über die gewährte PKH dahingehend ab, daß die Klägerin bereits von der Landeskasse verauslagten Prozesskosten iHv. 758,76 Euro zurückzahlen sollte. Das zuständige LAG wies die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitnehmerin zurück und darauf hin, daß die den Schonbetrag nach § 88 BSHG übersteigende Abfindung eine nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO zu berücksichtigende wesentliche Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darstelle. Insgesamt sei es der Arbeitnehmerin sogar zuzumuten, die Abfindung als Vermögen mit bis zu € 2.443,00 Euro in die Prozeßfinazierung einzubringen.
Hiergegen erhob die Arbeitnehmerin Rechtsbeschwerde zum BAG.
Das BAG hat in seinem Beschluß vom 24.4.2006, 3 AZB 12/05, bestätigt, dass eine für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung Vermögen iSd. § 115 Abs. 3 ZPO, § 11a Abs. 3 ArbGG ist und deswegen im Rahmen der Zumutbarkeit und bei Verwertbarkeit iSd. § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO iVm. § 90 Abs. 1 SGB XII zur eigenen Rechtsverfolgung einsetzbar ist. Eine Abfindung werde nach Zahlung durch den Arbeitgeber verwertbar und könne dann zur – nachträglichen – Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen gemäß § 120 Abs. 4 ZPO führen.
Allerdings hat das BAG in seinem Beschluß auch darauf hingewiesen, daß die Abfindung nicht in dem vom LAG angenommen Umfang eingebracht werden mußte. Neben dem Freibetrag für die Arbeitnehmerin selbst (“Schonvermögen”) und dem weiteren Freibetrag für die unterhaltsberechtigte Tochter sei unberücksichtigt geblieben, daß der Arbeitnehmerin durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten (Bewerbungen, Fahrten, u. U. Schulungen und Umzug) entstehen, die den Einsatz der gesamten Abfindung regelmäßig als unzumutbar iSd. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO erscheinen lassen. Da die Höhe dieser Kosten ganz wesentlich von der beruflichen Qualifikation, dem Alter und den Gegebenheiten des jeweiligen Arbeitsmarktes abhängt, falle die Ermittlung üblicherweise schwer. Daraus ergebe sich das Erfordernis einer Typisierung dieser Kosten. Das BAG hat in diesem Zusammenhang die Höhe des Schonbetrages für Ledige nach der Durchführungsverordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII gewählt. Im Ergebnis mußte die Klägerin lediglich eine Zahlung von 142,00 Euro an die Landeskasse leisten.
Fundstelle: Beschluß des BAG vom 24.4.2006 – 3 AZB 12/05 –
Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser