Das VG Lüneburg hat sich im Beschluss vom 08.01.2007 – 1 B 1/07 – mit Besonderheiten der Zulässigkeit und Begründetheit eines Eilantrages eines Beamten befaßt, der darauf gerichtet war, daß er vorläufig davon entbunden wird, einer Weisung des Dienstherrn, seinen Dienst wieder aufzunehmen, befolgen zu müssen. Dem Beschluß liegt ein Sachverhalt zugrunde, der sich leider in vergleichbarer Art durchaus häufiger zuträgt. Nicht selten kommt es vor, daß auf mehrmonatig erkrankte Beamte, an deren Dienstunfähigkeit Zweifel bestehen, Druck ausgeübt wird, indem sie unter Fristsetzung zu Dienstaufnahme aufgefordert werden. Verschärft wird diese Weisung in der Regel mit der Androhung disziplinarrechtlicher Schritte und dem Verlust der Dienstbezüge.
Dieses Vorgehen mag sicher in dem einen oder anderen Fall ein probates Mittel sein, um unwillige Beamte trotz Genesung in den Dienst zurück zu führen. In der Praxis kann man aber auch feststellen, daß er derartige mit Drohungen versehene Weisungen manchmal ohne vernünftige ämts- oder fachärztliche Verifizierung der Dienstunfähigkeit erteilt werden. Feststellen kann man dies u.a. auch wenn parallel ein Disziplinarverfahren läuft und die Dienstunfähigkeit und Erkrankung des Beamten auch zu einem nicht unerheblichen Teil auf die mit Verfahren verbundene psychische Belastung zurück zu führen ist. Da kann es durchaus vorkommen, daß trotz fachärztlicher Einschätzung des Privatarztes bsplw. eine tiefgehende psychische Erkrankung attestiert wird, der Amtsarzt diese ohne weitere fachärztliche Abklärung schlicht in Frage stellt und auf Dienstfähigkeit befindet. Ein Schelm der Böses dabei denkt, aber in dieser Konstellation dürfte es sich eher um eine rechtswidrige Form der Maßregelung denn um beamtenrechtlich billigenswertes Verhalten des Dienstherrn handeln.
Dem Beschluß des VG Lüneburg lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein Berufsschullehrer war seit mehr als fünf Monaten arbeitsunfähig krank geschrieben, weshalb die amtsärztliche Überprüfung seiner Dienstfähigkeit angeordnet wurde. Der verneinte eine dauernde Dienstunfähigkeit (zur Legaldefinition vgl. § 42 BBG bzw. § 54 NBG), verwies aber auf die Notwendigkeit einer mehrwöchigen Reha-Maßnahme in einem psychotherapeutisch spezialisierten Klinikum. Der Amtsarzt nahm die Möglichkeit der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in einem Zeitraum von 3-5 Monaten nach Durchführung der Maßnahme an. Anstatt die Durchführung der Reha-Maßnahme zu betrieben, forderte der Dienstherrr den Amtsazt zur weiteren Stellungnhame auf, in welcher er nach Einschaltung von Fachärzten nunmehr die Auffassung vertrat, der Antragsteller sei wegen eines Burn-Out-Syndroms zwar nicht dienstunfähig, jedenfalls aber „krank geschrieben, beamtenrechtlich ´dienstunfähig´.“ geschrieben. Zu weiteren Abklärung empfahl er erneut eine stationäre Heilbehandlung.
Der Dienstherr beschränkte sich allerdings darauf, den Beamten unter Fristsetzung aufzufordern, den Dienst aufzunehmen und drohte im Falle weiteren Fernbleibens ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst und den Verlust der Dienstbezüge festzustellen.
Hiergegen reichte der Beamte einen Antrag nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO ein, wonach er von der Befolgung der Weisung einstweilen entbunden werden wollte. Das VG Lüneburg kam dem begehren des Beamten nach und führte im Hinblick auf die Zulässigkeit des Antrags aus, daß die Weisung, Dienst anzutreten, nur darauf gerichtet ist, den Beamten an seine Dienstpflichten zu erinnern und deswegen mangels regelnder Außenwirkung kein Verwaltungsakt ist
Den für die Sicherungsanordnung erforderlichen dringlichen Sicherungsgrund erkannte das Gericht in dem Umstand, daß es dem Beamten nicht zugemutet werden könne, mit jedem Tag, an dem er die Weisung seines Dienstherrn nicht befolgt, sich u.U. eines disziplinarischen Fehlverhaltens verantwortlich zu machen, und zudem den Verlust von Dienstbezügen zu riskieren. Im übrigen erachtete das VG den Antrag auch begründet, weil es aufgrund einander widersprechender medizinische Feststellungen und gutachterlicher Stellungnahmen darauf verwies, daß die Rechtmäßigkeit der Weisung des Dienstherrn erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden könne. Immerhin ergab sich aus den ärztlichen Stellungnahmen jedenfalls die Behandlungsbedürftigkeit des Beamten, so daß ein schulhaftes Fernbleiben vom Dienst deswegen nicht in Frage käme, weil es dem Beamten nicht vorgeworfen werden könne, seiner Gesunderhaltungspflicht durch Fernbleiben vom Dienst nachzukommen.
Fundstelle: Auszüge aus dem Beschluß des VG Lüneburg vom 08.01.2007 – 1 B 1/07 –
Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser