In förmlichen Disziplinarverfahren ist es mitunter recht schwierig, abzuschätzen, mit welcher Maßnahme der Beamte im gerichtlichen Verfahren rechnen muß. Beispielhaft illustriert wird dies in der Entscheidung des OVG Berlin vom 19. April 2007 – OVG 80 D 6.05 –. In dem Verfahren hatte beide Seiten – Beamter und Dienstherr – gegen die erstinstanzliche der Verhängung einer einjährigen Kürzung der Bezüge des Beamten um 10 % durch das Urteil des VG Berlin vom 15.06.2005 – 80 A 20.04 – Berufung eingelegt. Der Beamte begehrte einen Freispruch, während der Dienstherr weiter die Entfernung aus dem Dienst beantragte. Das OVG Berlin erteilte beiden Rechtsmitteln eine Abfuhr und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung:

Der Verfahren lag verkürzt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Geschichtslehrer war vor Jahren u.a. wegen des Vorwurf der Verharmlosung von Naziverbrechen vom Dienst suspendiert worden. Im erstinstanzlichen Verfahren hat das VG Berlin weder dem begehren nach einer Entfernung aus dem Dienst noch dem Antrag auf Freispruch entsprochen, sondern eine Gehaltskürzung verhängt.

Es war der Auffassung, daß der Beamte zwar nicht als Rechtsextremist eingestuft werden müsse, dieser aber gleichwohl im Untericht in zwei Schuljahren fahrlässig leichtfertig den Eindruck erweckt habe, Rechtsextremist zu sein. Dem Beamten müsse vorgeworfen werden, daß verkannt habe, daß die von ihm betreuten Schüler einer 10. Klasse aufgrund ihrer mangelnden Reife und fehlenden Fachwissen nicht in Lage gewesen seien , seine „geschichtswissenschaftlichen Differenzierungen“ zum Nationalsozialismus und Vergleiche mit anderen Diktaturen angemessen zu deuten. Er habe damit in Kauf genommen, daß die Schüler seinen Unterricht dahingehend mißverstehen, der Nazionalsozialismus sei in seine Folgen nicht so verheerend gewesen.

Damit habe der Beamte seine Pflichten in zweierlei Hinsicht verletzt, weil er sowohl Ansehen der Lehrerschaft des Landes und seiner Schule beschädigt habe als den schulgesetzlichen Bildungsauftrag verletzt habe. Da ihm aber keine Volksverhetzung vorgeworfen werden könne, der schwerwiegendste Vorwurf mehr als zehn Jahre zurück lag, der Beamte sich seitdem bewährt habe, keine disziplinarischen Vorbelastungen vorlagen und das Ansehen des Beamten durch seine jahrelange Suspendierung selbst irreparablen Schaden genommen habe, erachtete das VG lediglich eine befristete Gehaltskürzung als angemessen.

Fundstelle: Pressemitteilung des OVG Berlin 16/2007 zum Urteil vom 19.04.2007 – OVG 80 D 6.05 –

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Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

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