Das OVG Lüneburg stellt in seinem Beschluß vom 28.03.2007 – 5 ME 214/06 – klar, daß eine Anlaßbeurteilung, deren Beurteilungszeitraum ebenfalls durch eine Regelbeurteilung eine Bewertung erfährt, in einem Beförderungsverfahren zwar nicht gesondert ausgewertet werden muß, gleichwohl aber über die Regelbeurteilung miteinbezogen werden muß. Außerdem könne eine Beförderungsdienststelle die Auswahlentscheidung nur dann auf den Vorsprung eines Bewerbers bei einer Binnendifferenzierung stützen, wenn es sich dabei um eine allgemein bekannte Binnendifferenzierung handelt.
Ein Beamter erlangte über ein Verfahren nach § 123 VwGO eine Sicherungsanordnung, die es seinem Dienstherrn einstweilen untersagte, einen Konkurrenten zu befördern. Der Konkurrent führte hiergegen Beschwerde.
Bei der vorletzten Regelbeurteilung war der Konkurrent mit ,gut’ mit der Binnendifferenzierung „teilweise ,sehr gut’“ und der Antragsteller nur mit „gut“ beurteilt worden. Bei der aktuellen Regelbeurteilung für den Zeitraum bis Dezember 2005 waren beide Bewerber mit „sehr gut“ beurteilt worden. Innerhalb des letzten Regelbeurteilungszeitraumes waren allerdings über beide Bewerber Anlaßbeurteilungen wegen der Auflösung einer Bezirksregierung eingeholt worden. Der Antragsteller war hierbei mit 14 Punkten und der Konkurrent nur mit 13 bewertet worden.
Den Vorsprung des Antragststeller im Rahmen der Anlaßbeurteilung hatte das VG Osnabrück zum Anlaß der Sicherungsanordnung gemacht.
Der Konkurrent wandte als Beigeladener im Rahmen der Beschwerde ein, daß die Anlaßbeurteilungen zu Recht durch die Beförderungsdienstsstelle nicht berücksichtigt worden seien. Der Zeitraum, der in der Anlaßbeurteilung bewertet wurde, sei voll von der letzten Regelbeurteilung umfaßt. Diese sei allein maßgeblich. Die Anlaßbeurteilungen seien seinerzeit nur eingeholt worden, um sicherzustellen, daß alle Mitarbeiter auch nach Auflösung der Bezirksregierung bei einer Versetzung an eine andere Behörde noch eine Beurteilung von ihrem bisherigen Beurteiler erhielten. Da die ehemalige Schulabteilung der Bezirksregierung aber vollständig in einer Abteilung der neu errichteten Landesschulbehörde aufgegangen sei, habe sich der eigentliche Zweck der Anlaßbeurteilung damit erledigt. Außerdem seien die Anlaßbeurteilungen ohne Beteiligung der Personalvertretungen erstellt worden.
Das OVG wies die Beschwerde nun zurück. Das VG habe im Hinblick auf das Kriterium „Leistungsentwicklung“ zurecht moniert, daß die Beförderungssdienststelle die erstellten Anlassbeurteilungen nicht mit einbezogen hatte. Für die Verwertbarkeit einer Anlaßbeurteilung sei nicht entscheidend, zu welchem Zweck sie gefertigt wurde und ob dieser Zweck zum Zeitpunkt der Auswertung von Leistungsnachweisen im Beförderungsverfahren noch besteht. Eine Anlaßbeurteilung stelle eine eigenständige Beurteilung dar, die selbst dann nicht abgeändert werden kann, wenn der ihr zugrundeliegende Beurteilungszeitraum auch noch zum Gegenstand einer Regelbeurteilung gemacht wird. Der Personalrat habe auch nicht bei der Erstellung der Beurteilung mitzubestimmen, sondern allenfalls bei der Bestimmung des Inhalts von Beurteilungsrichtlinien. Selbst wenn aber Mitbestimmungsrechte verletzt worden wären sei weder offensichtlich noch dargetan, daß hierdurch Einfluß auf den Inhalt der Beurteilung genommen wurde.
Anders als das VG wies das OVG aber darauf hin, daß eine gesonderte Auswertung der Anlaßbeurteilung nicht geboten war. Insoweit reiche es aus, wenn die Anlaßbeurteilung – die aufgrund der Überschneidung der Beurteilungszeiträume Eingang in die Regelbeurteilung findet – im Rahmen der Regelbeurteilung ihre Würdigung findet.
Maßgeblich war für das OVG vielmehr der Umstand, daß die Beförderungsdienststelle den Zusatz „teilweise ,sehr gut’“ in der vorletzten Regelbeurteilung offensichtlich die Bedeutung und das Gewicht einer Binnendifferenzierung beigemessen hatte. Das sei aber auch nach der Rechtsprechung des BVerwG nur möglich, wenn es sich bei einem entsprechenden Zusatz um eine in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften vorgesehene Binnendifferenzierung handele. Unbekannte Binnendifferenzierungen sorgten für Verwirrung und seien deswegen unbeachtlich. Die Behörde habe weder darlegen können, wann die Binnendifferenzierung „teilweise ,sehr gut’“ eingeführt worden sei noch sei die Formulierung bestimmt genug wie etwa die gängige Binnendifferenzierung „oberer Bereich“.
Fundstelle: Beschluß des OVG Lüneburg vom 28.03.2007 – 5 ME 214/06 –
Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser