Die Schrift auf dem mit solcher Spannung erwarteten Koalitionsvertrag ist kaum getrocknet, schon kommen die Unkenrufer und Claqueure aus ihren Löchern. Was aber ist wirklich dran oder besser, was steckt inhaltlich drin in diesem Koalitionsvertrag?
In Bezug auf das Thema Werkverträge liest man nicht viel spannendes. Auf Seite 69 unter Kapitel 2.2 in dem „gute Arbeit“ und ein „modernes Arbeitsrecht“ versprochen werden, postuliert die eventuelle große Koalition, dass sie den „Mißbrauch von Werkvertragsgestaltungen verhindern“ wolle. Wie genau steht da leider nicht. Es sollen aber „die Informations- und Unterrichtungsrechte des Betriebsrates sichergestellt und konkretisiert“ werden. Bislang gibt es bereits umfassende Informations- und Unterrichtungsrechte der Betriebsräte – diese stehen auch bereits im Betriebsverfassungsgesetz. Sie müssen allerdings im Ernstfall mit Hilfe des Gerichts durchgesetzt werden. So zum Beispiel in § 92 BetrVG die Unterrichtungsrechte bezüglich der Personalplanung. Was jetzt neu werden soll – hierzu finden sich leider keine konkreten Aussagen.
Weiterhin sollen die „wesentlichen durch die Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen ordnungsmäßigen und mißbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz gesetzlich niedergelegt werden“. Dies dient dann der „Erleichterung der Prüftätigkeit von Behörden“. In der Rechtsprechung haben die Gerichte einen umfangreichen Kriterienkatalog erarbeitet, nach dem jedes Arbeitsverhältnis individuell geprüft werden muss. Zuletzt in seinem Urteil vom 25.09.2013 hat das BAG (Az.: 10 AZR 282/12) die Abgrenzung von Arbeits- und Werkverträgen beschrieben.
Aus § 631 BGB wird ein Unternehmer durch einen Werkvertrag zur Herstellung eines versprochenen Werkes verpflichtet. Gegenstand eines solchen Vertrages ist also die Herstellung oder Veränderung einer Sache beziehungsweise ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg. Für dieses Werk ist der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Ein Dienstvertrag nach § 611 BGB regelt dagegen die Tätigkeit als solche. Bei einem Arbeitsverhältnis wird die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, das heißt in persönlicher Abhängigkeit geleistet. Das BAG führt weiter aus: „Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend.“ (BAG aaO)
Durch eine Würdigung der Gesamtumstände ist also zu klären, in welchem Grade der Werkunternehmer in persönlicher Abhängigkeit zum Besteller steht und wie das Vertragsverhältnis tatsächlich gelebt wird. „Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen.“ (BAG aaO) Dagegen ist ein Werkunternehmer im wesentlichen frei und selbständig. Diese so simpel klingenden Dinge zu unterscheiden und zu analysieren füllt auch das BAG mindestens eine DinA4 Seite mit Abwägungen. Wie also die Abgrenzungskriterien so gefasst werden sollen, dass die zur Überprüfung vorgesehene Finanzkontrolle Schwarzarbeit diese effektiv anwenden können, ist nach Lektüre der Koalitionsvereinbarung völlig schleierhaft.
Wenn diese eventuelle große Koalition also angetreten ist, ein modernes Arbeitsrecht zu gestalten und den Mißbrauch der Werkverträge zu verhindern, lässt sie die Wege dorthin noch völlig offen. Wir Arbeitsrechtler dürfen gespannt abwarten. Leider hilft das den vielen vermeindlichen Werkleistern, die nach tatsächlicher Durchführung und den wirklichen Bedingungen eigentlich Arbeitnehmer sind, bislang nichts.
Jessica Seifert Rechtsanwältin Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte