Felser Rechtsanwälte vertreten Veranstalter einer Versammlung mit 40.000 Teilnehmern

Anlässlich einer Versammlung mit 40.000 Teilnehmern in Köln-Deutz am 31. Juli 2016 vertraten Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte die rechtlichen Interessen des Veranstalters in versammlungsrechtlichen Angelegenheiten. Zuvor hatte die Kölner Polizei ihm die Aufstellung einer Videoleinwand auf der Bühne untersagt. Zu der Versammlung mit dem Thema „Ja zur Demokratie – Nein zum Staatsstreich“ rief ein breites Bündnis von Organisationen auf.

Großkundgebung mit 40.000 Teilnehmern in Köln-Deutz

Der Veranstalter, deutscher Staatsangehörigkeit, meldete am 20. Juli 2016 bei dem Polizeipräsidium Köln als zuständiger Versammlungsbehörde eine Versammlung für Sonntag, den 31. Juli 2016 in der Zeit von 15:00 Uhr bis 20:00 Uhr in Köln-Deutz an. Zu der Versammlung rief auch ein breites Bündnis von deutschen Organisationen mit Bezug zur Türkei auf, darunter auch solche Organisationen, die der gegenwärtigen türkischen Regierung kritisch gegenüberstehen. Zu der Versammlung wurden ursprünglich etwa 15.000 Teilnehmer erwartet. Schlussendlich kamen nach Schätzungen der Polizei etwa 40.000 Teilnehmer zu der friedlich verlaufenen Kundgebung.

Die Videoleinwand sollte dazu genutzt werden, die Redner während der Versammlung vergrößert darzustellen, um auch für Versammlungsteilnehmer im hinteren Teil des Versammlungsbereichs gut sichtbar zu sein, Videos, Fotos und andere Aufzeichnungen einzublenden sowie ggfs. Redner, die körperlich abwesend sind, live zuzuschalten. Zu den live zugeschalteten Rednern sollten u.a. ein Politiker aus Hamburg sowie türkische Politiker gehören.

Polizei verbietet die Aufstellung der Videoleinwand während der Versammlung

Mit Auflagenbescheid vom 27. Juli 2016 untersagte das Polizeipräsidium Köln dem Veranstalter die Aufstellung einer Videoleinwand auf der Bühne. Zur Begründung führte die Polizei unter anderem an, dass sich die Teilnehmer „insbesondere bei der Übertragung einer Liveschaltung“ von Politikern aus der Türkei „emotionalisieren“ lassen und „es aus der Versammlung heraus zu einer von Aggressionen geprägten Stimmung“ kommen könne. Eine „derartige Negativstimmung berge die Gefahr in sich, dass Versammlungsteilnehmer Straftaten begehen.“ Soweit bei der Versammlung nur „sonstige Redner und Rednerinnen“ persönlich auftreten würden, werde „eine Gefahr in diesem Maße seitens der Polizei nicht gesehen“. Weiterhin könne nicht „ausgeschlossen werden, dass sich Gegendemonstranten, die sich spontan in der Nähe der Versammlung gruppieren, sich durch Liveschaltungen“ aus Drittstaaten „provoziert fühlen und es zu gegenseitigen Straftaten aus derartigen Gruppierungen und dem Kreis der Versammlungsteilnehmer“ komme.

Veranstalter der Versammlung beauftragt Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

Am späten Nachmittag des 28. Juli 2016 beauftragte der Veranstalter Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen. Diese wandten sich wegen der Dringlichkeit der Sache am kommenden Morgen (29. Juli 2016) mit einem Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 80 Abs. 5 VwGO) an das zuständige Verwaltungsgericht Köln. Für den Entwurf des Antragsschriftsatzes in der Nacht vom 28. auf den 29. Juli 2016 zeichnet sich vor allem der wissenschaftliche Mitarbeiter der Kanzlei, Herr Michael Fengler, verantwortlich, der bereits aus dem versammlungsrechtlichen Kontext bekannt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. August 2015 – 1 BvQ 32/15; Versammlungsverbot in Heidenau: Bundesverfassungsgericht verteidigt Art. 8 GG; Interviews zu BVerfG vom 29.8.2015 – Versammlungsverbot Heidenau).

Verwaltungsgericht Köln erlaubt eingeschränkte Nutzung der Videoleinwand

Mit Beschluss vom 29. Juli 2016, der gegen 15 Uhr zunächst per E-Mail bei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte einging, beschloss das angerufene Verwaltungsgericht Köln (Az. 20 L 1790/16) insbesondere, die Auflage „Die Aufstellung einer Videoleinwand auf der Bühne wird untersagt.“ unter der Maßgabe außer Kraft zu setzen, dass die Videoleinwand ausschließlich zur vergrößerten Darstellung der persönlich bei der Versammlung anwesenden Redner benutzt werden dürfe.

In der Begründung führte das Verwaltungsgericht Köln insbesondere aus:

„Insoweit geht die Kammer von der Erwägung aus, dass das Versammlungsrecht nicht darauf ausgerichtet ist, ausländischen Regierungsmitgliedern oder Staatsoberhäuptern durch Liveübertragungen eine Plattform für politische Stellungnahmen zu bieten.

Soweit in der Antragsschrift als weitere Zwecke für die Benutzung der Videoleinwand die Einblendung von Videos, Fotos und anderen Aufzeichnungen genannt wird, kann in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zuverlässig geprüft werden, inwieweit diese Einblendungen möglicherweise unter den oben genannten Bereich der nicht versammlungsrechtlich geschützten Aktivitäten fallen.“

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte ziehen vor das Oberverwaltungsgericht NRW

Mit einem Telefax legten Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte gegen 17 Uhr des Tages für den Veranstalter Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln ein, um das Ziel weiterzuverfolgen, die Videoleinwand auch für die Einblendung von Videos, Fotos und anderen Aufzeichnungen sowie die Livezuschaltung von Rednern, die nicht persönlich anwesend sein können, verwenden zu können.

Oberverwaltungsgericht NRW weist Beschwerde zurück

Diese Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen jedoch mit Beschluss des 15. Senats vom 29. Juli 2016 (Az. 15 B 876/16) zurück.

Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) sei kein Instrument dafür, ausländischen Staatsoberhäuptern oder Regierungsmitgliedern ein Forum zu eröffnen, sich auf öffentlichen Versammlungen im Bundesgebiet in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger amtlich zu politischen Fragestellungen zu äußern.

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte rufen das Bundesverfassungsgericht an

Am frühen Nachmittag des 30. Juli 2016 riefen Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte namens und in Auftrag des Veranstalters sodann das Bundesverfassungsgericht an, um im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 32 BVerfGG) den Grundrechten des Veranstalters doch noch Geltung zu verschaffen.

Den Antrag lehnte die 3. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Vizepräsidenten Kirchhof, den Richter Masing und die Richterin Baer mit Beschluss vom 30. Juli 2016, der gegen 21:30 Uhr per Telefax bei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte einging, jedoch als – jedenfalls nach Auffassung der Kammer – unzulässig ab.

Die Vollmacht der Rechtsvertreter des Veranstalters entspreche nicht den Erfordernissen des § 22 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG.

Darüber hinaus führte die Kammer zur Begründung aus:

„Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, weil eine Verfassungsbeschwerde in gleicher Sache nach dem Vorbringen des Antragstellers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hätte. Es ist danach nicht ersichtlich, dass die angegriffenen Entscheidungen Grundrechte des Antragstellers verkannt hätten.“

Ablehnungsgründe des Bundesverfassungsgerichts überzeugen nicht

Die Ablehnung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unzulässig ist unverständlich. Die Kammer beruft sich dabei auf § 22 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG. Dieser sieht vor:

„Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen. Sie muß sich ausdrücklich auf das Verfahren beziehen.“

In ihrer am 30. Juli 2016 – wegen der gebotenen Eile und der räumlichen Distanz zwischen dem Kanzleisitz in Brühl und dem Sitz des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe – vorab per Telefax übermittelten Antragsschrift an das Bundesverfassungsgericht hatten Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte, denen eine ordnungsgemäße Originalvollmacht des Veranstalters vorlag, jedoch ausdrücklich mitgeteilt:

„Ich zeige an, dass mir der Beschwerdeführer (…) Vollmacht erteilt hat, deren Vorliegen ich anwaltlich versichere und die ich auf Anforderung unverzüglich nachreichen werde, und dass der Beschwerdeführer mich mit der Wahrnehmung seiner Interessen wegen der polizeilichen Auflage beauftragt hat.

(…)

Der Unterzeichner ist für Rückfragen und/oder Mitteilungen mobil erreichbar über (…).“

Darüber hinaus stand Rechtsanwalt Felser während des Verfahrens mehrfach in fernmündlichem Kontakt zu der zuständigen Senatsgeschäftsstelle und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Kammer. Er hat den Mitarbeiter mehrmals fernmündlich darauf hingewiesen, dass um einen entsprechenden Hinweis gebeten wird, falls noch Unterlagen nachzureichen seien. Ein entsprechender Hinweis – der im Übrigen wegen des Grundsatzes des fairen Verfahrens regelmäßig auch in Eilverfahren durch das BVerfG erfolgt – ist seitens der Kammer jedoch unterblieben.

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte mit Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beauftragt

Das Bundesverfassungsgericht hat die Möglichkeit, eine befriedigende Antwort in der Sache zu geben, zum rechten Zeitpunkt leider nicht genutzt. So blieb es im Ergebnis bei der Auflage in der Fassung, wie sie das Verwaltungsgericht Köln abgeändert hat. Nach der Begründung der Auflage in der Fassung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Köln wäre es sogar verboten gewesen, irgendwelche Bilder, also beispielsweise der türkischen oder der deutschen Flagge, auf der Leinwand darzustellen. Andererseits wäre es nicht verboten gewesen, nicht anwesende Redner per Lautsprecher akustisch zu übertragen. Obwohl sich die Auflage ausdrücklich gegen Redebeiträge türkischer Regierungspolitiker richtete, durfte zudem Herr Çağatay Kilic, türkischer Minister für Sport und Jugend, auf der Veranstaltung reden.

Folgerichtig sehen Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte in der Ablehnung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unzulässig eine Verletzung des Rechts des Veranstalters aus Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (ERMK) auf ein faires Verfahren. Der Veranstalter hat Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte daher beauftragt, diese Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren durch die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) feststellen und die Bundesrepublik Deutschland zugleich zur Zahlung einer Geldentschädigung an den Veranstalter verpflichten zu lassen. Auch die nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht erkennbaren Grundrechtsverletzungen werden zur Überprüfung durch den EGMR gebracht. Vorliegend geht es nicht um Grundrechte ausländischer Politiker, sondern um die Grundrechte des Veranstalters, zu denen auch die Auswahl der Redner gehört, die das Bundesverfassungsgericht zuvor in anderen Verfahren, etwa bei Veranstaltungen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), auch entsprechend geschützt hat.

Fortsetzungsfeststellungsklage weiter anhängig

Nach wie vor ist bei dem Verwaltungsgericht Köln die Hauptsache im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage anhängig.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer wird in allen vorgenannten Verfahren von Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte beraten und vertreten. An dem Mandat waren Herr Rechtsanwalt Michael W. Felser (Brühl) und der wissenschaftliche Mitarbeiter Herr Michael Fengler (Bonn) beteiligt.

Michael Fengler
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl – Köln – Bonn – Berlin

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