Das Bundesverfassungsgericht entschied mit Beschluss vom 27.10.2006 – Aktenzeichen 2 BvR 473/06 – über die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin und bestätigte diese dahingehend, dass ein Haftbefehl gegen sie unverhältnismäßig war. Die Beschwerdeführerin war vor dem Amtsgericht wegen uneidlicher Falschaussage angeklagt. Nachdem die Angeklagte beim ersten Hauptverhandlungstermin anwesend war, wurde ein zweiter Termin anberaumt, welchen der Verteidiger der Angeklagten verlegen wollte, da die Angeklagte sich zu diesem Zeitpunkt in Kur befand. Eine Verlegung fand nicht statt.
Zu dem zweiten Hauptverhandlungstermin erschien die Angeklagte nicht; sie teilte am Morgen mit, dass sie in der Kur eingeschneit sei. Der Richter erließ daraufhin einen Sitzungshaftbefehl nach § 230 Absatz 2 StPO, aufgrund dessen die Angeklagte für 10 Tage in Haft genommen wurde. Anschließend fand der weitere Hauptverhandlungstermin statt, bei dem die Angeklagte freigesprochen und der Haftbefehl aufgehoben wurde.

Die Karlsruher Richter stellten fest, dass die Verhältnismäßigkeit des Haftbefehls nicht ausreichend geprüft worden sei. Zunächst rügten die Verfassungsrichter die Begründung des Amtsgerichts, dass die Angeklagte aufgrund des anberaumten Verhandlungstermins die gesamte Kur nicht hätte antreten dürfen. Außerdem habe sich das Beschwerdegericht nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass die Angeklagte im ersten Hauptverhandlungstermin anwesend war und sich die Beweislage zu ihren Gunsten entwickelt hatte, so dass sie mit einem Freispruch im zweiten Termin rechnen konnte. Auch die Möglichkeit des Erlasses eines Vorführbefehls, bei welchem die Angeklagte erst am Tag der Hauptverhanldung festgenommen worden wäre, wurde gar nicht erörtert.

Quelle: Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 27.10.2006

Hörstrup
Rechtsanwältin
Rechtsanwälte Felser

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