Wie die Rheinische Post in der Ausgabe vom 30. März 2010 berichtet, wird nun auch bei der Rheinbahn AG in Düsseldorf die Wahl des Betriebsrats angefochten. Anfechtungsgrund soll hiernach sein, dass die Arbeitnehmer der Rheinbahn-Immobilien GmbH mitgewählt hätten.
Eine fehlerlose Betriebsratswahl ist die absolute Ausnahme. Die meisten Betriebsratswahlen bleiben aber unangefochten. Daher nehmen wir die Meldung der Rheinischen Post zum Anlass, im folgenden die Voraussetzungen für eine Anfechtung einer Betriebsratswahl kurz darzustellen:Nach dem Gesetz (§ 19 Abs. 1 BetrVG) kann jede Betriebsratswahl angefochten werden, bei der gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Verstoß zu einem anderen Wahlergebnis geführt hat oder führen konnte, als es ohne Verstoß der Fall wäre.
Vorschriften über das Wahlrecht sind die Bestimmungen zur Wahlberechtigung (§ 7 BetrVG). Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Auch Leiharbeitnehmer, die länger als 3 Monate im Betrieb eingesetzt werde, dürfen wählen. Ein wesentlicher Verstoß hiergegen wären z.B. die Zulassung von leitenden Angestellten oder die Zulassung von Arbeitnehmern eines anderen Unternehmens, das keinen gemeinsamen Betrieb mit dem Betrieb bildet, in dem die Wahl stattfindet.
Die Vorschriften über die Wählbarkeit sind in § 8 BetrVG enthalten. Danach können sich alle Wahlberechtigten, die sechs Monate dem Betrieb angehören, zur Wahl stellen. Hier wäre z.B. ein Anfechtungsgrund gegeben, wenn ein wählbarer Arbeitnehmer nicht zur Wahl zugelassen worden ist.
In den §§ 9 bis 18 des BetrVG und in der Wahlordnung ist das relativ komplizierte Wahlverfahren geregelt. Hier können die meisten Fehler bei einer Wahl passieren. Ein Anfechtungsgrund bez. des Wahlverfahrens liegt z.B. vor, wenn in Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zahl der Mindestsitze für das Geschlecht in der Minderheit (§15 Abs. 2 BetrVG, § 5 Wahlordnung) nicht oder nicht richtig ermittelt worden ist oder wenn das Wahlausschreiben nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden ist (§ 3 Wahlordnung), oder wenn die Stimmen nicht unverzüglich nach der Wahl öffentlich ausgezählt worden sind (§ 18 Abs. 3 BetrVG), oder wenn ausländische Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, nicht ausreichend über den Inhalt des Wahlausschreibens in ihrer Heimatsprache unterrichtet worden sind.
Für eine Anfechtung reicht es schon aus, dass mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer gemeinsam einen Antrag beim Arbeitsgericht stellen. Anfechtungsberechtigt sind auch im Betrieb vertretene Gewerkschaften und der Arbeitgeber.
Wer eine Betriebsratswahl anfechten möchte, muss unbedingt innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim zuständigen Arbeitsgericht einen Antrag zur Einleitung eines Beschlussverfahrens stellen.
Übrigens bleibt der Betriebsrat, dessen Wahl angefochten wird, während der Dauer des Gerichtsverfahrens im Amt. Die Amtszeit des Betriebsrats endet nur dann durch eine gerichtliche Entscheidung, wonach die Wahl für unwirksam erklärt wird, wenn diese Entscheidung rechtskräftig ist. Die Entscheidung wird erst dann rechtskräftig, wenn keine zulässigen Rechtsmittel mehr eingelegt werden können. Häufig geht ein Wahlanfechtungsverfahren über zwei Instanzen, so dass es 12 bis 24 Monate dauern kann.
Die Kosten der Wahlanfechtung trägt der Arbeitgeber als Kosten der Wahl nach § 20 BetrVG. Die Anwaltsgebühren derjenigen, die die Betriebsratswahl anfechten, muss der Arbeitgeber also auch übernehmen, es sei denn, die Anfechtung war mutwillig und offensichtlich unbegründet. Ausserdem trägt der Arbeitgeber die Kosten eines Rechtsanwaltes, den der neugewählte Betriebsrat im Wahlanfechtungsverfahren mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt.
Wir raten dazu, mit der Durchführung eines Wahlanfechtungsverfahren einen Anwalt zu beauftragen, der sich auf das Betriebsverfassungsrecht spezialisiert hat. Grund hierfür ist, dass innerhalb weniger Tage (2-Wochen-Frist für Anfechtung) eine umfangreiche Antragsschrift gefertigt werden muss, in der alle Anfechtungsgründe enthalten sind. Häufig werden bei einer Betriebsratswahl gleich mehrere Fehler gemacht. Ein juristischer Laie kann diese kaum alle erkennen. Auch Betriebsräte, deren Wahl angefochten wird, sollten sich von einem Experten in dem Verfahren vertreten lassen, der die Fallstricke in einem Gerichtsverfahrfen, die umfangreiche Rechtsprechung und die komplizierten Wahlvorschriften kennt. Nur ein in Wahlanfechtungen erfahrener Anwalt kann dies alles leisten. Unsere Rechtsanwälte verfügen über diese Spezialisierung und Erfahrung durch Vertretung von Betriebsräten, Arbeitnehmern und Gewerkschaften in Wahlanfechtungsverfahren.
Zur Überprüfung, ob ein Wahlanfechtungsverfahren durchgeführt werden kann, weil es nicht als offensichtlich unbegründet erscheint, braucht der Anwalt, der Sie vertritt mehrere Informationen und Unterlagen. Sie sollten daher nach Möglichkeit folgendes zum Besprechungstermin mitbringen:
- Wahlausschreiben oder Notizen zu den darin benannten Zeitangaben
- Bekanntmachung des Wahlergebnisses oder Notiz über Bekanntmachungszeitpunkt
- Informationen über den Betrieb
- Notizen zu möglichen Anfechtungsgründen (wer, wann, wo, was…)
- Informationen zu Zeugen (Anschrift etc.), die bei Gericht benannt werden können
- Wenn der Betriebsrat den Anwalt beauftragt, eine Beschlussfassung hierüber
- Wenn Arbeitnehmer den Rechtsanwalt beauftragen, Namen und Anschriften der Anfechtenden
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Experte auf Betriebsratswahl2014.de