Nach Kündigung in Kurzarbeit: Gekürztes Gehalt

Nach Kündigung in Kurzarbeit: in der Kündigungsfrist gibt es nur ein gekürztes Gehalt

Als ob wir es geahnt hätten. Wir hatten bereits davor gewarnt, aber die neueste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (vom 22.04.2009) zum Thema Kurzarbeit noch nicht erwähnen können: Im Gegensatz zu den Vorinstanzen hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts einem gekündigten Arbeitnehmer, der wegen der Kündigung kein Kurzarbeitergeld mehr von der Arbeitsagentur bekam, eine (Brutto-)Vergütung (nur) in Höhe des (Saison-)Kurzarbeitergeldes zugesprochen. Im Falle von Kurzarbeit trägt der Arbeitgeber zwar nicht das volle Risiko des Arbeitsausfalls. Der Arbeitnehmer behält aber nur den Lohnanspruch in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Der Arbeitgeber hat zwar mit der entsprechenden Leistung unabhängig davon einzustehen, ob die Arbeitsagentur nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften das Kurzarbeitergeld zahlen muss. Im Regelfall ist der Arbeitgeber allerdings durch die Leistung oder Erstattung der Arbeitsagentur entlastet.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. April 2009 – 5 AZR 310/08 –

Wird der Arbeitnehmer gekündigt, entfällt für diesen Kurzarbeit und damit auch das Kurzarbeitergeld. Deshalb müsste eigentlich der volle Lohn während der Kündigungsfrist gezahlt werden. Das Bundesarbeitsgericht ist aber der Meinung, dass nur noch Gehalt in Höhe des Kurzarbeitergeldes gezahlt werden muss. Für Arbeitnehmer bedeutet also Kurzarbeit ein Risiko, wenn doch gekündigt wird, nämlich die Kürzung des Gehalts während der Kündigungsfrist auf die Höhe des Kurzarbeitergelds.

Unsere Warnung und einen Tipp auf Betriebsverfassungsgesetz(de).

Betriebsbedingte Kündigung während Kurzarbeit aber in der Regel unwirksam

Umso wichtiger ist es, die Kündigung während oder kurz nach Kurzarbeit durch einen Anwalt und anschließend durch das Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Denn in der Regel schließt die Einführung von Kurzarbeit betriebsbedingte Kündigungen aus:

Da die betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers entgegenstehen, dringend sein müssen, die Kündigung im Interesse des Betriebs also unvermeidbar sein muss, hat der Arbeitgeber zuvor alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die mit dem Ziel geschaffen worden sind und bestehen, durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit betriebsbedingte Kündigungen in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls zu vermeiden (BAG 8. November 2007 – 2 AZR 418/06 – Rn. 16, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157, zur Inanspruchnahme von Arbeitszeitkonten). Haben die Betriebsparteien durch die Einführung von Kurzarbeit den Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit auf ein Niveau abgesenkt, dass den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen gerade überflüssig macht, so kann ein dringendes betriebliches Kündigungserfordernis regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Arbeitszeitreduzierung voll ausgeschöpft hat und gleichwohl noch ein Beschäftigungsüberhang besteht (vgl. BAG 8. November 2007 – 2 AZR 418/06 – aaO).

(BAG, Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 AZR 548/10 –, Rn. 22, juris)

Kurzarbeit setzt nämlich einen nur vorübergehenden Arbeitswegfall voraus, während eine betriebsbedingte Kündigung einen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit auf Dauer voraussetzt. Beides schließt sich also eigentlich aus.

Autor

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl (Köln/Bonn)
bundesweite Beratung bei Kurzarbeit und Kündigung per Telefon, Skype, Zoom und Facetime
Autor des Ratgebers „Kündigung – was tun?“ (Bund-Verlag)
bekannt durch zahlreiche Interviews zum Thema in ARD, WDR, SWR, Bild.de u.a. Medien

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