20 Rechtsirrtümer im Verkehrsrecht

Wie in allen Rechtsgebieten geistern auch durch das Verkehrsrecht Rechtsirrtümer und Mythen. Die wichtigsten Rechtsirrtümer zum Verkehrsrecht haben wir für Sie zusammengefasst:

1. Zu polizeilichen Vernehmungen muss man erscheinen.

Irrtum: Weder bei „Knöllchen“ noch bei Straftaten muss der Betroffene dort erscheinen oder gar eine Aussage machen. Erscheinen muss man nur bei Anordnung der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht. Aussagen sollte man ohne die Hinzuziehung eines versierten Anwaltes grundsätzlich nicht machen. Schon mancher hat sich „um Kopf und Kragen“ geredet.

2. Beim Kfz- Leasing weiß ich genau, welche Verpflichtungen auf mich zukommen.

Irrtum: Grade bei Restwertleasing kann es ein böses Erwachen am Ende des Leasingvertrages kommen. Ist der Restwert niedriger, als vorher kalkuliert, trägt allein der Leasingnehmer die Differenz. Entsprechende Klauseln in den Leasingverträgen hat der BGH erst kürzlich wieder bestätigt. Aber auch beim Kilometerleasing kann es unangenehme Überraschungen geben: Oft werden schon für kleine Kratzer erhebliche Minderungsbeträge geltend gemacht – häufig allerdings zu Unrecht.

3. Radfahrer dürfen nicht nebeneinander fahren.

Irrtum: Wenn weder der rückwärtige Verkehr noch der Gegenverkehr beeinträchtigt werden, darf nebeneinander gefahren werden. Sind mehr als 15 Radfahrer gemeinsam als Verband unterwegs, darf sogar grundsätzlich nebeneinander gefahren werden.

4. Auf Bundesstraßen ist maximal Tempo 100 km/h erlaubt

Irrtum: Sind in beide Richtungen mehrere Fahrstreifen befahrbar und durch Leitplanken getrennt, gilt grundsätzlich kein Tempolimit, sondern nur die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Das gilt natürlich nur, wenn keine Temposchilder etwas anderes anordnen.

 5. Nach Ende des Leasingvertrages kann man das Auto immer vom Leasinggeber kaufen.

Irrtum: Das Gegenteil ist meist der Fall. Der Leasinggeber hat wegen des Risikos der Gewährleistung zumeist gar kein Interesse, das Fahrzeug an einen Verbraucher zu veräußern und bevorzugt die Verwertung über den Kfz-Handel.

 6. Wer auffährt ist immer schuld.

Irrtum: Das ist nur eine Vermutung. Wenn ein Autofahrer zum Beispiel durch enges Einfädeln stark den Abstand verkürzt, defekte Bremsleuchten hat oder unvermittelt bremst, kann ihn sogar die überwiegende oder volle Haftung treffen.

 7. Bei einem Parkplatzunfall reicht es aus, eine Nachricht am beschädigten Auto zu hinterlassen, damit keine Unfallflucht vorliegt.

Irrtum: Zunächst ist eine angemessene Zeit zu warten, ob der Geschädigte kommt. Erscheint dieser nach etwa 30 Minuten nicht, sollte unbedingt die Polizei verständigt werden. Ein Zettelchen am Scheibenwischer reicht in keinem Fall. Dies aus deshalb, weil der Zettel leicht abhandenkommen kann. Unfallflucht kann teuer werden.

8. Wer einem anderen die Vorfahrt nimmt, haftet immer alleine.

Irrtum: Wenn der Vorfahrtsberechtigte zu schnell unterwegs ist, kann ihn eine Mithaftung treffen. Ist er sehr schnell  gefahren, kann ihn auch die volle Haftung treffen.

9. Bei Gebrauchtwagen gibt es keine Gewährleistung.

Irrtum: Wenn ein Verbraucher bei einem Kfz-Händler einen Gebrauchtwagen kauft, hat er mindestens für 12 Monate auch Gewährleistungsansprüche. Der Verkäufer kann dies auch nicht ausschließen. Anders ist es beim Kauf vom Privatmann. Hier kann die Gewährleistung mit Ausnahme arglistig verschwiegener Mängel sogar vollständig ausgeschlossen werden.

 10. Man muss am Taxistand stets das erste Fahrzeug nehmen.

Irrtum: Als Fahrgast hat man die freie Wahl, welches Fahrzeug man nehmen möchte. Wer zum Beispiel viel Gepäck bei sich führt, freut sich sicher über einen größeren Wagen.

 11. Außerhalb der Öffnungszeiten darf man Parkplätze von Supermärkten oder Restaurants frei nutzen.

Irrtum: Diese Parkplätze sind auch außerhalb der Geschäftszeiten ausdrücklich den Kunden vorbehalten. Wer sich daran nicht hält, muss damit rechnen kostenpflichtig abgeschleppt werden.

 12. Parkende Autos auf eigenen Stellplätze darf man zuparken oder blockieren.

Irrtum: Das ist nicht erlaubt und kann als Nötigung sogar strafbar sein. Abschleppen lassen darf man die Falschparker jedoch. Die Kosten des Abschleppens kann man dann beim Falschparker geltend machen und gegebenfalls auch einklagen.

 13. Wenn parkende Autos in einen Unfall verwickelt sind, haftet man nicht.

Irrtum: Verbots- oder verkehrswidrig abgestellte Fahrzeuge können zu einer Mithaftung führen.

 14. Freie Parklücken darf ein Mitfahrer freihalten.

Irrtum: Das ist verboten und kann sogar strafbar sein. Anrecht auf einen Parkplatz hat nicht der, der ihn als erstes erreicht, sondern derjenige, der den Parkplatz am besten erreichen kann.

15. Der Betreiber einer Waschanlage kann durch Aushang seine Haftung auf für leichte Fahrlässigkeit ausschließen.

Irrtum: Der BGH hat entschieden, dass eine derartige Klausel unwirksam ist. Wer sein Fahrzeug in die Waschanlage gibt, dürfe darauf vertrauen, dass dieses nicht nur sauber, sondern auch unbeschädigt dort wieder herauskommt.

 16. Als Radfahrer darf man keinen Hund bei sich führen.

Irrtum: Das ist erlaubt. Der Hund sollte aber immer auf der vom Verkehr abgewandten Seite geführt werden und langsam an die „Gespannfahrt“ gewöhnt werden.

 17. Bei der Regulierung eines Verkehrsunfalls muss man seinen Anwalt immer selbst bezahlen.

Irrtum: Hat der Unfallgegner den Unfall alleine verursacht, muss dessen Haftpflichtversicherung auch die Kosten des Anwalts übernehmen. In anderen Fällen hilft die Verkehrsrechtsschutzversicherung.

18. Als Radfahrer darf man betrunken fahren.

Irrtum: Auch als Radfahrer nimmt man am Verkehr teil und kann sich durch eine Alkoholfahrt nach § 316 StGB strafbar machen. Ab 1,6 Promille droht sogar der Entzug des Führerscheines und der sog. „Idiotentest“. Aus Sicherheitsgründen sollte man jedoch auch bei niedrigeren Werten das Fahrrad besser stehen lassen.

 19. Wer eine Verkehrsrechtsschutzversicherung hat, muss den Anwalt den die Versicherung vorschlägt, nehmen.

Irrtum: In Deutschland gilt die freie Anwaltswahl. Mit gutem Grund: Der Anwalt soll von den Interessen der Versicherung unabhängig sein und ausschließlich die Interessen des Mandanten vertreten. Notfalls auch gegen die Rechtsschutzversicherung, wenn die zu Unrecht eine Deckungszusage verweigert oder einschränkt.

20. Beim Reissverschlussverfahren sollte man sich so früh wie möglich einordnen.

Irrtum: Die Fahrzeuge sollen sich nach dem Gesetz „unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug“ einordnen.

Weil es so aufschlussreich ist, noch einen on top:

20a. Bei Nebel oder schlechter Sicht darf man die Nebelschlussleuchte einschalten.

Denkste. Nebelschlussleuchten nur außerhalb geschlossener Orte benutzt werden, wenn die Sichtweite durch Nebel oder starken Schneefall weniger als 50 m beträgt (§ 17 Abs. 3 Satz 5 StVO). Die Sichtbehinderung darf nicht nur durch Regen verursacht sein. Ausserdem ist in § 3 AtVO vor, dass die Geschwindigkeit in diesem Fall (Sichteweiter unter 50 m) maximal 50 km/h betragen darf. Wenn Sie also bei 100 Stundenkilometern die Nebelschlussleuchte einschalten, haben Sie 20a. nicht verstanden. Es droht eine Verwarnung (mind. 20 Euro).

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte Köln und Brühl
Arbeitsrecht – Familienrecht – Erbrecht – Verkehrsrecht
Vertrauensanwälte des Automobilclub Europa eV (ACE)

 

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