Arbeitnehmer haben ein Recht, auf der Arbeit mit einer Farbe von Fingernägeln und Haaren zu erscheinen, wie es den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Den Arbeitgeber geht es auch nichts an, ob die Haare echt sind – das Tragen von Toupets ist ebenfalls Privatsache und daher erlaubt. Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln mit einem Beschluss zu einem Verfahren eines Betriebsrats gegen ein Unternehmen, das an Flughäfen im Auftrag der Bundespolizei Fluggastkontrollen durchführt, entschieden. Mit dem am 12.01.2011 veröffentlichten Beschluss vom 18.08.2010 (3 TaBV15/10) hielt das Landesarbeitsgericht Köln dagegen für zulässig, dass der Arbeitgeber den Mitarbeitern vorschreibt, BHs, Bustiers bzw. Unterhemden zu tragen, damit die darüber getragene Dienstkleidung nicht so schnell abnutzt und Unterwäsche weiß oder in Hautfarbe sein muss und keine Embleme, Beschriftungen oder Muster enthalten darf, damit nichts durchscheint. Zulässig sei auch die Vorgabe, Feinstrumpfhosen in bestimmten Farben ohne Muster und Laufmaschen sowie Socken lediglich zu Hosen zu tragen. Außerdem sei es nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitgeber vorschreibt, dass die Fingernägel nicht länger als 0,5 cm sein dürfen und gegenüber männlichen Mitarbeitern anordnet, Haar und Bart in einem ordentlichen Zustand zu tragen.
Zum Hintergrund:
In dem deutschlandweit tätigen Unternehmen existiert eine Gesamtbetriebsvereinbarung die in ihrer Anlage 2 eine Trageordnung für Dienstkleidung mit umfangreichen Tragevorschriften für Dienstkleidungsträger enthält. Für die Mitarbeiterinnen enthielt diese Gesamtbetriebsvereinbarung u.a. folgende Vorgaben:
„Das Tragen von BHs, Bustiers, bzw. eines Unterhemdes ist vorgeschrieben.
Diese Unterwäsche ist in weiß oder in Hautfarbe ohne Muster/Beschriftungen/ Embleme, etc. zu tragen bzw. anders farbige Unterwäsche darf in keiner Form durchscheinen.
Unter der Bluse ist auch ein weißes T-Shirt, ebenfalls ohne Muster/Beschriftungen/ Embleme, etc. gestattet.
- Zur Beinbekleidung sind Feinstrumpfhosen in neutraler Hautfarbe, dunkelblau oder schwarz zu tragen. Socken in den gleichen Farben wie die Feinstrumpfhosen sind lediglich zur Hose zu tragen.
Feinstrumpfhosen sowie Socken dürfen keinerlei Muster, Nähte oder Laufmaschen aufweisen.“
Für das männliche Personal sollte u.a. folgendes gelten:
„Grundsätzlich sind Haare immer sauber, niemals ungewaschen oder fettig wirkend zu tragen.
Eine gründliche Komplettgesichtsrasur bei Dienstantritt ist Voraussetzung; alternativ ist ein gepflegter Bart gestattet.
Bei Haarfärbungen sind lediglich natürlich wirkende Farben gestattet.
Das Tragen von künstlichen Haaren oder Einflechtungen ist grundsätzlich nicht gestattet, wenn es die Natürlichkeit der Haarpracht beeinträchtigt.“
Der Betriebsrat am Standort Flughafen Köln/Bonn machte wegen mehrerer Regelungen dieser Gesamtbetriebsvereinbarung ein Mitbestimmungsrecht geltend und hielt im Übrigen mehrere Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung für unzulässig, da sie gegen das Persönlichkeitsrecht der einzelnen Mitarbeiter verstießen. Letztlich leitete der Betriebsrat ein Verfahren beim Arbeitsgericht Köln ein, das er teilweise gewann. In der zweiten Instanz hat nun das Landesarbeitsgericht Köln entschieden.
Das Landesarbeitsgericht Köln meint, die Trageordnung greife in die Freiheit der Arbeitnehmer ein, sich während der Arbeit so zu kleiden, wie es den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Hinsichtlich der Regelung für Mitarbeiterinnen, die Fingernägel einfarbig zu tragen, sei diese weder Geeignetheit und Erforderlichkeit, um das Ziel der Gewährleistung eines einheitlichen Erscheinungsbildes zu erreichen, weil die Fingernagelfarbe hierfür bedeutungslos sei. Dies gelte auch für die Regelungen zu den Haaren der männlichen Mitarbeiter, denn es hätten ja ohnehin alle Mitarbeiter unterschiedliche Haarfarben und Frisuren. Zudem greife diese Vorschriften in die unmittelbare körperliche Integrität der Mitarbeiter ein, ohne dass dies durch den Zweck eines einheitlichen Erscheinungsbildes gerechtfertigt wäre. Das gelte insbesondere für das nach dieser Vorschrift weitestgehend verbotene Tragen eines Toupets. Letzteres könne für das Selbstwertgefühl eines unter frühem Haarverlust leidenden Mitarbeiters von erheblicher Bedeutung sein und das Verbot könne in diesem Fall das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters entscheidend tangieren. Demgegenüber werde das von den Kunden wahrgenommene Erscheinungsbild der Mitarbeiter wesentlich durch deren einheitliche Kleidung geprägt. Haarfarbe und Frisur seien hierfür eher unbedeutend. Weitere Unwirksamkeitsgründe ergäben sich ferner u.a. aufgrund des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, denn die allein männliche Mitarbeiter betreffenden Regelungen stellten eine unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung dar, da vergleichbare Regelungen für Mitarbeiterinnen nicht existierten.Die übrigen vom Betriebsrat angegriffenen Regelungen hält das Landesarbeitsgericht mit folgender Begründung für zulässig:
Durch das Tragen von Unterwäsche würden die im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Blusen und Hemden geschützt und weniger schnell abgenutzt werden. Diese Vorschrift sei geeignet und erforderlich. Zudem überwiege hier das Interesse des Arbeitgebers gegenüber dem der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es sei auch unproblematisch, dass die Unterwäsche weiß oder in Hautfarbe sein muss und keine Embleme, Beschriftungen oder Muster enthalten darf. Eine erhebliche Einschränkung des Persönlichkeitsrechts stelle diese Vorgabe nicht dar. Das Gleiche gelte für die Verpflichtung zum Tragen von Feinstrumpfhosen oder Socken.
Ebenfalls für rechtlich unbedenklich hält das Landesarbeitsgericht Köln die für Mitarbeiterinnen vorgeschriebene maximale Länge der Fingernägel von 0,5 cm über der Fingerkuppe. Auch dieser Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterinnen sei insgesamt verhältnismäßig. Ziel der Regelung sei es, eine Verletzungsgefahr bei der Kontrolle von Passagieren möglichst zu vermeiden. Der Arbeitgeber habe ein erhebliches und berechtigtes betriebliches Interesse daran, dass eine von ihren Mitarbeiterinnen ausgehende Verletzungsgefahr im Umgang mit den Passagieren so weit wie möglich ausgeschlossen wird. Demgegenüber müsse das modische Interesse der Mitarbeiterinnen an dem Tragen längerer Fingernägel zurücktreten. Zwar stelle die Vorgabe in der Trageordnung einen unmittelbaren Eingriff in die körperliche Integrität der Mitarbeiterinnen dar. Dieser sei jedoch, so das Landesarbeitsgericht, zwingend durch die Tätigkeit geboten.
Die beanstandeten Bestimmungen zu Frisur und Bart bei Männern sind nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts deshalb in Ordnung, weil von den Mitarbeitern keine außergewöhnlichen Maßnahmen verlangen, sondern letztlich das widerspiegeln, was den normalen und allgemein üblichen Umgangsformen jedenfalls solcher Menschen entspricht, die beruflich im engen Kundenkontakt stehen, überwiegt auch insoweit das betriebliche Interesse.
Daniel Labrow
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte