In zwei neuen Entscheidungen vom 10.02.15 hat der 9. Senat des BAG zum einen seine Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung nach fristloser Kündigung geändert und zum anderen, seine bisherige Rechtsprechung Europarechtskonform gestaltet.
Im ersten Verfahren (BAG vom 10.02.2015 – 9 AZR 455/13) hat das BAG seine Rechtsprechung geändert. Kündigt ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer fristlos und hilfsweise fristgerecht unter Wahrung der Kündigungsfrist und stellt ihn gleichzeitig im Kündigungsschreiben für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung unter Anrechnung der Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei, wird nach nun neuster Rechtsprechung der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub nicht erfüllt.
Nach Bundesurlaubsgesetz setzt der Anspruch auf Erholungsurlaub neben der Freistellung von der Arbeitsleistung auch die bezahlung der Vergütung voraus. Dies kann ein Arbeitgeber aber nur dann, wenn er dem gekündigten Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.
Bisher hat das BAG es anders gesehen. In einer alten Entscheidung (BAG vom 09.01.1979 6 AZR 647/77) hat das BAG angenommen, dass die Freistellungserklärung im Kündigungsschreiben reichen würde, um den Anspruch auf Erholungsurlaub zu erfüllen. Nun hat das BAG aber klargestellt, dass die Erfüllungswirkung nur dann eintreten kann, wenn auch das Urlaubsentgelt bezahlt wird. Damit ist in künftigen Vergleichen darauf zu achten, dass die Abgeltung der Urlaubstage durch Freistellung nicht einfach so vereinbar ist, sondern im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Erfüllungswirkung überhaupt eintreten kann. Wenn nicht, muss der Urlaub doch finanziell abgegolten werden.
Diese Änderung der Rechtsprechung steht im Einklang mit den bisherigen Europarechtlichen Entscheidungen zu diesem Themenkreis. Auch mit der zweiten Entscheidung zum Thema Urlaub hat das BAG seine Rechtssprechung nunmehr in diesem Sinne konkretisiert.
In der Entscheidung BAG vom 10.02.2015 9 AZR 53/14 hat es festegestellt, dass bei einem Wechsel eines Arbeitnehmers von Vollzeit in Teilzeit der Urlaubsanspruch nicht verhältnismäßig gekürzt werden darf. Ein Arbeitnehmer war im Laufe eines Jahres von Vollzeit in Teilzeit gewechselt. Sein Urlaubsanspruch, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt war, wurde verhältnismäßig zu den neuen Arbeitskonditionen gekürzt. Damit gingen ihm 3 ganze Urlaubstage verloren. Richtiger Weise hätte der Arbeitgeber die Höhe des Urlaubsanspruchs bis zum Wechsel in die Teilzeit feststellen müssen und anschließend die Höhe des Urlaubsanspruchs in der Teilzeit für den Rest des Jahres dazu addieren müssen, statt den gesamten Urlaub Anteilig auf die geringere Arbeitszeit zu berechnen. Dies stellt eine Diskriminierung der Teilzeitbeschäftigten dar, wie das BAG nunmehr zu Recht festgestellt hat. Das Argument, dass in Urlaubswochen gemessen, der Anspruch ja gleich bliebe, zählt nicht, da ein höherer Urlaubstageanspruch ja bereits erworben worden war. Der Wechsel in die Teilzeit darf den Arbeitnehmer daher nicht seiner bereits erworbenen Ansprüche berauben, sonst ist eine Diskriminierung des Teilzeitbeschäftigten gegeben.
Es lohnt sich also in Bezug auf Urlaubsansprüche in diesen beiden Fallkonstellationen zukünftig einmal genauer hinzusehen.
Jessica Seifert, Rechtsanwältin