Betriebsrat gründen – aber richtig
Voraussetzungen für eine Betriebsratsgründung
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, ein Betriebsrat gewählt werden.
Wahlberechtigt sind nach § 7 BetrVG alle Arbeitnehmer und Auszubildende des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben,. Nicht wahlberechtigt sind die in § 5 Abs. 2 – 4 BetrVG aufgezählten Personen, insbesondere die leitenden Angestellten, Geschäftsführer und Gesellschafter. Wahlberechtigt sind also auch geringfügig Beschäftigte, Aushilfen, Teilzeitbeschäftigte und sogar Leiharbeitnehmer, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb tätig werden.
Wählbar sind aber nach § 8 BetrVG nur diejenigen wahlberechtigte Arbeitnehmer, die mindestens sechs Monate dem Betrieb angehören oder als in Heimarbeit Beschäftigte in der Hauptsache für den Betrieb gearbeitet haben.
Also: wenn es fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer gilt, von denen drei länger als sechs Monate dem betrieb angehören, kann ein Betriebsrat gegründet werden.
Erfüllt? Dann kann es losgehen …
Die Betriebsratswahl wird von einem von den Arbeitnehmern gewählten Wahlvorstand organisiert. Nach § 17 Abs. 3 BetrVG können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft zu einer Betriebsversammlung einladen, auf der der Wahlvorstand gewählt wird.
Wie einladen?
Gesetzliche Vorgaben für die Einladung gibt es nicht. Die Arbeitnehmer des Betriebs müssen nur rechtzeitig über den Termin und den Veranstaltungszweck, also z.B. „Gründung eines Betriebsrats / Bestellung eines Wahlvorstandes“) informiert werden. In kleinen Betrieben mag eine mündliche Einladung ausreichen, in größeren Betrieben ist ein Aushang am „schwarzen Brett“ erforderlich oder durch ein Rundschreiben oder andere betriebsübliche Informationswege. Es muss nur sichergestellt werden, dass auch alle Arbeitnehmer Kenntnis von der Einladung nehmen können, sonst kann die Betriebsratswahl angefochten werden. Die Einladung sollte mindestens drei Tage vor der Versammlung erfolgen bzw. ausgehängt sein. Der Arbeitgeber sowie die leitenden Angestellten sind nicht zur Teilnahme an der Versammlung berechtigt, um eine Beeinflussung oder gar Einschüchterung der Arbeitnehmer zu vermeiden.
Wie geht es auf der Versammlung weiter?
Die Wahlinitiatoren, also die Einlader, eröffnen die Betriebsversammlung, erläutern den Zweck der Veranstaltung und sorgen für die Wahl eines Versammlungsleiters. Dazu sind Vorschläge der Belegschaft einzuholen, auch die Einlader können natürlich jemanden vorschlagen, auch einen der ihren. Für die Wahl des Versammlungsleiters gibt es keine gesetzlichen Vorgaben, er kann durch Handzeichen oder Akklamation (Zustimmung durch Lautstärke) gewählt werden. Bei mehreren Kandidaten gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen bekommen hat. Zulässig ist auch, dass die Belegschaft der Leitung der Versammlung durch den oder die Einladenden zustimmt.
Nach der Wahl des Versammlungsleiters kann mit der Wahl des in der Regel dreiköpfigen Wahlvorstandes begonnen werden. Stimmberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die an der Betriebsversammlung teilnehmen. Eine förmliche Wahl ist nicht erforderlich, sie muss auch nicht geheim sein. Auch die Einlader können drei Kandidaten vorschlagen und die Belegschaft um Zustimmung „im Paket“ bitten. Werden mehr als drei Kandidaten vorgeschlagen, muss abgestimmt werden. Die Abstimmung findet in einem Wahlgang statt. Jeder in den Wahlvorstand zu wählende Arbeitnehmer muss mit der Mehrheit der Stimmen der auf der Betriebsversammlung anwesenden Arbeitnehmer des Betriebs gewählt werden. Wer keine Mehrheit der anwesenden Stimmen bekommt, ist nicht gewählt. Notfalls ist erneut abzustimmen.
Ist der Wahlvorstand gewählt, wählt die Versammlung in einer weiteren Wahl unter den Wahlvorstandsmitgliedern den Vorsitzenden. Erforderlich ist die absolute Mehrheit der Stimmen, also mindestens 50 % der anwesenden Arbeitnehmer. Falls das nicht geschieht oder vergessen wird, wählt der Wahlvorstand aus seiner Mitte den oder die Vorsitzende(n).
Tipp: Von der Versammlung sollten ein oder mehrere Ersatzmitglieder für den Wahlvorstand gewählt werden, damit der Wahlvorstand nicht bei Ausscheiden oder Verhinderung eines Mitglieds neu gewählt werden muss.
Nach der Wahl des Wahlvorstands
Der Wahlvorstand hat die Betriebsratswahl unverzüglich einzuleiten. Das Wahlverfahren ist kompliziert, Fehler können zu einer Anfechtbarkeit der Wahl führen. Nach einschlägigen Schätzungen sind 80 % aller Betriebsratswahlen aufgrund von Fehlern anfechtbar. Deshalb kann der Wahlvorstand eine Schulung verlangen, deren Kosten der Arbeitgeber zu tragen hat, bevor er die ersten Schritte unternimmt. Ausreichend sind eine zwei- bis dreitägige Schulung. Auch Kosten für Sachmittel (Wahlvorstandsbüro, Material, PC etc.) und Literatur des Wahlvorstands (empfehlenswert die Software des Bund-Verlags für eine rechtssichere Betriebsratswahl) oder die Beratung durch einen Rechtsanwalt bei Zweifelsfragen hat der Arbeitgeber zu tragen.
Kein Freizeitopfer erforderlich!
Die Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstands findet grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Die Zeit der Teilnahme einschließlich zusätzlicher Wegezeiten hat der Arbeitgeber wie Arbeitszeit zu vergüten. Fahrtkosten, die zusätzlich anfallen, sind vom Arbeitgeber zu erstatten.
Kündigungsschutz für Einlader und Wahlvorstand
Arbeitnehmer, die zu einer Betriebsversammlung einladen bzw. die Bestellung eines Wahlvorstandes beantragen (jedoch nur für die ersten drei aufgeführten Namen in der Einladung oder Bestellung), genießen nach § 15 Abs. 3a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Kündigungsschutz. Auch wer in den Wahlvorstand gewählt ist, genießt nach § 15 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) einen besonderen Kündigungsschutz.
Danach ist die ordentliche Kündigung eines Mitglieds des Wahlvorstands vom Zeitpunkt seiner Bestellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses und von diesem Zeitpunkt an gerechnet für weitere sechs Monate grundsätzlich nicht zulässig; bei Initiatoren ist die ordentliche Kündigung vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an jedoch nur bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses nicht zulässig. Wer als Betriebsratsmitglied gewählt ist, hat Kündigungsschutz bis zum Ablauf der Amtszeit und noch ein Jahr nachwirkenden Kündigungsschutz.
Behinderung der Betriebsratswahl ist strafbar
Nach § 119 BetrVG ist die Behinderung der Betriebsratswahl eine Straftat. Verboten sind alle rechtswidrigen Einschränkungen der Handlungsfreiheit bei der Betriebsratswahl, also sowohl die aktive Behinderung als auch die Behinderung durch Unterlassen oder auch nur die Beeinflussung der Wahl. Ein strafbares Unterlassen kann z.B. in der Weigerung, die Aufstellung der Wählerliste zu unterstützen, liegen. Bereits die Androhung von Nachteilen („Keine Weihnachtsfeier“) oder das Versprechen von Vorteilen („wer nicht wählen geht, bekommt einen Tag Zusatzurlaub“) stellen unzulässige Behinderungen der Wahl dar.
Eine strafbare Wahlbeeinflussung sieht die Rechtsprechung ferner in einem Ratschlag oder einer Wahlempfehlung des Arbeitgebers. Auch die finanzielle Unterstützung von Gruppen oder Listen durch den Arbeitgeber ist verboten. Der Arbeitgeber darf auch nicht für Kandidaten werben; er ist verpflichtet sich neutral zu verhalten.
Führungskräfte oder normale Arbeitnehmer, die die Betriebsratswahl stören oder behindern, machen sich ebenfalls strafbar. Als Strafmaß sieht das Gesetz bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe vor.
Betriebsrat gründen als PDF
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte