Das Bundesarbeitsgericht teilt in seiner Pressemitteilung zum Urteil vom 11.12.2012 Az. 9 AZR 227/11 mit, dass der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Aufnahme von Dank und guter Wünsche in das Arbeitszeugnis habe. Damit bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine frühere Rechtsprechung, widerspricht aber der Rechtsprechung einiger Landesarbeitsgerichte.
Zum Hintergrund: In den Arbeitszeugnissen ist es durchaus üblich am Ende der Leistungs- und Führungsbeurteilung abschließend dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit in der Vergangenheit zu danken und für die persönliche und berufliche Zukunft alles Gute zu wünschen. Das Gesetz sieht in § 109 GewO indes nicht vor, dass der Arbeitgeber seinen Dank und seine guten Wünsche niederschreiben muss. Es stellt sich daher die Frage, wie die übliche Praxis mit dem Gesetz zu vereinbaren ist.
So kann der Arbeitgeber, wie in dem dem Urteil zugrunde liegenden Fall, nur die Formulierung verwenden „Wir wünschen Herrn XY für die Zukunft alles Gute“. Aus Sicht des Arbeitnehmers stellt eine derartige Formulierung einen Widerspruch zu dem ansonsten guten Zeugnis dar. Im Zeugnisrecht gilt nämlich das Prinzip, dass offensichltliche Auslassungen zum Nachteil des Zeugnisempfängers gewertet werden können. Demzufolge ist die Schlussformulierung so auszulegen, dass der Arbeitgeber mit der persönlichen und beruflichen Leistung des Arbeitnehmers nicht zufrieden ist.
So sehen das auch einige Landesarbeitsgerichte (zum Beispiel LAG Köln 29.02.2008 – 4 Sa 1315/07, weitergehend: LAG Düsseldorf 03.11.2010 – 12 Sa 974/10). Sie meinen, auch wenn der Arbeitgeber zur Aufnahme der Dankes- und Wünsche Formel gesetzlich nicht verpflichtet sei, so müsse er, wenn er das dennoch tut, konsequent bleiben. Er dürfe sich nicht zum übrigen Zeugnisinhalt in Widerpsruch setzen. Das LAG Düsseldorf hat in der zitierten Entscheidung sogar die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber sei verpflichtet bei guten Zeugnissen die Bewertung mit einer Dankes- und Wünscheformel ausklingen zu lassen. Der Arbeitgeber genüge ansonsten in diesem Fall nicht der gesetzlichen Pflicht, ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen.
Die Entscheidung des BAG: Das BAG teilt diese Auffassung nicht. Die Richter in Erfurt sind der Meinung, das Gesetz gebe die Pflicht zur wohlwollenden Schlussformulierung auch bei guten Zeugnissen nicht her. Der Arbeitgeber äußere darin nur seine persönlichen Empfindungen, die aber nicht Gegenstand der objektiven Leistungs- und Führungsbeurteilung seien. Wenn der Arbeitnehmer mit der Endformulierung nicht einvestanden sei, so habe er lediglich einen Anspruch auf ihre komplette Entfernung aus der Beurteilung. Ein Anspruch auf Korrektur und Vervollständigung bestehe nicht.
Unsere Einschätzung: Das BAG legt das Gesetz an seinem Wortlaut aus, das aus dem Jahre 1900 stammt ohne die aktuelle Entwicklungen in der Arbeitswelt einfließen zu lassen. Es entspricht nunmal der Üblichkeit, dass der Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer beim Ausscheiden ein gutes oder sehr gutes Arbeitszeugnis ausstellt, auch seine persönlichen Empfindungen als Dank für die geleisteten Arbeiten und die guten Wünsche für die Zukunft privat wie beruflich äußert. Wer in einer Personalabteilung ein im übrigen gutes Zeugnis vorgelegt bekommt, das aber diese Schlussätze nicht enthält, wird schlichtweg misstrauisch. Folge: der Arbeitnehmer kriegt bei gleicher Eignung den Arbeitsplatz im Zweifel nicht. Alleine daraus muss der Anspruch des Arbeitnehmers auf Aufnahme der guten Wünsche folgen.
Wir empfehlen: Arbeitgeber sind oft selbst verunsichert, was in ein Arbeitszeugnis gehört und welche Formulierungen unbedenklich sind. Wenn Sie ein Arbeitszeugnis erhalten haben, suchen Sie zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber und erläutern Sie Ihre Zweifel. Wenn das nicht hilft, lassen Sie das Arbeitszeugnis durch einen erfahrenen auf das Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen und den Arbeitgeber außergerichtlich anschreiben. So vermeiden Sie unter Umständen gerichtliche Auseindersetzungen und sparen Geld und Zeit.
Rechtsreferendar Boris Schenker
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte