In der nächsten Zeit werden wir an dieser Stelle in einer monatlichen Serie die größten Rechtsirrtümer im Erbrecht vorstellen. Den Anfang machen heute die 19 größten Rechtsirrtümer zum Testament.
1. Es muss ein Testament gemacht werden, sonst kann man sein Vermögen nicht vererben.
Das stimmt nicht. Wenn kein Testament oder Erbvertrag besteht, greift die sogenannte „gesetzliche Erbfolge“. Hiernach erben maßgeblich die nächsten Verwandten des Verstorbenen (Erblassers), insbesondere Kinder, Eltern und ggf. Geschwister. Daneben erbt der Ehegatte.
2. Ich kann meinen Hund, meine Katze oder mein sonstiges Haustier als Erben einsetzen.
Das ist nicht möglich. Erben können nur Menschen sein, während Tiere nach dem BGB als Sachen gelten. Erben können auch Gesellschaften sein wie zum Beispiel eine GmbH oder AG. Ferner können auch Vereine Erben sein sowie Stiftungen.
3. Ein Testament kann ich nur beim Notar machen.
Auch dies ist falsch. Ein Testament kann jeder selbst verfassen (sog. privatschriftliches Testament).
4. Ein wirksames Testament liegt auch dann vor, wenn es mit dem PC geschrieben und unterschrieben wurde.
Das ist ein Irrtum. Ein privatschriftliches Testament muss vollständig handschriftlich geschrieben und unterschrieben werden, sonst ist es unwirksam. Ferner sollen Ort und Datum angegeben werden. Da die viele der selbst verfassten Testamente formunwirksam sind, ist eine Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Notar dringend ratsam.
5. Man muss ein Testament zerreißen oder sonst vernichten, bevor man ein neues verfassen kann.
Nein. Rechtlich geht ein neueres einem älteren Testament vor. Es ist aber trotzdem ratsam, das alte Testament zu vernichten, da sonst zwei sich ggf. widersprechende Dokumente in der Welt sind und es zu Verwirrungen kommen kann.
6. Ein Testament muss immer mit „Testament“ oder „Mein letzter Wille“ überschrieben sein.
Das ist falsch. Es muss sich nur aus dem Dokument selbst ergeben, dass ein Wille, sein Vermögen zu vererben, besteht. Daher kann unter Umständen auch ein Brief ein formwirksames Testament darstellen.
7. Auch ein Alzheimer-Patient kann ein Testament verfassen.
Dies ist grundsätzlich nicht der Fall, weil bei fortgeschrittener Alzheimer-Erkrankung in der Regel die sog. „Testierfähigkeit“, also die Fähigkeit, die Reichweite und die Bedeutung der im Testament getroffenen Verfügungen zu erkennen und zu überblicken, fehlt. In Einzelfällen, wenn die Krankheit noch nicht weit fortgeschritten ist, kann die Testierfähigkeit aber noch vorhanden sein. Ob dies der Fall ist, kann in der Regel nur von einem Mediziner beantwortet werden. Der Vermerk eines Notars, der Erblasser habe bei Verfassung des Testaments über die ausreichende Testierfähigkeit verfügt, kann hierfür ein Indiz sein.
8. Ich kann es in einem Testament einem Dritten überlassen, meinen Erben zu bestimmen.
Das ist grundsätzlich nicht möglich. Die Einsetzung des Erben muss der Vererbende selbst vornehmen.
9. Ich kann alternativ verschiedene Personen als meine Erben bestimmen.
Das ist nicht möglich, wer Erbe sein soll, muss deutlich und unzweifelhaft bestimmt sein.
Wurde bestimmt, dass eine bestimmte Person „oder“ eine andere Erbe sein soll, kann hierin aber ggf. eine wirksame sogenannte „Ersatzerbenbestimmung“ liegen, wonach die zweitgenannte Person nur Erbe werden soll, wenn die erste nicht Erbe wird (z.B. wegen Vorversterbens).
10. Wer im Testament enterbt ist, hat keinerlei Ansprüche im Erbfall.
Das ist falsch, denn wer enterbt ist, kann einen Pflichtteilsanspruch haben. Pflichtteilsberechtigt sind aber nur Abkömmlinge, Eltern und der Ehegatte.
11. In einem Testament eingesetzte Pfleger oder sonstiges Personal eines Senioren- oder Pflegeheimes werden Erben.
Das ist in der Regel falsch. Nach dem Heimgesetz oder entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften sind Bedienstete eines Senioren- oder Pflegeheims von einer Erbenstellung ausgeschlossen. In Einzelfällen (private, ambulante Pflegedienste) kann aber eine Erbeneinsetzung wirksam sein.
12. Ich kann in meinem Testament keine Bedingungen nennen, unter denen jemand Erbe sein soll.
Dies stimmt nicht. Die Bedingungen dürfen aber nicht sittenwidrig sein (dies ist z.B. der Fall, wenn die Erbenstellung an die Begehung von Straftaten geknüpft wird). Man sollte auch darauf achten, dass die Bedingungen erfüllt werden können, da bei Nichterfüllung der Bedingung ein Erbe über das Testament nicht eingesetzt wurde und dann die gesetzliche Erbfolge greift (siehe Rechtsirrtum 1 oben).
13. In Deutschland kann nur ein Deutscher ein Testament verfassen.
Nein. Auch Staatsangehörige anderer Staaten können in Deutschland Testamente verfassen.
Nach der EUErbVO richtet sich für die EU-Staaten das anzuwendende Erbrecht nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit, sondern nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Ein Italiener, der in Deutschland seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, vererbt somit sein Vermögen nach deutschem Recht. Außerhalb der EU-Staaten kann sich allerdings das Erbrecht nach dem Recht des Heimatstaates richten. Möglich ist es nach der EuErbVO bei einem Notar eine Rechtswahl zu treffen, also selbst zu bestimmen, nach welchem Erbrecht das Vermögen vererbt werden soll.
14. Ein Testament muss immer in Verwahrung bei Gericht gegeben werden.
Das ist nicht richtig. Ein Testament kann in amtliche Verwahrung beim Nachlassgericht gegeben werden, eine Pflicht hierzu besteht aber nicht. Gleichwohl ist die amtliche Verwahrung anzuraten: Hiermit beugt man der Gefahr vor, dass ein letzter Wille nicht aufgefunden wird oder Verwandte ein ihnen „unliebsames“ Testament „verschwinden lassen“.
15. Ein Testament kann immer angefochten werden.
Das ist in dieser Allgemeinheit ebenfalls nicht richtig. Es müssen besondere „Anfechtungsgründe“ des Erblassers vorliegen, also zum Beispiel ein Irrtum, dem er erlag, eine Täuschung oder Drohung durch Dritte. Wer das Testament anfechten will, muss den Anfechtungsgrund vor Gericht beweisen, was oft zu Schwierigkeiten führt. Es gibt hier auch verschiedene Anfechtungsfristen. Suchen Sie sich anwaltlichen Rat, wenn dieses Thema relevant wird.
16. Es ist ausreichend, wenn der Erblasser mehrmals, gegebenenfalls auch vor Zeugen, erwähnt hat, wer sein Erbe sein soll. Ein schriftliches Testament braucht man dann nicht mehr.
Das ist falsch. Es muss im Rahmen einer Erbeinsetzung immer ein formwirksames Testament oder ein Erbvertrag vorhanden sein. Mündliche Beurkunden, auch wenn sie mehrfach und unter Zeugen erfolgt sind, reichen dafür nicht aus. Eine Ausnahme sieht das Gesetz vor bei dem „Nottestament vor drei Zeugen“ und dem „Nottestament auf See“, wobei die Gültigkeit der Nottestamente auf drei Monate befristet ist.
17. Kinder können schon zu Lebzeiten der Eltern ihr „vorzeitiges Erbe“ fordern.
Das ist ein Irrtum. Ein solcher Anspruch besteht nicht. Erst im Todesfall können erbrechtliche Ansprüche bestehen.
18. Eine Kopie eines Testaments reicht als Erbnachweis aus.
Das ist falsch. Nur durch das Original des Testaments kann die Erbfolge nachgewiesen werden. Wer nur eine Kopie des letzten Willens hat, weil das Original verschwunden ist, kann daraus keine Erbenstellung ableiten.
19. Ein gemeinschaftliches Testament können auch nichteheliche Lebensgefährten errichten.
Das ist falsch, nur Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten. Nichteheliche Lebenspartner können jedoch gemeinsam einen Erbvertrag bei einem Notar schließen.
Wenn Sie erkannt haben, dass auch Sie einen oder mehrere der 19 Rechtsirrtümer zum Testament geglaubt haben, erkennen Sie, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig und qualifiziert beraten zu lassen. Der teuerste Rat ist der schlechte Rat. Gleich dahinter kommt der fehlende Rat. Das Motto unserer Kanzlei findet sich über dem alten Rathaus in Brühl:
„Halte Rat vor der Tat“
Diesem klugen Satz ist aus anwaltlicher Sicht nichts hinzuzufügen.
Eva Gerz
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht
Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (DVEV)
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
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