Gibt man bei youtube „Dashcam“ ein, bekommt man eine erdrückende Auswahl an kurzen Filmchen aus lustigen und weniger lustigen Begebenheiten im Straßenverkehr geboten. Die meisten dieser Filme stammen aus Russland, wo so genannte Dashcams – also spezielle Videokamera-Überwachungssysteme, welche in der Regel portabel auf der Windschutzscheibe montiert werden – offenbar sehr verbreitet sind.
Auch in Deutschland wähnt sich der eine oder andere Autobesitzer in Sicherheit, wenn er sich so ein Gerät in seinem Fahrzeug installiert. Die Hoffnung geht dahin in einem Verkehrsrechtsprozess bei schwer aufklärbaren Situationen noch ein Beweismittel vorbringen zu können.
Sind Dashcam-Aufzeichnungen als Beweismittel im Zivilprozess verwertbar?
Soweit ersichtlich, gibt es hierzu bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Meinungen der Amts- und Landgerichte, die sich bislang mit dem Thema beschäftigten sind allerdings sehr ernüchternd.
Versteht man das LG Heilbronn richtig, so hängt die Verwertbarkeit der DachCam Aufzeichnungen im Zivilprozess davon ab, wie die DashCam technisch funktioniert. In dem zu entscheidenden Fall hatte die Klägerin die Aufnahmen einer Dashcam als Beweis dafür angeboten, dass sie die Vorfahrt nicht verletzt hatte, als es zu einem Zusammenstoß mit einem Motorrad kam. Das Amtsgericht und auch das Landgericht ließen aber dieses Beweisangebot nicht zu. Dies ist damit begründet worden, dass die DashCam-Einrichtung der Klägerin das Geschehen auf der Straße wahllos und ununterbrochen aufgenommen hat. Damit würde die Klägerin Persönlichkeitsrechte Dritter verletzen, ohne dass es hierfür eine Rechtfertigung gäbe. Die Gerichte argumentieren damit ähnlich wie in Fällen der Videoüberwachung am Arbeitsplatz und stellen darauf ab, ob ein konkreter Verdacht einer Rechts- oder Rechtsgutsverletzung für den Beginn der Videoaufzeichnung besteht (wir berichteten).
(LG Heilbronn, Urteil vom 03. Februar 2015 – I 3 S 19/14, 3 S 19/14 I –, juris )
Wenn man den Einschränkungen des LG Heilbronn Folge leisten wollte, dann würde allerdings ein Video ohne weiteres verwertbar sein, wenn die DashCam sich nur bei Erschütterung oder Zusammenstoß einschaltet. Solche „intelligenten“ Einrichtungen können inzwischen auch zu relativ günstigen Preisen aus dem Fernost bezogen werden.
Auch das Amtsgericht München ist der Ansicht, permanente und verdachtslose Aufzeichnung würde die Persönlichkeitsrechte Unbeteiligter derart verletzen, dass die Aufzeichnung des Unfallgeschehens im Prozess nicht als Beweismittel verwertbar ist.
(AG München, Beschluss vom 13. August 2014 – 345 C 5551/14 –, juris)
Das Amtsgericht Düsseldorf ist dagegen der Auffassung, das Persönlichkeitsrecht sei dann nicht tangiert, wenn das Video zur Aufklärung des Unfallhergangs geeignet und bestimmt ist.
(AG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 24 C 6736/14 –, juris – Entscheidungsgründe sind nicht veröffentlich worden)
Darf man DashCams überhaupt im Auto nutzen?
Wie die zivilgerichtlichen Entscheidungen zeigen, gehen die Gerichte davon aus, dass dauerhafte Videoaufzeichnung des Verkehrsgeschehens rechtwidrig ist.
Das folgt daraus, dass das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und auch das Datenschutzrecht verletzt werden.
In einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach mussten sich die Richter mit der Frage beschäftigen, ob das Landesamt für Datenschutz einem KFZ-Fahrer untersagen darf, eine DashCam für Video- und Fotoaufzeichnungen zu benutzen.
(VG Ansbach, Urteil vom 12. August 2014 – AN 4 K 13.01634 –, juris)
Dem Fahrer sei vom Landesamt für Datenschutz vorgeworfen worden, er habe die Aufzeichnungen seiner DashCam dafür verwendet in 22 Fällen Dritte wegen angeblicher Verkehrsverstöße anzuzeigen. Daraufhin verbot das Datenschutzamt dem Kläger den Betrieb der DashCam. Hiergegen wandte er sich und stellte die Rechtsmäßigkeit des Verbots in Frage.
Das Verwaltungsgericht hob zwar das Verbot auf. Zeigte aber gleichzeitig auf, dass ein solches Verbot bei gehöriger Begründung durch das Landesdatenschutzamt möglich sein könnte. Die einschlägige rechtliche Grundlage für das Verbot stellt § 38 Abs. 5 Bundesdatenschutzgesetz dar.
Auch hier argumentier das Verwaltungsgericht mit dem hohen Stellenwert des Persönlichkeitsrechts und dem Rechts des Einzelnen auf eine informationelle Selbstbestimmung.
Fazit
Dashcams könnten in brenzligen Verkehrssituationen ein echter Heilbringer sein, zeichnen sie doch unbeirrt und wertungsfrei alles auf, was sich vor der Kameralinse befindet. Dennoch dürfte der Beweiswert dieser Aufzeichnung nach bisheriger Rechtsprechung der Gerichte relativ gering sein. Sowohl einige Zivilgerichte als auch einige Verwaltungsgerichte gehen davon aus, dass die Verwendung der DashCams zumindest dann (datenschutz-)rechtswidrig ist, wenn die Aufnahme ohne Verdacht kontinuierlich erfolgt.
Meines Erachtens könnten die Gerichte zu einer anderen Einschätzung kommen, wenn die DashCam so eingestellt würde, dass sie nicht alles wahllos filmt, sondern nur, wenn etwas Ungewöhnliches passiert und die Sensoren die Kamera einschalten. Dies allerdings um den Preis, dass ein Großteil des Unfallherganges in diesem Fall wohl unaufgezeichnet bleiben wird.