Flip Flops am Steuer: Unfall wird teuer?

Aus gegebenem Anlaß möchten wir als Vertrauensanwälte des Automobilclubs Europa e.V. (ACE) darauf hinweisen, dass das Tragen von Flip-Flops im Auto teuer werden kann, nämlich wenn ein Unfall passiert. Zwar hält selbst der Verband der Versicherer GDV das Tragen von Flip-Flops (oder Knobelbecher oder High-Heels oder hinten offene Sandalen) nicht für grob fahrlässig, so dass bei einem Unfall alleine wegen des Tragens von derartigem Schuhwerk die Versicherung des Unfallgegners eine Mitschuld am Unfall annehmen oder bei Vollkasko die Leistung wegen grober Fahrlässigkeit ablehnen könnte. Anders sieht es allerdings bei Berufskraftfahrern aus.

Allerdings erspart man sich unnötigen Ärger, wenn man auf Flip-Flops im Auto verzichtet. Das Amtsgericht Bayreuth verurteilte nämlich einen Fahrer

„wegen einer „Verkehrsordnungswidrigkeit des Führens eines Fahrzeugs, obwohl die Besetzung nicht vorschriftsmäßig war, wodurch die Verkehrssicherheit wesentlich litt“, zu einer Geldbuße in Höhe von 50,00 EUR.“

weil er

„am 20.09.2005 um 17.35 Uhr mit einem Lkw mit Anhänger die Bundesautobahn A9 im Bereich von P. in nördlicher Fahrtrichtung (befuhr). Zum Zeitpunkt der Fahrt hatte der Betroffene kein Schuhwerk angezogen. Er fuhr mit Socken.“

Das Amtsgericht begründete das Bussgeld wie folgt:

„Durch sein Verhalten hat der Betroffene eine vorsätzliche Ordnungswidrigkeit nach §§ 23 Abs. 1, 49 StVZO i.V.m. § 24 StVG begangen. Zum sicheren Führen eines Fahrzeugs, insbesondere eines Lkw´s mit Anhänger, gehört der Umstand, dass ein Betroffener jederzeit mit den vorhandenen Pedalen entsprechend reagieren kann, ohne dass die Gefahr des Abrutschens besteht. Dies ist nur gewährleistet bei festem Schuhwerk. Beim bloßen Tragen von Socken, insbesondere dann, wenn ein Betroffener noch an den Folgen einer Verletzung leidet, ist nicht geeignet, eine sichere Bedienung der Pedale zu gewährleisten, vgl. auch § 44 Abs. 2 UVV „Fahrzeuge“.

Zwar hob das OLG Bamberg, Beschluss vom 15. November 2006 – 2 Ss OWi 577/06 –) den Beschluß des Amtsgerichts auf, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es bei einem Unfall doch zu einer verschärften Haftung und auch weiteren Konsequenzen kommen kann:

„Das bloße Fahren ohne geeignetes Schuhwerk ist – jedenfalls bei einer nicht dem Anwendungsbereich des § 209 SGB VII unterfallenden Fahrt – weder nach § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO (das Amtsgericht führt fälschlicherweise §§ 23, 49 StVZO an) noch nach anderweitigen Vorschriften des Straßenverkehrsrechts mit Bußgeld sanktioniert.

a) Dem Amtsgericht ist allerdings insoweit beizupflichten, als es mit den Pflichten eines sorgfältigen Kraftfahrzeugführers unvereinbar ist, ein Kraftfahrzeug ohne (oder mit hierfür ungeeignetem) Schuhwerk zu führen. Da wesentliche Fahrzeugfunktionen über Pedale mit Fußkontakt gesteuert werden, kann das Fahren ohne (oder mit ungeeignetem) Schuhwerk infolge einer dadurch bedingten Fehlbedienung der Pedale oder eines Abrutschens von den Pedalen mit erheblichen Risiken verbunden sein. Wird dadurch ein von der Rechtsordnung missbilligter Erfolg herbeigeführt, insbesondere ein Dritter geschädigt, gefährdet oder auch nur belästigt im Sinne von § 1 Abs. 2 StVO, kann der Fahrzeugführer – über die zivilrechtliche Haftung für einen dadurch verursachten Schaden hinaus (vgl. BGH VM 57,32) – auch strafrechtlich oder bußgeldrechtlich verantwortlich sein.“

(OLG Bamberg, Beschluss vom 15. November 2006 – 2 Ss OWi 577/06 –)

Das Landgericht München hatte sich schon einmal mit der Frage zu befassen, ob Badesandalen (Flip Flops oder Adiletten?) bei einem Unfall beim Verschulden zu berücksichtigen seien und lehnte jedenfalls eine pauschale Mitschuld ab:

„Das Gericht übersieht dabei nicht, dass Badesandalen kein geeignetes Schuhwerk für den Fahrer eines Automobils sind; gleichwohl besteht keine Vermutung, dass sich ihr Tragen bei einem Unfallgeschehen auch tatsächlich ausgewirkt hat.“

(LG München I, Urteil vom 23. Juni 2009 – 17 O 2491/09 –, Rn. 37, juris)

Das Oberlandesgericht Bamberg hat in einer anderen Entscheidung aber darauf hingwiesen, dass eine Verantwortung im Einzelfall doch vorliegen kann und zwar sowohl haftungsrechtlich als auch strafrechtlich:

„Hieran ändert nichts, dass es mit den Pflichten eines sorgfältigen Kraftfahrzeugführers in der Tat unvereinbar erscheint, ein Kraftfahrzeug ohne oder mit hierfür ungeeignetem Schuhwerk zu führen. Wird hierdurch – etwa durch eine Fehlbedienung der Pedalen oder durch ein Abrutschen des Fußes vom Pedal – ein Dritter geschädigt, gefährdet oder auch nur belästigt (§ 1 Abs. 2 StVO), kann der Fahrzeugführer – über die zivilrechtliche Haftung für einen dadurch verursachten Schaden hinaus – auch strafrechtlich oder bußgeldrechtlich verantwortlich sein. Ist ein solcher Erfolg jedoch – wie hier – nicht eingetreten, wird das schlichte Führen eines Kraftfahrzeugs ohne oder mit hierfür ungeeignetem Schuhwerk derzeit von keiner Bußgeldbewehrung des Straßenverkehrsrechts (StVG, StVO, StVZO, FEV) erfasst.“

(OLG Bamberg, Beschluss vom 04. April 2007 – 3 Ss OWi 338/2007, 3 Ss OWi 338/07 –)

Das OLG Frankfurt (Urteil vom 21. März 1997 – 25 U 146/96) hat demgemäß auch einem Sportwagenfahrer (Sportwagenfahrer haben es bei Gericht immer schwer ….) die Schadensregulierung durch die Vollkaskoversicherung abgelehnt, der durch „unbequemes Schuhwerk“ die Bremse des Sportwagens nicht betätigen konnte und deswegen verunfallte.

Fazit: Es ist besser, es nicht darauf ankommen zu lassen und auch bei heissen Temperaturen vernünftiges Schuhwerk zu tragen. Clevere Anwälte der Gegenseite oder die Versicherung fragen nach einem Unfall vielleicht nach, welches Schuhwerk man getragen hat. Unfallgegner machen vielleicht schon am Unfallort Fotos von den Flip-Flops des Unfallverursachers. Dann kann es eben doch Ärger mit der Versicherung, im schlimmsten Fall sogar mit dem Staatsanwalt geben (bei Personenschaden zB. wegen fahrlässiger Körperverletzung).

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Seit 1995 Vertrauensanwälte des Automobilclub Europa e.V. (ACE)

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