Die Kündigung und Kündigungsfrist von Leiharbeitnehmern die bei einem Zeitarbeitsunternehmen arbeiten, das an den Manteltarifvertrag (MTV) DGB/BZA aufgrund Mitgliedschaft im Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) gebunden ist, richtet sich nach § 9 MTV DGB/BZA BAP. Der Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen e.V. (BZA) hat sich zusammen mit dem Arbeit
geberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) durch Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz zum Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) vereinigt. Richtig muss der Manteltarifvertrag daher MTV DGB / BAP heissen.
Meistens ergibt sich der anzuwendende Tarifvertrag auch aus dem Arbeitsvertrag des Leiharbeitnehmers.
Manteltarifvertrag Zeitarbeit vom 22.07.2003|geändert durch Änderungstarifverträge vom 22.12.2004, 30.05.2006, 09.03.2010, 17.09.2013 und ergänzt durch Ergänzungstarifverträge über Branchenzuschläge.
§ 9 Begründung/Beendigung des Arbeitsverhältnisses
§ 9.1
Die Begründung des Arbeitsverhältnisses erfolgt aufgrund eines schriftlich abzuschließenden Arbeitsvertrages. Bei unentschuldigtem Nichterscheinen am
ersten Arbeitstag gilt der Arbeitsvertrag als nicht zustande gekommen.
§ 9.2
Der Arbeitsvertrag kann abweichend von § 14 Abs. 2 S.1 Teilzeit- und Befristungsgesetz bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet werden. Innerhalb dieser Zeitspanne kann das Arbeitsverhältnis bis zu
viermal verlängert werden. § 14 Abs. 2 S. 2 und 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz bleiben
unberührt.
§ 9.3
Die ersten sechs Monate des Beschäftigungsverhältnisses gelten als Probezeit. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einer Woche in den ersten drei Monaten gekündigt werden.
Danach gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen während der Probezeit gemäß § 622
Abs. 3 BGB von zwei Wochen.
Bei Neueinstellungen kann die Kündigungsfrist während der ersten zwei Wochen des
Beschäftigungsverhältnisses arbeitsvertraglich auf einen Tag verkürzt werden. Als Neueinstellungen gelten Arbeitsverhältnisse mit Mitarbeitern, die mindestens drei Monate lang nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber standen.
§ 9.4
Im Übrigen gelten für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber
oder den Mitarbeiter beiderseits die Fristen des § 622 Abs. 1 und 2 BGB. Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen (§ 623 BGB).
§ 9.5
Die gesetzlichen Vorschriften über die fristlose Kündigung bleiben unberührt.
§ 9.6
Nach Ausspruch einer Kündigung ist der Arbeitgeber berechtigt, den Mitarbeiter unter Fortzahlung seines Entgeltes und unter Anrechnung etwaiger Urlaubsansprüche und Guthaben aus dem Arbeitszeitkonto freizustellen. Im Falle einer betriebsbedingten Kündigung ist eine Freistellung zum Abbau des Arbeitszeitkontos nur mit Zustimmung des Mitarbeiters möglich.
Kommentierung des MTV DGB/BZA BAP von Rechtsanwalt Michael W. Felser:
Der MTV Zeitarbeit sieht insbesondere während der Probezeit kurze Kündigungsfristen vor und lässt sogar weitere Verkürzungen bei Neueinstellungen zu. Schlechter aus Sicht des Leiharbeitnemers als im Teilzeitbefristungsgesetz sind auch die Befristungsmöglichkeiten des Leiharbeitgebers. Im Übrigen gibt der MTV Zeitarbeit im wesentlichen die Gesetzeslage bzw. die Rechtslage nach Urteilen der Arbeitsgerichtsbarkeit wieder.
Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung gelten bei der Kündigung von Leiharbeitnehmern Besonderheiten. Bei einem Wegfall des Auftrags liegt nicht ohne weiteres ein Grund zur Kündigung des Leiharbeitnehmers vor, der vor dem Arbeitsgericht Bestand hätte:
„Ein betriebsbedingter Kündigungsgrund kann sich auch aus außerbetrieblichen Umständen ergeben, wenn nämlich der Arbeitgeber, wie im Fall eines schlichten Auftragsverlustes, die Anzahl der benötigten Arbeitnehmer unmittelbar an die verbliebende bzw. vorhandene Arbeitsmenge anpassen will, die aus dem verringerten Auftragsbestand und dem daraus resultierenden verringerten Arbeitsvolumen ergibt. Ein Auftragsrückgang stellt insoweit ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung dar, wenn der Arbeitsanfall so zurückgegangen ist, dass zukünftig für einen oder mehrere Arbeitnehmer kein Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung besteht.
Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung entsteht ein entsprechender Überhang an Leiharbeitnehmern, wenn der Einsatz von Leiharbeitnehmern endet, ohne dass der Arbeitnehmer wieder bei anderen Entleihern oder im Betrieb des Verleihers sofort oder auf absehbare Zeit eingesetzt werden kann. Dabei reicht ein bloßer Hinweis auf einen auslaufenden Auftrag und auf einen fehlenden Anschlussauftrag regelmäßig nicht aus, um einen – dauerhaften – Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu begründen. Der Arbeitgeber muss anhand der Auftrags- und Personalplanung vielmehr darstellen, warum es sich nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung, sondern um einen dauerhaften Auftragsrückgang handelt und ein anderer Einsatz des Arbeitnehmers bei einem anderen Kunden bzw. in einem anderen Auftrag nicht in Betracht kommt. Dies gilt umso mehr, als es dem Wesen der Arbeitnehmerüberlassung und dem Geschäft eines Arbeitnehmerüberlassungsunternehmens entspricht, Arbeitnehmer – oft kurzfristig – bei verschiedenen Auftraggebern einzusetzen und zu beschäftigen. Deshalb ist es gerechtfertigt, an die Darlegung der Tatsachen, auf denen die zu stellende Prognose des zukünftigen Beschäftigungsvolumens beruht, dezidierte Anforderungen zu stellen. Kurzfristige Auftragslücken sind bei einem Leiharbeitsunternehmen nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2, Satz 1 KSchG zu rechtfertigen, da sie zum typischen Wirtschaftsrisiko dieser Unternehmen gehören (vgl. zu alldem BAG, 18.05.2006 – 2 AZR 412/05).“
(ArbG Solingen, Urteil vom 20. Februar 2014 – 1 Ca 161/13 lev –, Rn. 58, juris)
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl und Köln
Rechtsanwalt Felser gibt als Experte regelmäßig Interviews im WDR [20] und für Bild und Bild.de [21].
Spezielle Interviews von Rechtsanwalt Felser zum Thema Leiharbeit / Zeitarbeit finden Sie hier:
Münchner Merkur vom 22.04.09: Zeitarbeit statt Praktikum: Was die Leih-Jobs bringen. Mit Interviewzitaten von Rechtsanwalt Felser
Guter Rat Heft April 2009: Recht und Steuern: Zeitarbeit Chancen und Risiken in der Jobkrise. Mit Interview Rechtsanwalt Felser und Leseraktion im Forum (leider nicht mehr online.
Spezielle Interviews von Rechtsanwalt Felser zum Thema Kündigungsfrist im Arbeitsrecht finden Sie hier:
Bild.de vom 1.3.2013: Richtig kündigen. Das müssen Sie beim Jobwechsel beachten. Beitrag mit Interview und Tipps von Rechtsanwalt Felser für den gelungenen Jobwechsel [22]
Süddeutsche Zeitung vom 26.4.2012: Wirtschaft: Bloss nichts überstürzen. [23]
Verbraucherportal Biallo.de vom 03.11.2011: Kündigungsfrist – Gesetz diskriminiert noch immer jüngere Arbeitnehmer von Rolf Winkel[24]
Handwerk-Magazin 4/2010: Erschwerte Trennung: Ein neues Urteil des EuGH hat die Kündigungsfristen für deutsche Betriebe verlängert. – Ein Beitrag von Harald Klein mit Interviewzitat von Rechtsanwalt Felser [25]
Verbraucherportal Biallo.de vom 08.04.2010: Jobwechsel – Diese Kündigungsfristen gelten für Arbeitnehmer. Beitrag von Rolf Winkel mit Interviewzitaten von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Axel Willmann [26]
Rheinische Post vom 25.6.2007: Jobwechsel und Betriebsrente. Beitrag von Rolf Winkel mit Interviewzitaten von Rechtsanwalt Felser [27]
Süddeutsche Zeitung vom 20.5.2005: „Lieber arbeiten als kassieren. Wer nach der Kündigung keine Abfindung akzeptieren will, kann auch auf Weiterbeschäftigung klagen.“ mit Zitaten von Rechtsanwalt Felser[28]
Bild & T-Online vom 13.4.2005: „Entlassen – und wie geht’s jetzt weiter? Ihr SOS-Plan bei Kündigung“ mit Zitaten von Rechtsanwalt Felser [29]
Süddeutsche Zeitung vom 14.1.2004: „Find mich ab! Von Kündigungen und Abfindungen: Welche Summe Geschasste erwarten können und wann sich eine Klage lohnt.“ mit Zitaten von Rechtsanwalt Felser [30]