Kein Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplatz zulässig: Der Betriebsrat kann einem Einsatz von Leiharbeitnehmern widersprechen, wenn dieser nicht nur „vorübergehend“ geplant ist, so das Arbeitsgericht Cottbus und das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in zwei neuen Entscheidungen aus 2012. Nach § 1 AÜG gilt: „Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen wollen, bedürfen der Erlaubnis. Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend.“ Das hatten zwei Betriebsräte zum Anlaß genommen, dem Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Stammarbeitsplätzen nach § 99 Abs. 3 BetrVG zu widersprechen:
„Der Betriebsrat hat zu Recht seine Zustimmung auch deshalb verweigert, weil die personelle Maßnahme, die Einstellung der Arbeitnehmerin, gegen ein Gesetz verstieß.
a) Der Gesetzesverstoß beruht auf § 1 Absatz 3 Nr. 2 AÜG, nach dem die Arbeitnehmerüberlassung nur noch vorübergehend gestattet ist. Dass hierin ein Verstoß gegen ein Gesetz begründet sein kann, ist überwiegende Meinung in der Literatur, vergleiche Hamann, Kurswechsel bei der Arbeitnehmerüberlassung, NZA 2011, S. 70, 75, Fitting, 26. Auflage, § 99 Rn 192 a BetrVG, a. A. wohl ArbG Leipzig, vom 15.02.2012, 11BV 79/11.
b) Die beabsichtigte Einstellung der Arbeitnehmerin sollte nicht nur vorübergehend erfolgen. Nach Hamann, NZA 2011, S. 70 ff. könnte der Begriff vorübergehend verstanden werden wie die Befristung mit Sachgrund nach § 14 Absatz 1 TzBfG, wobei geringere Anforderungen an die Prognoseentscheidung des Arbeitgebers zu verlangen seien. Der Arbeitgeber könne auch vorübergehend beschäftigen, wenn ein erhöhter Arbeitskräftebedarf vorliege, aber unsicher sei, ob sich dieser zukünftig fortsetzte, so auch Fitting, 26. Auflage § 99 Rn 192 a BetrVG.
c) Die Kammer folgt dieser Auffassung, denn der Gesetzgeber wollte sichtlich von einer Höchstdauergrenze des Einsatzes von Leiharbeitnehmern abrücken. Der Gesetzgeber wollte die Richtlinie 2008/104 EG umsetzen, nach der Arbeitgeber Leiharbeitnehmer nicht auf Stammarbeitsplätzen einsetzten dürfen, sondern nur zur Abdeckung einer Auftragsspitze.“
so das Arbeitsgericht Cottbus zum Einsatz von Leiharbeitnehmern auf dem Flughafen Berlin-Tegel. Das gelte auch für die Arbeitnehmerüberlassung im Konzern, so das Arbeitsgericht.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen sieht dies genauso und hat klargestellt, dass der Betriebsrat bei einer nicht nur vorübergehenden Einsatz von Leiharbeitnehmern die Zustimmung zur Beschäftigung verweigern darf:
„Der Betriebsrat war gem. § 99 Abs.2 Nr.1 BetrVG zur Zustimmungsverweigerung wegen Gesetzesverstoß berechtigt.
4.1 Aus der sich gem. § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG n.F. ergebenden Unzulässigkeit der Dauerüberlassung folgt, dass der Betriebsrat nach § 14 Abs.3 Satz 1 AÜG, § 99 Abs.2 Nr.1 BetrVG im Streitfall, bei dem es sich um eine solche unzulässige dauerhafte Leiharbeitnehmerüberlassung handelt, zur Zustimmungsverweigerung berechtigt ist (vgl. auch Fitting, 26. Aufl., § 99 Rn 192a BetrVG; Hamann, a.a.O.; Brors, a.a.O.; Böhm, a.a.O.; Bartels/Romanowski, a.a.O.; Düwell, a.a.o., S. 455; ebenso ArbG Cottbus vom 25.04.2012 – 2 BV 8/12; a.A. ArbG Leipzig vom 23.03.2012 – 5 BV 85/11 und vom 15.02.2012 – 11 BV 79/11).“
so das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in mehreren Beschlüssen.
Betriebsräte können daher bei einem voraussichtlichen Dauereinsatz von Leiharbeitnehmern die Zustimmung schon dann verweigern, wenn die Dauer nicht von vorneherein befristet ist, also die Zustimmung nicht ausdrücklich nur für eine befristete Beschäftigung beantragt wird.
Update: das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des LAG Niedersachsen bestätigt (siehe unten unter verwandet Beiträge).
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl und Köln
Wir vertreten u.a. Betriebsräte bei Energiekonzernen und Flughafenbetrieben aktuell wegen Einsatz von Leiharbeitnehmern.