„Mein Kind, was birgst du so bang dein Gesicht?“

So oder so ähnlich fragen sich in diesen Tagen viele Eltern, die mit ihren Kindern vor überfüllten Notgruppen stehen und versuchen, den sich sträubenden Nachwuchs durch die Tür zu schieben…

Grund für dieses Szenario und für heulende Kinder oder heulende Eltern sind die angekündigten Warnstreiks in den Kinderbetreuungseinrichtungen. Berufstätige Eltern stehen dann schnell auf dem Schlauch. Insbesondere wenn weder Oma noch freundliche,  helfende Mutti griffbereit sind, der Urlaub verbraucht und das Projekt auf dem Schreibtisch im Büro doch noch eben fertig werden muss.

Glücklich ist, wer dann tatsächlich eine Notgruppe ergattert und sein Kind in Betreuung abgeben kann. Wer dies nicht kann, muss selber für eine Lösung sorgen.

Zunächst sollte in jedem Falle der Arbeitgeber kontaktiert werden. Wenn ein Arbeitnehmer aus einem wichtigen Grund nicht zur Arbeit erscheinen kann, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnfortzahlung aus § 616 BGB. Bei einer „vorübergehenden Verhinderung“ ist der Arbeitgeber gehalten, seinen Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung freizustellen. Wenn plötzlich, mit einem Vorlauf von nur einem Tag ein Kita Streik angekündigt wird und dem Arbeitnehmer tatsächlich keine andere Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung steht, kann dies als ein solcher Fall der Verhinderung gewertet werden. Hierüber empfiehlt es sich aber immer mit dem Arbeitgeber zu sprechen. In manchen Branchen gibt es solche Sondertage Regelungen direkt in Tarifverträgen, wer dies nicht hat, sollte sprechen, denn nur einem sprechenden Mund wird geholfen.

Als Arbeitnehmer kann man sich natürlich auch einen Tag Urlaub nehmen, aber was, wenn der Streik sich hinziehen sollte. Dann ist der Jahresurlaub schnell verbraucht – und für die Ferienzeiten der großen Kinder bleibt dann leider nicht mehr genug übrig. Ein Dilemma, dass alle berufstätigen Eltern kennen.

Manches Elternteil kann sein Kind vielleicht mit in das Büro bringen und trotzdem weiterarbeiten. Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Aber das geht in der Regel tatsächlich nur in Bürojobs, bei denen die lieben Kleinen keinen größeren Gefahren ausgesetzt sind, als sich an einem Locher zu verletzen oder auf dem Weg zur Kaffeemaschine einem Kollegen im Weg zu sein. Mancher kann auch seine Arbeit in das Restaurant von Ikea verlagern. Da kann man die lieben Kleinen so lange im Smaland abgeben und dort betreuen lassen, während man schnell 2 Stunden Ruhe zur Arbeit hat.

Wenn dann der Streik vorbei ist und Eltern nebst Kindern den Betreuungsnotstand irgendwie überlebt haben, kommt dann die Nächste ärgerliche Erkenntnis: Für den Stress und den Ärger müssen die Eltern auch noch zahlen. Die Kinderbetreuungskosten werden in der Regel per monatlicher Pauschale bezahlt und die Träger der Kinderbetreuungseinrichtungen haben in der Regel die Einstellung, dass für solche Ereignisse kein Geld zurück gewährt wird.

Hier lohnt in jedem Einzelfall ein Blick in die jeweilige Gebührensatzung des Trägers. Bei manchen werden Schließungszeiten außer der Reihe bereits in der Satzung von einer Rückzahlungspflicht befreit. Bei manchen findet sich hierzu aber nichts. Dann muss man als Eltern wohl davon ausgehen, dass ein Streik als „höhere Gewalt“ gewertet wird und der Träger damit die Schließung nicht zu vertreten hat. Dann muss er auch keine Gebühren – auch nicht anteilig – zurückerstatten. Ein Streik ist ein von der Allgemeinheit hinzunehmendes Mittel des Arbeitskampfes und damit trägt auch die Allgemeinheit die Folgen mit. Ähnlich ist es ja auch bei Bahnstreiks und Kunden mit Dauerkarten, die keine Gebühren zurück erhalten.

Aber, wir wären nicht Juristen, wenn wir hierzu nicht auch gegenteilige Meinungen finden würden. So gibt es nach einer anderen Ansicht aus dem Deutschen Anwaltverein (Eckert, DAV) die Möglichkeit einen Teil der Gebühren zurück zu verlangen, weil die Eltern schließlich mit ihrem Dienstleistungsvertrag eine Leistung gekauft hätten, die nicht erbracht würde. Dies also im Risikobereich des Arbeitgebers läge.

Egal welcher Ansicht man jetzt anhängt ist jedenfalls klar, dass die Folgen des Streiks erst einmal die Eltern und Kinder betreffen, die am wenigsten dafür können. Im Gegenteil finden viele Eltern die Forderungen der Gewerkschaften vollständig nachvollziehbar und unterstützen diese auch. Am wenigsten spüren erst einmal die Träger der Einrichtungen den Druck des Streiks. Sie haben zwar evt. Notgruppen, aber ansonsten brauchen sie die streikenden Mitarbeiter für den Tag nicht einmal bezahlen. Sie sparen also noch. Daher finde ich den Tipp, den ich selber auch im Internet gefunden haben sehr spannend: Egal, was in den Verträgen steht, Eltern fordert Eure Gebühren anteilig zurück. Damit wird zusätzlicher Druck auf die Träger der Einrichtungen – häufig nun einmal Kommunen – ausgeübt, da diese hierzu eine Antwort finden müssen. Das kann man doch mal als gelungene Streik Unterstützung sehen. Ob die Gebühren tatsächlich zurück gefordert werden können, sollte man im Einzelfall rechtlich doch einmal prüfen lassen. Vielleicht finden sich ja Eltern die klagen? Ein Versuch ist es wert!

Ich bin froh, dass meine 3 Kinder schon älter sind und nicht mehr in die Kita gehen. Aber der letzte Lehrerstreik, bei dem meine Kinder um 11 Uhr schon wieder zu Hause waren, ist grade mal 4 Wochen her und der nächste kommt bestimmt….

Jessica Seifert, Rechtsanwältin

 

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