Der EuGH hat in einem Urteil vom 05. Juni 2014 auf ein Ersuchen aus Groß Britannien entschieden:
„Art. 5 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass die von einem Endnutzer bei der Betrachtung einer Internetseite erstellten Kopien auf dem Bildschirm seines Computers und im „Cache“ der Festplatte dieses Computers den Voraussetzungen, wonach diese Kopien vorübergehend, flüchtig oder begleitend und ein integraler und wesentlicher Teil eines technischen Verfahrens sein müssen, sowie den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 5 dieser Richtlinie genügen und daher ohne die Zustimmung des urheberrechtsinhabers erstellt werden können.“ (Leitsatz des Urteils vom 05.06.2014 4. Kammer des EuGH Az.: C-360/13)
Mit diesem Urteil hat der EuGH klargestellt: wer geschützte Werke im Web nur „betrachtet“ – also z.B durch Streaming, RAM, Caching – verstößt nicht gegen das Urheberrecht.
Maßgeblich ist nach dem EuGH nämlich, dass sowohl das Speichern während der Betrachtung einer Internetseite, also die Bildschirmkopie, als auch der Inhalt des „Cache“ lediglich Vorläufig erstellt werden, die Vervielfältigung lediglich im Rahmen des technischen Verfahrens geschieht und flüchtig ist. In der Regel werden die Daten bei verlassen der Internetseite gelöscht. Selbst wenn sie im „Cache“ des Computers verbleiben, sind sie dort nicht unbegrenzt speicherbar, da der „Cache“ regelmäßig vom Rechner überschrieben wird – in Abhängigkeit der Kapazitäten. Diese „Cache“ Kopien sind daher zwar nicht flüchtig, weil sie für eine mögliche spätere Betrachtung der Seite gespeichert werden, aber sie sind nicht eigenständig erzeugt sondern lediglich als „begleitend“ zu dem technischen Verfahren einzustufen.
Damit hat der EuGH eindeutig das Betrachten von gestreamten Seiten als keine eigenständige Urheberrechtsverletzung gekennzeichnet sondern vielmehr klargestellt, dass es eben an der Qualität einer Verletzung aufgrund der „Flüchtigkeit“ fehlt.
Nicht geklärt hat der EuGH in diesem Zusammenhang allerdings, was mit der Betrachtung illegaler, durch Urheberrechtsverletzungen erzeugte Seiten gilt. Im vorliegenden Fall handelte es sich um Seiten, die unter Beachtung der betreffenden Urheberrechte in das Internet gestellt wurden und die Frage zu klären war, ob die Nutzung dieser Seiten ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung im Sinne der Richtlinie 2001/29/EG darstellen könnte.
Ob das Betrachten illegal eingestellter Werke genauso zu bewerten ist, bleibt weiterhin offen. Der Bundesjustizminister Heiko Maas hat im Januar auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion erklärt, dass er das Streaming illegaler Quellen nicht als Urhebrrechtsverletzung ansieht. Es sei ähnlich wie mit der Betrachtung einer Raubkopie, die ein anderer erstellt hat. Hier macht sich der bloße Betrachter auch nicht strafbar.
Meines Erachtens nach hat er damit auch Recht. Denn auch bei Streaming illegaler Quellen fehlt es an einer dauerhaften Vervielfältigungshandlung.
Rechtsanwältin Jessica Seifert