Häufig schenken Eltern ihre Immobilie zu Lebzeiten ihrem Kind/ihren Kindern (Immobilienschenkung). Das kann Folgen haben, die in vielen Fällen nicht bedacht wurden, so dass es später zu Rechtsstreitigkeiten kommt. Daher sollte ein solcher Immobilienübertragungsvertrag, der die Immobilienschenkung vermittelt, nur nach eingehender vorheriger Beratung durch einen Fachanwalt geschlossen werden.
Nießbrauchsrecht oder Wohnungsrecht bei Immobilienschenkung sorgsam abwägen
Da die Eltern in der Regel weiter die Immobilie nutzen wollen, wird üblicherweise ein Nießbrauchsrecht oder ein Wohnungsrecht zu Gunsten der Eltern vereinbart. Bereits hier wird die Weiche für spätere Konsequenzen gestellt. Bei Einräumung eines Nießbrauchsrechts kann es zu unliebsamen Folgen kommen, wenn die Eltern später in einem Heim leben und die Heimkosten nur mittels Sozialhilfe aufgebracht werden können.
Das Nießbrauchsrecht kann der Sozialhilfeträger auf sich überleiten und dann von dem Kind, dem die Immobilie übertragen worden war, die Erstattung von Sozialhilfeleistungen fordern. Dies liegt darin begründet, dass das Nießbrauchsrecht die Eltern nicht nur zur eigenen Nutzung der Immobilie berechtigt, sondern auch zu einer Vermietung und Vereinnahmung der Miete. Im Falle des Heimaufenthalts kann daher das Sozialamt die Vermietung fordern, damit mit den Mieteinnahmen die Heimkosten gedeckt werden.
Wohnungsrecht kann ratsamer sein
Anders ist es grundsätzlich bei einem Wohnungsrecht. Dieses berechtigt die Eltern nur zur persönlichen Nutzung der Immobilie. Können diese das Wohnungsrecht nicht mehr ausüben, weil sie wegen Pflegebedürftigkeit in einem Heim leben, folgt aus der aufgegebenen Nutzung kein Geldzahlungsanspruch gegen das Kind, wobei dies in dem Vertrag ausdrücklich entsprechend geregelt werden sollte. Aus diesem Grund kann das Sozialamt das Wohnungsrecht anders als ein Nießbrauchsrecht nicht auf sich überleiten. In dem Immobilienübertragungsvertrag sollte unbedingt geregelt werden, dass das Wohnungsrecht erlischt, wenn es dauerhaft nicht mehr ausgeübt werden kann.
Häufig wird der Fehler gemacht, dass das Wohnungsrecht auf Lebenszeit eingeräumt wird. Dann besteht das Wohnungsrecht trotz Heimaufenthalts weiter fort bis zum Tode. Die Eltern können dann zwar auf das Wohnungsrecht verzichten, so dass es im Grundbuch gelöscht werden kann. Dies ist aber z.B. nicht möglich, wenn die Eltern wegen Demenz in einem Heim leben, da der Verzicht auf das Wohnungsrecht die Geschäftsfähigkeit voraussetzt, die bei Demenzkranken oft fehlt. Zudem kann auch ein späterer Verzicht auf das Wohnungsrecht eine Schenkung sein, da mit dem Verzicht die Belastung der Immobilie entfällt. Das Sozialamt hat dann die Möglichkeit, die in dem Verzicht liegende Schenkung auf sich überzuleiten und von dem Kind einen Ausgleich für das entfallende Wohnungsrecht in Geld zu fordern.
Folgen im Erbrecht beachten
Nießbrauchsrecht und Wohnungsrecht können auch unterschiedliche Folgen im Erbrecht haben. Relevant ist dies beim Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dieser entsteht für einen Pflichtteilsberechtigten im Erbfall, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten Vermögen verschenkt hat. Eine Schenkung bleibt grundsätzlich dann unberücksichtigt, wenn seit der Schenkung mehr als 10 Jahre vergangen sind. Nach der aktuellen Rechtsprechung beginnt diese 10-jährige Frist jedoch nicht zu laufen, wenn eine Immobilie übertragen wird und gleichzeitig für den Übertragenden ein Nießbrauchsrecht eingeräumt wird, da bei dem Übertragenden die volle wirtschaftliche Nutzung der Immobilie verbleibt. Daher besteht in diesen Fällen auch dann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn die Immobilienschenkung schon länger als 10 Jahre her ist.
Anders sieht die Rechtsprechung dies, wenn ein Wohnungsrecht eingeräumt wird, zumindest dann, wenn das Wohnungsrecht nicht für die gesamte Immobilie eingeräumt wird, sondern nur bis zum Umfang von etwa 50 % der ganzen Wohnfläche. In diesen Fällen beginnt die 10-jährige Frist zu laufen, so dass nach Ablauf von 10 Jahren ein Pflichtteilsergänzungsanspruch ausgeschlossen ist.
Rückforderungsansprüche des Sozialamtes bei späterer Mittellosigkeit des Schenkers
Zu beachten ist, dass das Sozialamt bei Immobilienschenkungen mögliche Rückforderungsansprüche bei „Verarmung“ des Schenkers auf sich überleiten kann. Im Falle der Sozialhilfeleistungen für Heimkosten kann das Kind, dem die Eltern die Immobilie geschenkt haben, daher mit einem Anspruch auf Rückübertragung der Immobilie zur Deckung der Heimkosten belastet werden. Wurde die Immobilie allerdings gegen Einräumung eines Nießbrauchsrechts oder Wohnungsrechts auf das Kind übertragen, so liegt eine Schenkung nur insoweit vor, als der Immobilienwert höher ist als die Belastung mit dem Nießbrauchsrecht/Wohnungsrecht. Nur diese Differenz kann das Sozialamt als Schenkung zurückfordern. Zu beachten ist, dass die Rückforderung einer Schenkung ausgeschlossen ist, wenn seit der Schenkung mehr als 10 Jahre vergangen sind. Hier spielt es auch keine Rolle, ob ein Nießbrauchsrecht oder Wohnungsrecht eingeräumt wurde. In beiden Fällen kommt es hier nur auf den Ablauf von 10 Jahren seit der Schenkung an.
Eva Gerz
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht
Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (DVEV)
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl – Köln – Bonn
Kontakt über Telefon
(02232) 945040-0
Kontakt über Telefax
(02232) 945040-50
Kontakt über E-Mail
kanzlei@felser.de
Bildnachweis: Symbolfoto; pixabay.com