Mehrmals monatlich beraten wir zum Thema „Scheinselbständigkeit“ freiberufliche IT-Consultants, EDV-Berater, Netzwerkadministratoren und ähnliche Spezialisten, die in Unternehmen (auch in Großkonzernen) mit Rahmenvertrag und Einzelauftrag unmittelbar oder über einen Vermittler tätig werden. Zwei neue Entscheidungen des LSG NRW und des LSG Baden-Württemberg haben das Risiko „Scheinselbständigkeit“ in beiden Fallkonstellationen erhöht, nachdem zunächst das SG Wiesbaden und das SG Würzburg zugunsten der Selbständigkeit entschieden hatten. Der Autor dieses Beitrags hat als Anwalt eines IT-Beraters am Sozialgericht Köln erreicht, dass dieser als selbständig Tätigkeiter anerkannt wurde, die DRV war anderer Meinung („sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter“).
Die Risiken einer Einordnung als scheinselbständig sind aber auch für die freien Mitarbeiter bzw. selbständigen IT-Freelancer nicht zu vernachlässigen, auch wenn bei Scheinselbständigkeit (sozialversicherungspflichtige Beschäftigung) die Folgen vor allen den Auftraggeber oder den Vermittler (AÜG!) treffen. Immerhin droht die Rückabwicklung der Umsatzsteuer. Bei Selbständigen IT-Consultants droht zudem regelmäßig trotz selbständiger Tätigkeit die Rentenversicherungspflicht als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger im Sinne des § 2 Nr. 9 SGB VI, rückwirkend für bis zu knapp 5 Jahre. In diesem Fall muß der Selbständige selbst den gesamten Rentenversicherungsbeitrag an die DRV abführen, nicht sein Auftraggeber wie bei Scheinselbständigkeit den Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Die Rentenversicherungspflicht kann mit einfachen Maßnahmen vermieden werden, allerdings nicht rückwirkend. Vorbeugen macht mehr Spaß als heilen, das gilt auch für die Beratung durch einen auf das Thema Scheinselbständigkeit spezialisierten Rechtsanwalt.
Sie finden von Mitgliedern empfohlene und spezialisierte Anwälte auf der Anwaltsliste des Freiberuflerportals GULP. Der Autor und Anwalt mit Büros in Köln und Brühl wird dort zum Thema Scheinselbständigkeit besonders empfohlen.
Update 2015: Nachdem in den letzten jahren drei goße Landessozialgerichte tendenziell bei IT Beratern auch bei der Einsatz über einen Vermittler bei Endkunden Scheinselbständigkeit annahmen, sinken auch die Chancen von IT-Beratern, im Statusfeststellungsverfahren (siehe dazu unser umfangreichen Beitrag) als Selbständige anerkannt zu werden. Wenngleich das Risiko bzgl. eventueller Beitragsnachforderungen bei Auftraggeber und Endkunde liegt (auch dieser kann – wie der Fall der Telekom zeigt – von der DRV in Haftung genommen werden), sind die Folgen auch für IT-Berater unangenehm, jedenfalls im steuerlichen Bereich (Rückabwicklung der Umsatzsteuer bzw. Vorsteuer). Die Praxis hat darauf noch keine Antwort gefunden, da die IT-Berater tatsächlich im Rahmen der „agilen Softwareentwicklung“ die Aufträge erst vom Endkunden bekommen, „on the fly“. Und auch 2015 noch verlangen große Endkunden – öffentliche Banken, ja sogar selbstverwaltete Behörden, die beim Thema selbst involviert sind, in Ausschreibungen, dass die Berater beim Endkunden „präsent“ sein müssen und sogar die Arbeitszeiten vor.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl (Köln/Bonn)