Ein Honorararzt, der im Krankenhaus auf selbständiger Basis Leistungen erbringt, kann scheinselbständig sein. Das gilt nicht nur für den Nakosearzt (Anästhesist), der gegen Honorar mit dem Krankenhaus abrechnet. Eine höchstrichterliche Entscheidung durch das Bundessozialgericht liegt zwar bis dato nicht vor, sondern nur aktuelle die Rechtslage unterschiedlich bewertende Entscheidungen von Sozialgerichten und Landessozialgerichten.
Nach Meinung des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom allerdings gilt:
„Die Ausübung des ärztlichen Berufs erfolgt – vom Beamtenverhältnis abgesehen – entweder in freier Niederlassung oder im Angestelltenverhältnis. Krankenhausärzte sind weiterhin in der Regel angestellte Ärzte.“
Die Gerichte machen einen Unterschied zwischen Arztvertretern und Belegärzten mit eigener Praxis:
„Dem Urteil des BSG vom 27. Mai 1959 (3 RK 18/55) lag zuletzt die Bestellung eines ärztlichen Vertreters durch einen praktizierenden Facharzt zu Grunde. Der Arztvertreter sei – so das BSG (vgl. BSGE 10, 41, 44) bei seiner Ausübung als Arztvertreter nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen. Dieser sei insbesondere nicht berechtigt, in die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit seines Vertreters einzugreifen. Der Vertreter trage im Gegensatz zum angestellten Assistenzarzt alleine die Verantwortung für die Behandlung der Patienten und sei nicht in der Lage, Verantwortungen für sein ärztliches Handeln auf den Praxisinhaber abzuwälzen. Der Arztvertreter sei auch nicht in den Praxisbetrieb eingegliedert, weil es an einem Unterordnungsverhältnis fehle.“
(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. April 2014 – L 1 KR 405/12 –, juris)
Auch die DRV sah sich in einem Gespräch im Sommer 2012 mit der DKG nicht in der Lage, verbindliche Kriterien für eine rechtssichere Abgrenzung zu formulieren.
In höheren Instanzen ist derzeit ein Trend zur Annahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung festzustellen. In einer älteren Entscheidung hat das Bundessozialgericht aber noch geurteilt, dass die Abrechnung des Honorars mit den Krankenkassen durch eine andere Person nicht dazu führt, dass Sozialversicherungspflichtigkeit (Scheinselbständigkeit) besteht.
Zu raten ist zu einer möglichst sicheren Vertragsgestaltung. Betroffen von der riskanten Rechtslage sind nicht nur Honorarärzte im Krankenhaus, sondern auch in Arztpraxen (z.B. selbständige Anästhesisten), aber auch auf Honorarbasis arbeitende selbständige Operationspfleger, Krankenschwestern und ärztliche Psychotherapeuten ohne eigene Praxis.
Die Rechtsfolgen sind gravierend. So führt die Feststellung einer scheinselbständigen Beschäftigung in einer Betriebsprüfung zu sofort vollstreckbaren Nachforderungen bis zu fünf Jahren rückwirkend.
Michael W. Felser,
Rechtsanwalt
Brühl und Köln