Scheinselbständigkeit DTAG (Telekom) die Dritte: Die Deutsche Telekom (HR) hat nach internen Informationen die Vorgesetzten informiert, dass nach Einschätzung der Telekom „Scheinselbständige“, die nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden sollen, und die angediente Fortsetzung der Tätigkeit via Arbeitnehmerüberlassung bzw. den angebotenen Auflösungsvertrag („Selbstmord“) ablehnen, die Kündigung erhalten („Mord?“).
Viele IT-Berater stehen jetzt vor der Frage: Nehme ich den Auflösungsvertrag an („Selbstmord“) oder nicht? Folgt bei Nichtannahme die Kündigung? Ist die Kündigung berechtigt?
Die Antwort kann nur im Einzelfall gegeben werden. Ob ein Auflösungsvertrag sinnvoll ist, hängt von der individuellen Perspektive ab, z.B. ob der IT-Berater sofort anderweitige adäquate Beschäftigung bekommt oder nicht und ob ein Arbeitsvertrag mit der Telekom eine Option ist. Es ist allerdings damit zu rechnen, dass der Markt für IT-Berater vollständig umgebaut wird (das Modell Überlassung von vermeintlich Selbständigen mit Rahmen- und Projektvertrag ist wohl erst einmal gestorben) und deswegen selbständige IT-Berater nur noch mit spitzen Fingern angefasst werden.
Jedenfalls aber ist eine Kündigung nach Ablehnung des Auflösungsvertrags nicht so einfach möglich, wie es sich die Telekom offenbar vorstellt oder erhofft. Scheinselbständige stehen im Regelfall in einem Arbeitsverhältnis. Nach neueren Gerichtsentscheidungen wird ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher bei dauerhafter Personalüberlassung fingiert. Die Telekom geht selbst davon aus, dass ein Arbeitsverhältnis besteht, was sich mittelbar aus dem Text des Auflösungsvertrags ergibt. Bestand so gesehen bereits länger als sechs Monate ein „Beschäftigungsverhältnis“ mit der Telekom, genießt auch der Scheinselbständige Kündigungsschutz. Erforderlich ist ein betriebsbedingter Kündigungsgrund (fehlt, da die Arbeit noch da ist und den meisten vorher angeboten wurde, weiter über ein Zeitarbeitsunternehmen eingesetzt zu werden, Stichwort: „Austauschkündigung“). Aber auch eine Sozialauswahl muss die Telekom vornehmen. Scheinselbständige, die die Kündigung bekommen, haben daher sehr gute Chancen, die Kündigung anzugreifen, um entweder dauerhaft bei der Telekom angestellt zu werden oder mit einer angemessenen Abfindung ausscheiden zu können.
Das ist auch nur fair. Die Telekom war es schließlich bzw. deren Verantwortliche, die jahrelang die Beschäftigung so eingerichtet haben, dass nunmehr der (wohl mit ziemlicher Sicherheit in den meisten Fällen zutreffende) Vorwurf der Scheinselbständigkeit im Raum steht.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Brühl / Köln
Autor des Ratgebers „Kündigung – was tun?“
Bund-Verlag
Von Mitgliedern der Freiberufler-Plattform
GULP empfohlener Anwalt
Mehr Informationen in unserem Rechtslexikon zum Stichwort „Scheinselbständigkeit“