Dass das Bundesverfassungsgericht die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Grundgesetz (GG) als ein zentrales Grundrecht ansieht, hat sich heute wieder einmal in einem von unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter angestrengten Verfahren mehr gezeigt. Das Landratsamt Pirna (Sächsische Schweiz – Osterzgebirge) hatte per Allgemeinverfügung vom 27.8.2015 für den Zeitraum bis zum 31.8.2015 alle Versammlungen in Heidenau verboten mit der Begründung, es liege ein polizeilicher Notstand vor. Unser wissenschaftlicher Mitarbeiter, Michael Fengler, legte gegen die Allgemeinverfügung Widerspruch ein, weil er an der Willkommensveranstaltung am Freitag in Heidenau teilnehmen wollte.
Das Verwaltungsgericht Dresden sah keinen polizeilichen Notstand und hob am Freitag, den 28.8.2015 die sofortige Vollziehbarkeit der Allgemeinverfügung auf Antrag unseres wiss. Mitarbeiters Michael Fengler auf. Obwohl die Bundeskanzlerin Unterstützung durch die Bundespolizei zusagte, legt der Landrat Beschwerde gegen den Beschluß des VG Dresden ein.
Das Oberverwaltungsgericht in Bautzen erlaubte dann zwar die Versammlung am Freitag, hielt aber das Versammlungsverbot für Samstag, Sonntag und Montag aufrecht, weil der Antragsteller ja nur am Freitag an einer Veranstaltung teilnehmen wolle. Dies, obwohl das OVG selbst bemerkte, einen polizeilichen Notstand nicht erkennen zu können.
Auf den von uns Freitagabend von uns im Auftrag unseres wiss. Mitarbeiters Michael Fengler erhobenen Antrag nach § 32 BVerfGG hob das Bundesverfassungsgericht heute morgen den Beschluss des Sächsischen OVG auf (Beschluss vom 29. August 2015 – 1 BvQ 32/15). Damit kann die Allgemeinverfügung – also das Versammlungsverbot – nicht vollzogen werden, es ist wirkungslos.
Das Verbot war übrigens auch von Polizeigewerkschaften kritisiert worden. Kurioserweise erschien der Innenminister des Freistaats auf der Veranstaltung, obwohl dies verboten worden war und wieder durch die Beschwerde ans OVG verboten werden sollte.
Ein hektisches Wochenende mit vielen schnell gefertigten Schriftsätzen und Zustellungen. Aber ein schöner Sieg für die Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit.
Wir hoffen auf friedliche Veranstaltungen bei sonnigem Wetter in Heidenau und anderenorts!
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
P.S.: Mehr zu den Entscheidungen bald hier durch den Antragsteller selbst, der zur Zeit aber alle Hände voll zu tun hat, E-Mails und Medienanfragen zu beantworten.
Hintergrundinfos:
Pressemitteilung Verwaltungsgericht Dresden vom 28.8.2015
http://www.justiz.sachsen.de/vgdd/content/1405.php?page=1&behoerde=0&stichwort=&startdate=2015-08-01&enddate=2015-12-31
Pressemitteilung Bundesverfassungsgericht vom 29.8.2015
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/bvg15-062.html
Interview in der LTO mit dem Antragsteller
http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/heidenau-versammlungsverbot-bverfg-interview-mit-klaeger/
Interview mit der Suüddeutschen Zeitung
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/594249/Der-Mann-der-das-Fest-in-Heidenau-moeglich-machte
Beitrag in der TAZ
http://www.taz.de/!5224035/
Bericht im Vorwärts
http://www.vorwaerts.de/artikel/heidenau-jura-student-freistaat-sachsen-duepierte
Bildnachweis: Wikipedia
„Art 8 GG“ von Klaaschwotzer – Eigenes Werk. Lizenziert unter CC0 über Wikimedia Commons.