Felser_wdrDer Betriebsrat darf einen Anwalt aus verschiedenen Gründen beauftragen. Nach § 40 BetrVG trägt der Arbeitgeber die Kosten der Betriebsrats: „Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.“, heißt es dort. Dazu gehören auch die Kosten einer Beauftragung eines Anwalts.

Nicht den Anwalt um die Ecke beauftragen, sondern einen auf Betriebsverfassungsrecht spezialisierten Anwalt

Der Rechtsanwalt, den der Betriebsrat beauftragt, sollte sich im Betriebsverfassungsrecht sehr gut auskennen, was selbst bei einem Fachanwalt für Arbeitsrecht nicht selbstverständlich ist. Im Gegenteil haben sich nur wenige Rechtsanwälte auf das Betriebsverfassungsrecht spezialisiert. Viele Fachanwälte für Arbeitsrecht haben überhaupt keine Erfahrung mit Betriebsräten und Betriebsverfassungsrecht. Neben anderen Betriebsräte und der Gewerkschaft ist das Internet eine gute Informationsquelle, welche Kanzlei geeignet ist. Vor dem Beratungsgespräch sollte schon telefonisch abgeklärt werden, ob der Anwalt regelmäßig Betriebsräte vertritt. Wie beim Arzt sind dabei „Fallzahlen“ eine nicht unerhebliche Entscheidungshilfe. Der Anwalt sollte auch Referenzen nennen können, die man anrufen kann.

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Was muss der Betriebsrat beachten, bevor er einen Anwalt beauftragt?

Ganz einfach ist die Beauftragung eines Anwalts durch den Betriebsrat nicht. Die Beauftragung des Anwalts muss nämlich „erforderlich“ sein. Der Betriebsrat darf also nicht zum Anwalt rennen, „um sich schlau zu machen“, sondern muss zunächst selbst herausfinden, ob er im Recht ist. Nach der Rspr. ist der Anwalt kein Ersatz für Schulungen, zu deren Besuch Betriebsräte nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sind. Ein gewisses Grundwissen wird daher vorausgesetzt. Der Betriebsrat muss auch zunächst in Kommentaren nachschauen, ob er tatsächlich im Recht ist. Erst dann, wenn er sich „laienmäßig“ davon überzeugt hat, darf er einen Anwalt beauftragen.

„Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt 18.07.2012 – 7 ABR 23/11 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 109; 18.01.2012 – 7 ABR 83/10 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 108; 29.07.2009 – 7 ABR 95/07 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 93) können auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt im Rahmen des § 40 Abs. 1 BetrVG erstattungsfähig sein, wenn der Betriebsrat die Heranziehung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren in Wahrnehmung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechte für erforderlich halten durfte. Dabei ist der Betriebsrat allerdings gehalten, die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen. Er darf bei der Wahl seiner Rechtsverfolgung das Interesse des Arbeitgebers an der Begrenzung der Kostentragungspflicht nicht außer Acht lassen. Er hat wie jeder, der auf Kosten eines anderen handeln kann, die Maßstäbe einzuhalten, die er anwenden würde, wenn er selbst bzw. seine beschließenden Mitglieder verpflichtet wären. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt namentlich bei einer offensichtlich aussichtslosen Rechtsverfolgung des Betriebsrates. Davon ist auszugehen, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und das eingeleitete Beschlussverfahren zu einem Unterliegen des Betriebsrates führen muss.“

(Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 14. Oktober 2013 – 13 TaBV 42/13 –, juris)

Zuvor sollte der Betriebsrat allerdings auch innerbetrieblich versucht haben, seine Rechte durchzusetzen. Sinnvoll ist ein entsprechendes Schreiben oder E-Mail mit Fristsetzung. Die Länge der Frist richtet sich nach der Eilbedürftigkeit. Im Regelfall sind 7 Tage angemessen, bei eilbedürftigen Anliegen auch weniger. Antwortet der Arbeitgeber nicht, muss der Betriebsrat nachfassen. Erst wenn der Arbeitgeber auch dann nicht reagiert oder das Recht des Betriebsrats bestreitet, darf ein Anwalt eingeschaltet werden.

Nicht zuletzt muss der Betriebsrat einen wirksamen Beschluß fassen. Das ist gar nicht so einfach, wie der nachfolgende Fall zeigt:

„Der insoweit hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Freistellung von den Kosten in Höhe von 261,80 EUR gemäß Rechnung vom 20.03.2013 ist ebenfalls nicht gegeben.

Insoweit fehlt es schon an einem einschlägigen Beschluss des Betriebsrates als Vertragspartner der Rechtsanwälte T1 und S1, gerichtet auf die Erteilung des spezifischen Auftrags, im Rahmen eines gebührenpflichtigen Tatbestandes einen Rat zu erteilen (vgl. § 34 Abs. 1 RVG).

Denn ausweislich der Ziffer 2 der Tagesordnung für die Sitzung am 08.02.2011 hat der Betriebsrat die Entscheidung getroffen, die genannten Rechtsanwälte mit der Durchsetzung (!) der beschlossenen Entsendung des Betriebsratsmitglieds G1 zum Mobbing-Seminar zu beauftragen. Von der Beschlussfassung abgedeckt war also der Auftrag zur gerichtlichen Verfolgung des Begehrens mit den damit verbundenen Gebührentatbeständen nach Teil 3 der Anlage 1 zum RVG, nicht aber eine gesonderte Beratung im außergerichtlichen Bereich mit einer Gebührenpflicht nach Teil 2 der Anlage 1 zum RVG.

3. Schließlich kann der Betriebsrat von Arbeitgeberin auch nicht die Freistellung von den Kosten in Höhe von 371,88 EUR verlangen.

Unter TOP 5) der Sitzung des Betriebsrates vom 07.09.2011 wurde einstimmig beschlossen, bei Rechtsanwalt T1 im Zusammenhang mit der Betriebsvereinbarung vom 29.09.2009 zu dem Diskussionspunkt „Gerechte Entlohnung von Überstunden“ und der Frage, „ob Mitarbeiter nachträglich wieder 35 Std. arbeiten können“, eine Rechtsauskunft einzuholen. Wenn trotz der sehr präzisen Fassung des an Rechtsanwalt T1 gerichteten rechtsgeschäftlichen Auftrags am 22.09.2011 über insgesamt 1 ¼ Stunden auch Fragen der Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG sowie der Beteiligungsrechte im Anwendungsbereich des § 99 BetrVG (siehe Rechnung) diskutiert wurden, waren diese – Kosten auslösenden – Beratungskomplexe nicht von der Beschlussfassung des Betriebsrates gedeckt.

Vor dem Hintergrund hätte dieser darlegen müssen, welcher zeitliche Anteil von den insgesamt 75 Minuten benötigt worden ist, um die vom Betriebsrat beschlossene spezifische Rechtsauskunft zu geben. Da dazu der Betriebsrat bis zuletzt nicht näher vorgetragen hat, war auch insoweit der gesamte Anspruch zurückzuweisen.“

(Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 14. Oktober 2013 – 13 TaBV 42/13 –, juris)

Erfahrene Anwälte helfen dem Betriebsrat bei der Beschlussfassung Sie können unser Merkblatt „Betriebsrat und Anwalt“ per Mail anfordern, in dem weitere wichtige Infos enthalten sind. Im Fachbeitrag „Beschlussfassung des Betriebsrats“ finden Sie weitere Informationen:

2006| Michael Felser | Aufsatz | Beschlussfassung leicht gemacht | AiB 2006, 280-283 >>>Fachbeitrag >>>

Wahlvorstand – wann darf der Wahlvorstand einen Anwalt beauftragen?

Für den Wahlvorstand gilt im Grunde genommen das gleiche wie für den Betriebsrat. Das LAG Hamm hat zuletzt entschieden, „dass sich die gesetzlich geregelte Verpflichtung des Arbeitgebers zur Tragung der Kosten einer Betriebsratswahl in § 20 Abs. 3 BetrVG auch auf solche Kosten erstreckt, die im Zusammenhang mit der Durchführung arbeitsgerichtlicher Beschlussverfahren im Vorfeld einer Betriebsratswahl anfallen können. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers aus § 20 Abs. 3 BetrVG ist nämlich nach den Grundsätzen zu beurteilen, die zu § 40 Abs. 1 BetrVG aufgestellt worden sind, also in gleicher Weise wie Kosten der Betriebsratsarbeit. Damit muss es sich bei den Kosten der Betriebsratswahl, hier konkret bei den Kosten der Beauftragung der Antragsteller, um erforderliche Kosten der Betriebsratswahl gehandelt haben (vgl. BAG, Beschluss vom 16.04.2003, 7 ABR 29/02 zu II 1 a der Gründe, Beschluss vom 31.05.2000, 7 ABR 8/99 zu B II 2 der Gründe). Damit steht fest, dass auch Kosten eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens zur Klärung von Fragen im Vorfeld der Wahl, also während des Wahlverfahrens, erstattungsfähig sein können und der Wahlvorstand berechtigt ist, im Falle der Erforderlichkeit einen Rechtsanwalt zur Durchführung eines Beschlussverfahrens zu beauftragen. Kriterium hierfür ist allerdings, dass der Wahlvorstand dies nach Abwägung aller Umstände für sachlich notwendig erachten durfte (BAG, Beschluss vom 16.04.2003, 7 ABR 29/02 a.a.O. und Beschluss vom 11.11.2009, 7 ABR 26/08 bei juris a.a.O. Rn. 16).“

(Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 10. Dezember 2013 – 7 TaBV 85/13 –, juris)

Allerdings sollte der Wahlvorstand dem Arbeitgeber vorher eine Frist gesetzt haben und nach Ablauf der Frist noch einmal selbst nachhaken, bevor er einen Anwalt einschaltet:

Das LAG Ham ist nämlich der Ansicht, dass „der Ablauf einer dem Arbeitgeber gesetzten Frist nicht sogleich die Beauftragung eines Rechtsanwalts rechtfertigt und vielmehr eine Erkundigungspflicht bestehe, ob und wann die angeforderten Unterlagen übergeben würden. Das Landesarbeitsgericht Köln hat insoweit unter Rz. 4 bei juris wörtlich ausgeführt:

„Denn die Einschaltung eines Rechtsanwalts hätte nur dann zur Beschleunigung führen können, wenn die Arbeitgeberin nicht bereit gewesen wäre, die Unterlagen alsbald zu übersenden. Danach hätte der Wahlvorstand sich erkundigen müssen, bevor er einen Rechtsanwalt beauftragte. Die Beauftragung des Rechtsanwalts wäre nur dann sachgerecht gewesen, wenn die Arbeitgeberin auf eine solche Anfrage hin eine hinhaltende oder Ablehnende Auskunft gegeben hätte.“

Dem schließt sich die erkennende Beschwerdekammer an.“

(Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 10. Dezember 2013 – 7 TaBV 85/13 –, juris)

Wenn allerdings der Arbeitgeber von vorneherein das Recht des Wahlvorstands oder Betriebsrats bestreitet, macht allerdings auch nach Ansicht des LAG Hamm eine erneute Fristsetzung keinen Sinn, so dass der Anwalt sofort eingeschaltet werden kann.

Richtige Vorgehensweise des Anwalts des Betriebsrats

Der beauftragte Rechtsanwalt sollte zunächst den Arbeitgeber noch einmal aussergerichtlich anschreiben und die Rechtsansicht des Betriebsrats mit Rechtsprechung untermauern. Sieht der Arbeitgeber dann ein, dass es wenig Sinn macht, sich gegen die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder des regional zuständigen Landesarbeitsgerichts aufzulehnen, erreicht der Betriebsrat nämlich sein Ziel schneller, beteiligt zu werden als bei Einleitung eines langwierigen Beschlußverfahrens vor dem Arbeitsgericht.

Erst wenn der Arbeitgeber uneinsichtig bleibt, macht die Einschaltung des Arbeitsgerichts oder einer Einigungsstelle Sinn.

Mehr Infos in folgenden Beiträgen:

Betriebsrat-und-Anwalt-Kostenzusage-des-Arbeitsgebers

BGH-Haftung-des-Betriebsrat-fuer-Beauftragung-von-Sachverstaendigen

Sachverständiger-Anwalt-für-den-Betriebsrat

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl und Köln

Der Autor hat zahlreiche Fachbeiträge zum Betriebsverfassungsrecht geschrieben, ein Handbuch für Betriebsräte und berät und vertritt seit 1990 zahlreiche Betriebsräte, Gesamtbetriebsräte und Konzernbetriebsräte bundesweit.

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