In unserer Reihe Rechtsirrtümer stellen wir ihnen heute 11 Rechtsirrtümer im Erbrecht vor, die nach der Erfahrung unserer Fachanwältin, die seit 17 Jahren Mandate im Erbrecht und Familienrecht bearbeitet, verbreitet sind und häufig zu unnötigen Rechtsstreitigkeiten führen.
Doch nun zu den 11 Rechtsirrtümern im Erbrecht:
1. Ein Testament muss beim Notar gemacht werden.
Irrtum: Ein Testament kann jeder selbst verfassen (sog. privatschriftliches Testament).
2. Ein wirksames Testament liegt auch vor, wenn es mit dem PC geschrieben wurde und unterschrieben ist.
Irrtum: Ein sog. privatschriftliches Testament ist nur dann wirksam, wenn es vollständig handschriftlich geschrieben und unterzeichnet ist.
3. Wer im Testament enterbt ist, hat keinerlei Ansprüche im Erbfall.
Irrtum: Wer enterbt ist, kann einen Pflichtteilsanspruch haben. Der Pflichtteilsanspruch wird durch das Gesetz aber nur einem bestimmten Personenkreis gewährt.
4. Wenn Geschwister im Testament enterbt werden, haben diese einen Pflichtteilsanspruch.
Irrtum: Geschwister haben keinen Pflichtteilsanspruch, sondern nur Kinder, Ehegatten und die Eltern.
5. Kinder können schon zu Lebzeiten der Eltern ihr „vorzeitiges Erbe“ von den Eltern fordern.
Irrtum: Ein solcher Anspruch besteht nicht. Erst im Todesfall können erbrechtliche Ansprüche bestehen. Zu Lebzeiten der Eltern kann ein Kind keine Ansprüche an die Eltern stellen.
6. Ein Testament kann ohne Grund angefochten werden.
Irrtum: Gesetzlich ist eine Anfechtung nur aus bestimmten Gründen möglich, insbesondere bei arglistiger Täuschung des Erblassers oder wenn das Testament aufgrund einer Drohung oder eines Irrtums zustande gekommen ist.
7. Eine Lebensversicherungssumme gehört zum Nachlassvermögen.
Irrtum: Wenn im Versicherungsvertrag eine „bezugsberechtigte Person“ bestimmt ist, erhält der Bezugsberechtigte die Versicherungssumme außerhalb des Nachlasses. Die Versicherungssumme fällt also nicht dem Erben zu, sondern ausschließlich dem Bezugsberechtigten.
8. Eine Kopie eines Testaments reicht als Erbnachweis aus.
Irrtum: Nur das Original-Testament kann eine Erbenstellung begründen. Wer nur eine Kopie eines Testaments hat und wenn das Original-Testament verschwunden ist, kann die Erbenstellung nicht aus dem Testament ableiten.
9. Der Erbe erbt nur das Vermögen, das beim Todesfall real vorhanden ist.
Irrtum: Auch wer Erbe ist, kann bei lebzeitigen Schenkungen des Erblassers Ansprüche wegen dieser Schenkungen haben (sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche).
10. Eine Beseitigung der Erbenstellung ist nur innerhalb der 6-wöchigen Frist für die Ausschlagung der Erbschaft möglich.
Irrtum: Auch wenn die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist, kann die Erbenstellung noch nachträglich beseitigt werden. Möglich ist dies durch eine „Anfechtung“, die vor dem Nachlassgericht zu erklären ist, wenn man zuvor keine Kenntnis über das gesetzliche Ausschlagungsrecht hatte.
11. Jemand, der unter gesetzlicher Betreuung steht, kann kein Testament mehr machen.
Irrtum: Ein Testament erfordert, dass der Verfasser testierfähig ist. Damit ist die „Geschäftsfähigkeit“ gemeint. Der Verfasser muss überblicken und verstehen können, was er in seinem Testament verfügt. Dies kann bei einer unter Betreuung stehenden Person der Fall sein, da die Betreuung nicht bedeutet, dass jemand automatisch geschäftsunfähig ist. In solchen Fällen ist es ratsam, ein Testament bei einem Notar zu machen, da dieser in der Regel in das Testament aufnimmt, dass er sich von der Testiertfähigkeit überzeugt hat.
Wenn Sie erkannt haben, dass auch Sie einen oder mehrere der 11 Rechtsirrtümer im Erbrecht geglaubt haben, erkennen Sie, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig und qualifiziert beraten zu lassen. Der teuerste Rat ist der schlechte Rat. Gleich dahinter kommt der fehlende Rat. Das Motto unserer Kanzlei findet sich über dem alten Rathaus in Brühl:
„Halte Rat vor der Tat“
Diesem klugen Satz ist aus anwaltlicher Sicht nichts hinzuzufügen.
Rechtsanwältin Eva Gerz
Fachanwältin für Familienrecht
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl / Köln /Berlin