Die 13 größten Rechtsirrtümer zum Nachlass – Serie Erbrecht

In der nächsten Zeit werden wir an dieser Stelle in einer monatlichen Serie die größten Rechtsirrtümer im Erbrecht vorstellen. Im Juni berichteten wir über die 19 größten Rechtsirrtümer zum Testament, die hier noch einmal nachgelesen werden können. Im Juli informierten wir über die 9 größten Rechtsirrtümer zum Pflichtteil, die hier veröffentlicht sind. Heute widmen wir uns in der Serie den 13 größten Rechtsirrtümern zum Nachlass.

1. Wenn ich den Erblasser gepflegt habe, steht mir der Nachlass zu.

Das ist falsch. Vielmehr wird nur Erbe, wer durch Testament, Erbvertrag oder gesetzliche Erbfolge zum Erben berufen ist. Der Pflegende kann aber in engen Grenzen für seine Pflegeleistung von den Miterben eine Ausgleichung verlangen. Sollte dieser Themenkreis bei Ihrem Erbfall relevant werden, sollten Sie sich beraten lassen.

2. Eine Lebensversicherungssumme gehört zum Nachlassvermögen.

Das ist so nicht richtig. Falls in dem Versicherungsvertrag eine bezugsberechtigte Person bestimmt ist, dann erhält der Bezugsberechtigte die Versicherungssumme außerhalb der Erbfolge. Die Versicherungssumme steht dann also nicht dem Erben zu.

3. Der Erbe erbt nur das Vermögen, das beim Todesfall real vorhanden ist.

Das ist nicht richtig. Denn wer Erbe ist, kann bei lebzeitigen Schenkungen des Erblassers an andere Personen Ansprüche haben. Es kann sich für den Erben ein Pflichtteilsergänzungsanspruch ergeben. Unter bestimmten Umständen kann auch ein Anspruch gegen den Beschenkten bestehen.

4. Eine Beseitigung der Erbenstellung ist nur innerhalb der Ausschlagungsfrist von 6 Wochen möglich.

Das ist falsch. Auch wenn die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist, kann die Erbenstellung nachträglich noch beseitigt werden. Möglich ist die Anfechtung der Erbschaftsannahme, wenn man keine Kenntnis von der Ausschlagungsfrist hatte. Die Anfechtungserklärung muss vor dem Nachlassgericht erklärt werden.

5. Die Beerdigungskosten zahlen der Ehegatte und die Kinder.

Das stimmt in dieser Allgemeinheit nicht. Vielmehr haben die Erben diese Kosten zu tragen. Diese sind aber nicht zwangsläufig Ehegatte und Kinder. Nur, wenn diese also auch Erben sind, müssen sie diese Kosten bezahlen. Zu den von den Erben zu zahlenden Kosten fallen auch die Kosten der Trauerfeier, nicht aber Reise- und Übernachtungskosten der Begräbnisgäste. In bestimmten Fällen können nahe Angehörige nach dem Bestattungsgesetz NRW verpflichtet sein, die Kosten der Beerdigung zu zahlen, auch wenn sie nicht Erben geworden sind.

6. Die Erben haben sich um die Grabpflege zu kümmern.

Das stimmt nicht. Die Grabpflege ist keine rechtliche Pflicht, sondern eine sittliche Verpflichtung. Daher ist kein Erbe rechtlich verpflichtet, für die Grabpflege aufzukommen.

7. Alle Erben bekommen einen gleichen Teil am Nachlass.

Auch dies stimmt in dieser Allgemeinheit nicht. Vielmehr kann der Erblasser in einem Testament oder Erbvertrag die Quoten der Erben bestimmen. Wenn eine solche wirksame Bestimmung vorliegt, dann ist nur diese maßgeblich. Auch die gesetzliche Erbfolge kennt unterschiedlich hohe Erbquoten.

8. Ich bin verpflichtet, ein Erbe anzutreten.

Dies ist nicht richtig. Jeder kann beim Nachlassgericht am Wohnsitz des Erblassers eine Ausschlagung der Erbschaft erklären. Dies ist bei einem überschuldeten Nachlass auch ratsam. Diese Ausschlagung ist aber fristgebunden, sie muss 6 Wochen nach Eintritt des Erbfalls und Kenntnis davon, bei Vorliegen eines Testaments oder Erbvertrages 6 Wochen nach dessen Eröffnung erklärt werden. Diese 6 Wochen sind in der Praxis sehr knapp bemessen, um eine etwaige Überschuldung des Nachlasses zu ermitteln. Wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt, sollte diese Thematik auftreten.

9. Ich bin verpflichtet, die Schulden des Erblassers zu zahlen.

Das stimmt in dieser allgemeinen Form nicht. Zwar haftet der Erbe auch für Schulden des Erblassers. Er kann aber seine Haftung auf den Nachlass begrenzen, beispielsweise durch die Beantragung einer Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Werden diese Möglichkeiten nicht wahrgenommen, so haftet der Erbe auch mit seinem Privatvermögen für die Schulden des Erblassers. Schließlich gibt es die Möglichkeit der Ausschlagung. Suchen Sie anwaltliche Hilfe, wenn hohe Schulden den Nachlass belasten.

10. Wenn ein Gläubiger einen vollstreckbaren Titel (Urteil, Vollstreckungsbescheid) gegen den Erblasser hat, muss mich das als Erbe nicht interessieren.

Das ist falsch. Vielmehr kann der Gläubiger den Titel vom Gericht gegen den Erben (oder auch die Erbengemeinschaft) umschreiben lassen, sodass diese dann zu zahlen haben. Es gibt aber die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass, sodass das Privatvermögen der Erben geschützt ist.

11. Ein Vorerbe darf Grundstücke aus dem Nachlass nicht verkaufen und nichts aus dem Nachlass verschenken.

Auch das ist so allgemein nicht richtig. So kann ein sogenannter „befreiter“ Vorerbe im Rahmen seiner Befreiung Grundstücke verkaufen. Vom Schenkungsverbot kann aber der Vorerbe nicht befreit werden.

12. Der Vorerbe hat dem Nacherben den Nachlass zu erhalten, ohne Gegenleistungen verlangen zu dürfen.

Dies stimmt in dieser Form nicht. Zwar hat der nicht befreite Vorerbe grundsätzlich etwaige Immobilien im Nachlass zu erhalten, kann aber hierfür meist Aufwendungsersatz verlangen.

13. Es reicht eine Vollmacht des Erblassers, damit ich als Erbe nach seinem Tod an seine Bankkonten gelangen kann.

Das stimmt so allgemein formuliert nicht. In der Regel lassen die Banken nur solche Vollmachtsformulare gelten, die sie selbst vorgegeben haben und die der Erblasser unterzeichnet hat. Meist wird auch eine notarielle postmortale Vollmacht anerkannt. Wer ganz sicher gehen will, sollte einen Erbschein beim Nachlassgericht beantragen, denn dieser weist die Erbenstellung nach und muss von einer Bank anerkannt werden.

Wenn Sie erkannt haben, dass auch Sie einen oder mehrere der 13 Rechtsirrtümer zum Nachlass geglaubt haben, erkennen Sie, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig und qualifiziert beraten zu lassen. Der teuerste Rat ist der schlechte Rat. Gleich dahinter kommt der fehlende Rat. Das Motto unserer Kanzlei findet sich über dem alten Rathaus in Brühl:

„Halte Rat vor der Tat“

Diesem klugen Satz ist aus anwaltlicher Sicht nichts hinzuzufügen.

Eva Gerz
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht
Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (DVEV)

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl – Köln – Bonn

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