Die Kündigungsfrist freier Mitarbeiter richtet sich nicht nach der für Arbeitnehmer geltenden Vorschrift des § 622 BGB mit längeren Kündigungsfristen als bei selbständigen Dienstnehmern (§ 621 BGB), selbst wenn es sich bei dem freien Mitarbeiter um eine sog. arbeitnehmerähnliche Person handeln sollte, so das Bundesarbeitsgericht:
„b) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts sind arbeitnehmerähnliche Personen mit Arbeitnehmern im Bereich des Rechts der Kündigungsfristen nicht gleichgestellt.
aa) Der Gesetzgeber hat zwar in einer Reihe von Vorschriften arbeitnehmerähnliche Personen Arbeitnehmern gleichgestellt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbSchG, § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG, § 1 Abs. 2 Nr. 1 BeschSchG, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG – in Kraft seit 18. August 2006 -, § 2 Satz 2 BUrlG, § 138 SGB IX, § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Die Ausweitung der längeren Kündigungsfristen ist aber ausweislich des § 621 BGB für den Bereich der “freien” Dienstverhältnisse unterblieben. Nur für den Bereich der Heimarbeit hat der Gesetzgeber in § 29 Abs. 3 und 4 HAG Regelungsbedarf gesehen.“
so das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil.
Arbeitnehmerähnliche Personen sind wirtschaftlich von einem Auftraggeber abhängige Selbständige, also z.B. freie Mitarbeiter mit einem Auftraggeber.
„b) Arbeitnehmerähnliche Personen stehen – wenn sie nicht auf Grund eines Werkvertrages tätig werden – regelmäßig in einem Dienstverhältnis nach § 611 BGB (Senat 15. November 2005 – 9 AZR 626/04 – AP BGB § 611 Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 12 = EzA BUrlG § 2 Nr. 5) . Sie sind Selbständige, wobei an die Stelle der das Arbeitsverhältnis prägenden persönlichen Abhängigkeit die wirtschaftliche Abhängigkeit tritt (Senat 17. Januar 2006 – 9 AZR 61/05 – EzA BUrlG § 2 Nr. 6) . Damit sind sie in der Regel wegen ihrer fehlenden oder geringeren Weisungsgebundenheit in der Ausübung ihrer Tätigkeit freier als Arbeitnehmer (Senat 15. November 2005 – 9 AZR 626/04 – aaO) . Insbesondere können sie im Gegensatz zu Arbeitnehmern ihre Arbeitszeit selbst bestimmen. Auf Grund dieser fehlenden persönlichen Bindung der arbeitnehmerähnlichen Personen an den Dienstgeber ist es nicht zwingend erforderlich, dass sich der Dienstgeber – wie ein Arbeitgeber – bei längerer Dauer des Beschäftigungsverhältnisses erst mit einer entsprechend längeren Kündigungsfrist von dem arbeitnehmerähnlichen Dienstnehmer trennen kann. Erkennbar hat sich der Gesetzgeber entschlossen, auf Grund der als besonders schutzwürdig erkannten persönlichen und/oder sozialen Situation der in Heimarbeit Beschäftigten, die überwiegend nur von einem Auftraggeber oder Zwischenmeister beschäftigt werden, in § 29 Abs. 3 und 4 HAG eine dem § 622 Abs. 1 und 2 BGB entsprechende Regelung bezüglich der Kündigungsfristen zu treffen. Dies zwingt jedoch nicht zu einer entsprechenden Anwendung des § 29 Abs. 3 und 4 HAG auf die Dienstverhältnisse arbeitnehmerähnlicher Personen (im Ergebnis ebenso: ErfK/Müller-Glöge 7. Aufl. § 622 BGB Rn. 10; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 136; MünchKommBGB/Hesse 4. Aufl. § 622 Rn. 9; DLW/Dörner D 141; aA KR-Rost 8. Aufl. Arbeitnehmerähnliche Personen Rn. 67; Kittner/Däubler/Zwanziger-Zwanziger KSchR § 621 BGB Rn. 6; Hromadka NZA 1997, 1250)„
so das Bundesarbeitsgericht weiter.
Richtig einleuchten will das nicht, denn das Bundesarbeitsgericht hat bei GmbH-Geschäftsführern, die beleibe nicht ansatzweise vergleichbar schutzbedürftig sind, entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut eine analoge Anwendung der für Arbeitnehmer geltenende Kündigungsfristen für geboten angesehen.
Quelle: Bundesarbeitsgericht vom 08.05.2007 Aktenzeichen 9 AZR 977/06, Volltext
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl und Köln