Seit 2007 gilt der lange gekündigte Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in NRW wieder. Im MTV Einzelhandel NRW ist u.a. auch die Kündigungsfrist, die Unkündbarkeit und die Kündigungsfrist während der Probezeit geregelt. Auch Arbeitnehmer im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen müssen bei der Eigenkündigung die Kündigungsfrist nach dem MTV Einzelhandel NRW beachten, wenn auf diesen Manteltarifvertrag im Arbeitsvertrag Bezug genommen wird oder der Tarifvertrag kraft Tarifbindung (Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind in den jeweiligen tarifschliessenden Verbänden organisiert) gilt. Die Kündigungsfristen und die „Unkündbarkeit“ sind nach dem MTV Einzelhandel NRW wie folgt gestaffelt:Manteltarifvertrag (MTV) Einzelhandel NRW, gültig ab 01.01.2007
§ 11 MTV Einzelhandel NRW
Einstellung und Entlassung
§ 11 (6) Für die Kündigung von Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern gilt eine Grundkündigungsfrist von 6 Wochen zum Ende eines Kalendermonats.
Davon kann einzelvertraglich abgewichen werden.
Die Mindestkündigungsfrist beträgt einen Monat zum Ende eines Kalendermonats.
Beide Parteien können eine schriftliche Bestätigung des Empfangs der Kündigung verlangen.
§ 11 (7) Nach einer ununterbrochenen Beschäftigung im Betrieb/Unternehmen von mehr als 5 Jahren verlängern sich die Kündigungsfristen für den Arbeitgeber wie folgt:
über 5 Jahre 3 Monate
über 8 Jahre 4 Monate
über 10 Jahre 5 Monate
über 12 Jahre 6 Monate
jeweils zum Ende eines Kalendermonats.
Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Jahre der Betriebs-/Unternehmenszugehörigkeit, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt. (verstößt gegen das Urteil des EuGH vom 19-1-2010, nach dem die Jahre bis zum 25. Lebensjahr ebenfalls berücksichtigt werden müssen).
Die Vereinbarung der Verlängerung der Kündigungsfristen auf Gegenseitigkeit ist zulässig.
§ 11 (8) Für Kündigungen von Arbeitsverhältnissen, die vor dem 1.8.1993 begründet worden sind, sind die bis zu diesem Stichtag geltenden einzelvertraglichen, die bis 1992 geltenden tariflichen und gesetzlichen Regelungen anzuwenden; es sei denn, die vorstehenden Regelungen sind für den Arbeitnehmer günstiger.
§ 11 (9) Einem Arbeitnehmer, der das 53., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet hat und dem Unternehmen mit mehr als 50 vollbeschäftigten Arbeitnehmern mindestens 15 Jahre angehört, kann nur noch aus wichtigem Grund oder mit Zustimmung des Betriebsrates gekündigt werden.
Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen (§ 76 Betriebsverfassungsgesetz).
Dieser Kündigungsschutz gilt nicht, wenn
a) Betriebsvereinbarungen gemäß §§ 111, 112 Betriebsverfassungsgesetz oder in Betrieben ohne Betriebsrat sozialplanähnliche Regelungen abgeschlossen werden, die eine Absicherung der mindestens 59 Jahre alten Arbeitnehmer dergestalt enthalten, dass für die Dauer der eintretenden Arbeitslosigkeit der Differenzbetrag zwischen Arbeitslosengeld und dem zuletzt bezogenen bzw. dem Nettoentgelt, welches der Arbeitnehmer bezogen hätte, wenn er weiterhin beschäftigt worden wäre, vom Arbeitgeber bezahlt wird und der Arbeitnehmer eine Abfindung wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes erhält;
b) Ansprüche auf vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestehen.
§ 11 (10) Auflösungsverträge bedürfen der Schriftform.
Jede der Parteien kann eine Bedenkzeit von 3 Werktagen in Anspruch nehmen. Ein Verzicht hierauf ist schriftlich zu erklären.
§ 11 (11) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses.
§ 11 (12) Auf Verlangen des Arbeitgebers hat der ausscheidende Arbeitnehmer den Empfang der Arbeitspapiere (Versicherungskarte, Lohnsteuerkarte, Zeugnis usw.) und des ausgezahlten Entgelts für Arbeit und/oder Urlaub zu bescheinigen.
§ 11 (13) Bestätigt der Arbeitnehmer, keine Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis und/oder seiner Beendigung, insbesondere aus dem Gesichtspunkt des Kündigungsschutzes, gegen den Arbeitgeber zu haben, so bedarf die Ausgleichsquittung einer gesonderten Unterschrift.
§ 12 MTV Einzelhandel NRW
Probezeit
§ 12 (1) Wird eine Probezeit vereinbart, darf sie in der Regel drei Monate nicht überschreiten.
Während einer vereinbarten Probezeit gilt eine Kündigungsfrist von zwei Wochen.
Bei einer Probezeit von mehr als drei Monaten beträgt die Kündigungsfrist in der die drei Monate übersteigenden Zeit einen Monat zum Ende eines Kalendermonats.
Bei einem auf drei Monate befristeten Probearbeitsverhältnis soll die Absicht, im Anschluss hieran ein Anstellungsverhältnis nicht eingehen zu wollen, mindestens einen Monat, bei einer kürzeren Probezeit mindestens eine Woche vor Ablauf der Probezeit angekündigt werden.
Wird das Probearbeitsverhältnis über die vereinbarte Zeit hinaus fortgesetzt, geht es ohne weiteres in ein Anstellungsverhältnis auf unbestimmte Zeit über.
§ 12 (2) Wird einem Auszubildenden während der Probezeit gekündigt, so hat dies schriftlich und auf Wunsch unter Angabe der Gründe zu erfolgen.
Ob die längeren Kündigungsfristen nach dem MTV Einzelhandel NRW auch für die Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitnehmer (Eigenkündigung) gelten, hängt davon ab, ob im Arbeitsvertrag die Anwendung der längeren Kündigungsfristen für beide Seiten vereinbart ist. Gilt nur der MTV Einzelhandel NRW, ist dies nicht der Fall.
Bei der Eigenkündigung muss also unter Umständen auch der Arbeitnehmer die nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit verlängerte Kündigungsfrist nach dem MTV Einzelhandel NRW beachten. Was passiert, wenn der Arbeitnehmer das nicht tut, können wir individuell ermitteln, dazu benötigen wir nur ihren Arbeitsvertrag und Angaben zum bisherigen und – falls schon bekannt – neuen Arbeitgeber. Die Beratung kann bequem per Mail erfolgen.
Mehr Infos zu Kündigungsfristen im Arbeitsrecht finden Sie in unserem Rechtslexikon.
Informationen rund um das Arbeitsrecht finden Sie auch in unseren zahlreichen Interviews u.a. im WDR, auf Bild.de und in anderen Medien.
z.B. Bild.de vom 1.3.2013: Richtig kündigen. Das müssen Sie beim Jobwechsel beachten. Beitrag mit Interview und Tipps von Rechtsanwalt Felser für den gelungenen Jobwechsel.
Autor des Beitrags:
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl und Köln
Autor des Ratgebers „Kündigung – was tun?“
Gründer des Kündigungsschutzzentrum Köln