Lästern über den Chef auf Facebook kann Ihren Arbeitsplatz gefährden – jedenfalls in den USA. So sorgt gerade in den Vereinigten Staaten ein Fall für Aufsehen, wo einer negativen Äußerung über den Chef im Online-Netzwerk Facebook die Kündigung folgte.

Was war geschehen? Eine Arbeitnehmerin eines Rettungsdienstes in den USA – ihr Name ist Dawnmarie Souza – hatte ihren Chef auf ihrer Facebook-Seite verspottet. U.a. hat sie sich darüber amüsiert, dass ihr Arbeitgeber eine „17“ zum Vorgesetzten gemacht hat. „17“ ist die firmeninterne Bezeichnung für psychisch erkrankte Patienten. Dies veranlasste das Rettungsdienst-Unternehmen, der Mitarbeiterin zu kündigen. Es ist der Auffassung, dass die Mitarbeiterin durch ihre Äußerungen auf Facebook gegen Unternehmensrichtlinien verstoßen habe. Hiernach dürften Angestellte sich keinesfalls in irgendeiner Weise in Facebook oder anderen sozialen Internet-Netzwerken über das Unternehmen äußern. Außerdem sei es nach den Unternehmensrichtlinien verboten, sich abfällig oder diskriminierend über Vorgesetzte und Arbeitskollegen zu äußern.

Die Bundesbehörde für Arbeitsbeziehungen (NLRB) wird nun erstmal wegen einer Kündigung aufgrund eines Facebook-Eintrages für die Arbeitnehmerin Klage bei Gericht einreichen.  Die NLRB ist in den USA für die Umsetzung des wichtigsten Arbeitsgesetzes der USA, des National Labor Relations Act, zuständig. Es ist u.a. ihre Aufgabe,  gegen unfaire Arbeitspraktiken vorzugehen. Die NLRB meint, dass es das Recht aller Arbeitnehmer sei, sich über ihre Arbeitsbedingungen und somit auch über ihre Vorgesetzten auszutauschen – egal ob in der Kaffeeküche oder bei Facebook.

Dürfen die Arbeitnehmer in Deutschland über ihren Chef lästern?

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 08.09.2009 – Az. 1 Sa 230/09) hält eine Kündigung aus diesem Grunde für rechtswidrig: „Ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen im vertraulichen Gespräch unter Arbeitskollegen können nach den Umständen des Einzelfalles eine Kündigung im Grundsatz deswegen nicht rechtfertigen, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art 1 Abs. 1 GG den Schutz der vertraulichen Kommunikation innerhalb der Privatsphäre als Ausdruck der Persönlichkeit gebietet.“

Auch das Arbeitsgericht Iserlohn (Urteil vom 09.03.2010 – Az.  5 Ca 2640/09) meint, dass eine Kündigung aufgrund eines gegenüber dem Arbeitgeber sehr kritischen, teilweise polemischen, aber nicht strafrechtlich relevanten Blog-Beitrages eines Arbeitnehmers im Internet rechtswidrig ist: Sofern sich ein Arbeitnehmer außerdienstlich im Internet kritisch zu Personen und Vorgängen im Betrieb äußere, so das Gericht, seien bei der allein in Betracht kommenden Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht die grundrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG hinreichend zu beachten. Eine Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht liege auch bei polemischer Kritik am Arbeitgeber nicht vor, wenn die Äußerungen weder nach Form noch nach Inhalt ein strafrechtlich relevantes Verhalten darstellten. Mit der überragenden Bedeutung des Grundrechts aus Art 5 Abs. 1 GG wäre es unvereinbar, wenn das Grundrecht in der betrieblichen Arbeitswelt, die für die Lebensgrundlage zahlreicher Staatsbürger wesentlich bestimmend sei, gar nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre. Auch eine polemische oder verletzende Formulierung entziehe einer Äußerung nicht den Schutz der Meinungsfreiheit (so auch BVerfG, Entscheidung vom 10.10.1995 in BVerfGE 92, 266).

Dennoch sind Arbeitnehmer natürlich gut beraten, sich mit negativen Äußerungen gegenüber Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten im Internet möglichst zurückzuhalten. Denn es muss immer damit gerechnet werden, dass der Chef mitliest oder dass ihm die schriftliche Äußerung durch einen Dritten zugespielt wird. Dass dann das Verhältnis zum Chef und auch die Karrierechancen innerhalb der Firma Schaden nehmen, bedarf wohl keiner Erwähnung…

Daniel Labrow
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

1 Kommentar

  1. RA Felser
    11. November 2010 10:19

    Das Arbeitsgericht Frankfurt hat allerdings die Kündigung wegen beleidigender Äusserungen eines Arbeitnehmers („Sklavenbetrieb“, „Zuhälterfirma“) in einem Internetforum bestätigt:

    http://www.kuendigung.de/aktuelles-kuendigung/artikel/fristlose-kuendigung-wegen-beleidigung-im-internet/index.html