die TAZ spricht gar von einem „Dolchstoß“ der Arbeitnehmervertretung. Was ist geschehen? Ein Personalrat in Hamburg stimmt einer fristlosen Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters zu, ohne den Mitarbeiter überhaupt angehört zu haben. Das Arbeitsgericht erklärt die Kündigung für unwirksam, löst das Arbeitsverhältnis aber nach §§ 9, 10 KSchG wegen „Zerrüttung“ auf. Das Landesarbeitsgericht bestätigt die Bewertung des Arbeitsgerichts, und macht den Weg zum Bundesarbeitsgericht dicht, lässt also die Revision nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht wiederum – wie im Fall „Emmely“ – lässt die Revision auf die Beschwerde des gekündigten Arbeitnehmers zu. Pikant daran ist, dass der einer (nach Ansicht der Gerichte unwirksamen) Kündigung zustimmende Personalrat von einer LINKEN geführt wurde, die jetzt im Europaparlament sitzt. Man kann es gar nicht oft genug wiederholen, liebe Personalräte und Betriebsräte: Ihr seid keine Richter, deshalb kann eine Zustimmung zu einer Kündigung nur die absolute Ausnahme sein (Geständnis des Arbeitnehmers, klarer Kündigungsgrund). Wie oft stellt sich im Prozess alles anders dar? Dem Arbeitgeber sieht man nach, wenn es „halt nicht geklappt hat“, also wenn das Arbeitsgericht eine Kündigung kippt, aber der Personalrat, der der Kündigung zugestimmt hatte, gibt eine wirklich peinliche Figur ab. Gesteigert werden kann das nur, wenn sich herausstellt, dass der Arbeitnehmer vor der Zustimmung nicht einmal angehört wurde. Da macht es schon nichts mehr aus, dass die so locker ein immerhin 15 Jahre störungsfrei verlaufenes Arbeitsleben eines Schwerbehinderten ignorierende Personalratsvorsitzende auch noch der Linkspartei angehört. Links reden und Karriere machen ist halt einfacher als sich für schwerbehinderte Arbeitnehmer einsetzen.
Quelle: TAZ vom 2.8.2010
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
P.S.: Auch wenn Kollege Geffken sicher einige Anstrengungen unternehmen mußte, um die Zulassung der Revision zu erreichen: Es sind seit Jahren nicht mehr 2 % Erfolgsquote bei der Nichtzulassungsbeschwerde, sondern inzwischen mehr als 10 %. Immer noch viel zu wenig angesichts der Tendenz gerade von Richtern, die gerne das letzte Wort haben, und das mit Geschick auch sicherzustellen versuchen.