Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger: Unterschied zwischen den Versionen
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− | In der Regel sind auch sog. Kundenschutzklauseln mit arbeitnehmerähnlichen Selbständigen | + | Zahlreiche Verträge mit Freelancern sehen Wettbewerbsverbote und Kundenschutzklauseln vor, so eine Umfrage des Freiberuflerforum GULP [https://www.gulp.de/knowledge-base/recht-und-steuern/umfrage-ergebnis-vertraege.html] |
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+ | In der Regel sind auch sog. Kundenschutzklauseln mit arbeitnehmerähnlichen Selbständigen unzulässig: | ||
"Auch das Bundesarbeitsgericht ist in seiner Entscheidung vom 16.08.1988 - 3 AZR 664/87 - n. v. davon ausgegangen, dass das Verbot, Kunden aus einer geheimzuhaltenden Liste nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu umwerben, ein entschädigungspflichtiges Wettbewerbsverbot darstellt. In gleicher Weise werden Mandantenschutzklauseln als Wettbewerbsverbote betrachtet, wenn sie über das hinausgehen, was den Angehörigen freier Berufe (z. B. Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern) bereits kraft Standesrecht verboten ist, und wenn sie dazu führen, dass es nach Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Anwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater allgemein verboten ist, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder als Selbständiger Mandanten des früheren Arbeitgebers zu betreuen (Etzel, a. a. O., § 74 Rdanm. 9 mit weiteren Nachweisen). Bei der Abgrenzung eines Wettbewerbsverbots von einer nur geringfügigen und nicht relevanten Einschränkung der beruflichen Betätigungsfreiheit ist in die Wertung einzubeziehen, dass die Freiheit der Berufsausübung in Grundgesetz geschützt und damit ein Recht von hohem Rang ist. Bei Abwägung der Gesamtumstände muss deshalb im Streitfall angenommen werden, dass es sich bei der Vertragsstrafenregelung in Wahrheit um ein Wettbewerbsverbot gehandelt hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass beide Parteien die Möglichkeit gehabt hätten, die Zahl der Kunden, für die der Beklagte nicht hätte tätig werden dürfen, gering zu halten, indem die Klägerin nur wenige Projekteinzelaufträge anbot oder der Beklagte entsprechende Angebote ausschlug. Entscheidend ist, dass nach dem Rahmenvertrag jedenfalls damit gerechnet werden musste, dass der Beklagte wegen einer größeren Zahl von Kundenkontakten in seiner beruflichen Betätigungsfreiheit in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt sein würde, falls er die Kundenschutzklausel beachtete." | "Auch das Bundesarbeitsgericht ist in seiner Entscheidung vom 16.08.1988 - 3 AZR 664/87 - n. v. davon ausgegangen, dass das Verbot, Kunden aus einer geheimzuhaltenden Liste nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu umwerben, ein entschädigungspflichtiges Wettbewerbsverbot darstellt. In gleicher Weise werden Mandantenschutzklauseln als Wettbewerbsverbote betrachtet, wenn sie über das hinausgehen, was den Angehörigen freier Berufe (z. B. Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern) bereits kraft Standesrecht verboten ist, und wenn sie dazu führen, dass es nach Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Anwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater allgemein verboten ist, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder als Selbständiger Mandanten des früheren Arbeitgebers zu betreuen (Etzel, a. a. O., § 74 Rdanm. 9 mit weiteren Nachweisen). Bei der Abgrenzung eines Wettbewerbsverbots von einer nur geringfügigen und nicht relevanten Einschränkung der beruflichen Betätigungsfreiheit ist in die Wertung einzubeziehen, dass die Freiheit der Berufsausübung in Grundgesetz geschützt und damit ein Recht von hohem Rang ist. Bei Abwägung der Gesamtumstände muss deshalb im Streitfall angenommen werden, dass es sich bei der Vertragsstrafenregelung in Wahrheit um ein Wettbewerbsverbot gehandelt hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass beide Parteien die Möglichkeit gehabt hätten, die Zahl der Kunden, für die der Beklagte nicht hätte tätig werden dürfen, gering zu halten, indem die Klägerin nur wenige Projekteinzelaufträge anbot oder der Beklagte entsprechende Angebote ausschlug. Entscheidend ist, dass nach dem Rahmenvertrag jedenfalls damit gerechnet werden musste, dass der Beklagte wegen einer größeren Zahl von Kundenkontakten in seiner beruflichen Betätigungsfreiheit in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt sein würde, falls er die Kundenschutzklausel beachtete." |
Version vom 23. März 2015, 19:08 Uhr
Inhaltsverzeichnis
- 1 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
- 2 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger - gesetzliche Regelung
- 3 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger - regelmäßige Beschäftigung sozialversicherungspflichter Arbeitnehmer
- 4 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger - 5/6 Regelung bei den Auftraggebern
- 5 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger als arbeitnehmerähnliche Person
- 6 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Urlaub
- 7 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Kündigungsfrist
- 8 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Wettbewerbsverbot
- 9 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Kundenschutz
- 10 Rentenversicherungspflichtiger Selbständiger
- 11 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Scheinselbständigkeit
- 12 Befreiungsmöglichkeit von den Rentenversicherungspflicht
- 13 Vorsicht GmbH - Lösung oder Falle?
- 14 GbR keine Lösung
- 15 Folgen einer Einordnung als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
- 16 Urteile zum arbeitnehmerähnlichen Selbständigen
- 17 Checkliste arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
- 18 Berufsgruppenkatalog
- 19 Anwalt für arbeitnehmerähnliche Selbständige
- 20 Steuerberater und arbeitnehmerähnliche Selbständige
- 21 Tipps für arbeitnehmerähnliche Selbständige
- 22 Interviews zum arbeitnehmerähnlichen Selbständigen
- 23 Weblinks
- 24 Autor und Anwalt
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
Als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger gelten Selbständige, die auf Dauer im wesentlichen für einen Auftraggeber tätig sind und keine eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, § 2 Nr. 9 SGB VI. Folge: Die arbeitnehmerähnlichen Selbständigen sind in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Deswegen war die Bezeichnung vor einer Gesetzesänderung auch "rentenversicherungspflichtiger Selbständiger".
Die meisten arbeitnehmerähnlichen Selbständigen wissen von ihrem Status nichts. Sie werden meistens erst durch den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund darauf aufmerksam gemacht, mit dem sie zur Nachzahlung von Rentenversicherungsbeiträgen (rückwirkend bis zu 5 Jahren) aufgefordert werden.
Der Status des arbeitnehmerähnlichen Selbständigen und des Scheinselbständigen werden - auch von Steuerberatern - durcheinandergebracht, mit gravierenden Folgen für den Selbständigen. Häufig wird durch diesen falschen Rat die Möglichkeit vergeben, sich als Existenzgründer für die ersten drei Jahre von der Rentenversicherung befreien zu lassen.
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger - gesetzliche Regelung
Die aktuelle gesetzliche Regelung[1] sieht wie folgt aus:
§ 2 Selbständig Tätige
Versicherungspflichtig sind selbständig tätige
(...)
9. Personen, die
a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Als Arbeitnehmer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, 2, 7 und 9 gelten
1. auch Personen, die berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen beruflicher Bildung erwerben,
2. nicht Personen, die geringfügig beschäftigt sind,
3. für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger - regelmäßige Beschäftigung sozialversicherungspflichter Arbeitnehmer
Wer regelmäßig einen oder mehrer sozialversicherungpflichtige Arbeitnehmer beschäftigt, ist nicht arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und unterfällt auch dann nicht der Rentenversicherungspflicht, wenn er nur für einen Auftraggeber tätig ist. Dabei ist die die Beschäftigung von Familienangehörigen erlaubt; die im ursprünglichen Gesetz enthaltene Herausnahme ist ersatzlos gestrichen worden.
Allerdings reicht es auch aus, wenn mehrere geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer eingestellt sind, deren Entgelt zusammengerechnet über der Arbeitsentgeltgrenze des § 8 I Nr. 1 SGB IV liegen, also der Geringfügigkeitsgrenze:
Wer ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer selbstständig tätig wird, ist typischerweise nicht in der Lage, so erhebliche Verdienste zu erzielen, dass er sich außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung absichern könnte, und damit typischerweise sozial schutzbedürftig (zur Indizwirkung der Beschäftigung von Hilfskräften für die wirtschaftliche Lage des Selbstständigen als Parameter der sozialen Schutzbedürftigkeit in der früheren, zur Rechtslage bis zum Inkrafttreten des SGB VI ergangenen Rechtsprechung des BSG vgl die Nachweise in BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 8 RdNr 22). Hiervon ausgehend hat der Senat zu § 2 S 1 Nr 1 SGB VI (vgl BSG SozR 4-2600 § 231 Nr 1 RdNr 23; ferner Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 5/04 R - juris RdNr 13 ff) und zu § 2 S 1 Nr 9 SGB VI (vgl BSGE 95, 238 = SozR 4-2600 § 2 Nr 5, RdNr 16, 18 f) entschieden, dass eine Rentenversicherungspflicht des selbstständig Tätigen unabhängig von der konkret bestehenden Versicherungspflicht des von ihm beschäftigten Arbeitnehmers auch dann nicht besteht, wenn er im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit regelmäßig (mehrere) Arbeitnehmer in einem Umfang beschäftigt, dass bei Zusammenrechnung ihrer Arbeitsentgelte die Grenze des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV überschritten wird.
(BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R –, SozR 4-2600 § 2 Nr 16)
Die Beschäftigung eines geringfügigen Arbeitnehmers reicht allerdings nicht:
Geringfügig beschäftigte Personen gelten gemäß § 9 Satz 2 SGB VI jedoch nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI.
(Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. Januar 2014 – L 5 R 712/11 –, juris)
Das Merkmal "regelmäßig" erlaubt (nur)kleinere Lücken bei der Beschäftigung:
"Seinem Wortsinn nach bedeutet „regelmäßig“ so viel wie „nach einem bestimmten Muster gebildet“, „nicht nur gelegentlich“ oder „immer wiederkehrend“. Bezogen auf das in § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI enthaltene Tatbestandsmerkmal ist unter einer Regelmäßigkeit zu verstehen, dass unbefristete versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse oder versicherungspflichtige befristete Beschäftigungen mit kontinuierlicher Abfolge für den Selbständigen ausgeübt bzw. mehrere Beschäftigungen nacheinander ausgeübt werden (vgl. zutreffend: SG Lübeck, Urteil vom 20. März 2009 - S 15 R 551/07 - JURIS-Dokument, RdNr. 36 mit weiteren Nachweisen aus der Kommentarliteratur). Der Sinn und Zweck des § 2 Satz 1 Nr. SGB VI besteht darin, der zunehmenden Erosion des versicherten Personenkreises durch die wachsende Überführung von Beschäftigten in arbeitnehmerähnliche selbständige Tätigkeiten entgegen zu wirken. Die Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass im konkreten Fall eine solche Überführung tatsächlich stattgefunden hat. Charakteristisch für abhängige Beschäftigte ist, dass sie grundsätzlich zur persönlichen Leistung der geschuldeten Arbeit verpflichtet sind. Selbständig Erwerbstätige sollen der Rentenversicherungspflicht nur dann unterliegen, wenn sie in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind. Anderenfalls besteht kein Schutzbedürfnis, aufgrund dessen die Versicherungspflicht eintreten soll. Deshalb fordert § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe a) SGB VI, dass der Selbständige im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit „regelmäßig“ keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Mit dem Erfordernis der Regelmäßigkeit der Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers stellt das Gesetz sicher, dass der versicherungsrechtliche Status des selbständig Erwerbstätigen nicht durch untypische Abweichungen vom Regelzustand beeinflusst wird. Abgestellt wird damit auf die Kontinuität des versicherungsrechtlichen Status einer Person. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den grundsätzlich bestehenden Status nicht durch kurzfristige Änderungen hinsichtlich der Beschäftigung von Arbeitnehmern zu ändern. Einer grundsätzlich versicherungspflichtigen Person soll es nicht möglich sein, durch kurzfristige Beschäftigungen der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI zu entgehen. Umgekehrt bedeutet dies, dass derjenige, der grundsätzlich und fortgesetzt versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt, nicht der Versicherungspflicht unterfallen soll. Dies wird erhärtet durch die Ausführungen in der Begründung zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit (BT-Drs. 14/1855, S. 6 und 8). Hinsichtlich der Änderung des § 7 Abs. 4 SGB IV, in dessen Folge auch § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI eingeführt wurde, wird ausgeführt, dass das Merkmal der Regelmäßigkeit Manipulationen durch eine kurzfristige Beschäftigung von Arbeitnehmern zu verhindern suche. Auf der anderen Seite sei es unschädlich, wenn die Erwerbsperson kurzfristig, zum Beispiel nach Kündigung eines Arbeitnehmers, keinen Arbeitnehmer beschäftige (BT-Drs. 14/1855, S. 6)."
(Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. Januar 2014 – L 5 R 712/11 –, juris)
Es reicht nicht aus, selbständige Subunternehmer zu beschäftigen:
"Anders als die Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, die zeigt, dass der Selbstständige jedenfalls die Mittel zu ihrer Dauerbeschäftigung aufbringen kann (vgl BSG, Urteil vom 30. Januar 1997 - 12 RK 31/96 - SozR 3-2600 § 2 Nr 2 S 10), ist der Einsatz selbstständiger Hilfskräfte im Hinblick auf dessen wirtschaftliche Lage nämlich nicht in gleichem Maße aussagekräftig. So begründet der Einsatz selbstständiger Hilfskräfte ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht ohne weiteres die Vermutung, dass sich die Arbeitskraft des Selbstständigen dadurch zu Gunsten wirtschaftlicher Unabhängigkeit vervielfältigt, etwa dann, wenn dieser die ihm zugewiesenen Erwerbsmöglichkeiten lediglich "teilt" und auf diese Weise anderen Selbstständigen etwas "abgibt". Dies gilt erst recht wenn, wie im hier zu entscheidenden Fall, die eingesetzten "Untervertreter" jedenfalls nicht in rechtlich begründeter persönlicher Abhängigkeit zum Kläger stehen bzw dieser nicht über ein rechtlich begründetes Weisungsrecht verfügt und eine Versicherungspflicht der "Untervertreter", wie sie § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst a SGB VI ebenfalls voraussetzt, keinen Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit des Klägers aufweist oder aufwiese. Insoweit ist der Abgrenzungstatbestand des § 2 Satz 1 Nr 9 Buchst a SGB VI planmäßig abschließend geregelt."
(BSG, Urteil vom 10. Mai 2006 – B 12 RA 2/05 R –, SozR 4-2600 § 2 Nr 8)
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger - 5/6 Regelung bei den Auftraggebern
Das Merkmal "im wesentlichen nur für einen Auftraggeber" sieht die Rechtsprechung dann als erfüllt an, wenn im Kalenderjahr mehr als 5/6 des Umsatzes mit einem Auftraggeber gemacht wurden:
"Die Bewertung der Frage, ob der Selbständige gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe b) SGB VI im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist, ist auf der Grundlage der erzielten Bruttoeinkünfte zu beurteilen, wobei sich eine mathematisch exakte Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze dem Gesetz nicht entnehmen lässt. Klar ist lediglich, dass das Einkommen aus der zu beurteilenden selbständigen Tätigkeit deutlich mehr als 50 Prozent des Gesamteinkommens ausmachen muss. In der Praxis wird nach dem „Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit“ vom 20. Dezember1999 das Erfordernis der Wesentlichkeit als erfüllt angesehen, wenn der Selbständige mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Einkünfte allein aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber erzielt (NZA 2000, 190, 191; ZIP 1999, 252, 254), wobei es sich naturgemäß nur um einen Orientierungsrahmen handeln kann. Zu betrachten sind grundsätzlich die Einkünfte innerhalb eines Kalenderjahres, wobei die Einkünfte des Vorjahres sowie die voraussichtlichen Einkünfte in einer wertenden Betrachtung zu berücksichtigen sind (vgl. dazu insgesamt und der Praktikabilitätsgröße der 5/6-Bewertung zustimmend: LSG für das Saarland, Urteil vom 1. Dezember 2005 - L 1 RA 11/04 - JURIS-Dokument, RdNr. 23; Fichte in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VI, § 2, RdNr. 84 [Stand: Mai 2007]; Boecken in: Ruland/Försterling, Gemeinschaftskommentar zum SGB VI, § 2, RdNr. 201 [Stand: Oktober 2007]; Pietrek in: Schlegel/Voelzke, JURIS-Praxiskommentar zum SGB VI, 2008, § 2, RdNr. 189; Brand, BB 1999, 1162, 1166; Oberthür/Lohr, NZA 2001, 126, 128."
(Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. Januar 2014 – L 5 R 712/11 –, juris)
Das Merkmal "auf Dauer" erlaubt einzelne "Ausreißerjahre".
Allerdings sind hauptberufliche Tätigkeiten als Arbeitnehmer, Beamter, Soldat oder auch Richter nicht zu berücksichtigen:
"Eine Auslegung des Begriffes des Auftraggebers ist jedoch auf Verhältnisse selbständig Tätiger beschränkt. Dies folgt aus Gründen der (Gesetzes)Systematik, denn § 2 SGB VI regelt – im Gegensatz zu § 1 SGB VI – ausschließlich die Rentenversicherungspflicht Selbständiger. Ob diese Auslegung auf einen allgemeinen (sozial)versicherungsrechtlichen Grundsatz dahingehend, dass verschiedene nebeneinander ausgeübte Tätigkeiten (seien es selbständige Tätigkeiten und/oder abhängige Beschäftigungen) jeweils getrennt voneinander versicherungsrechtlich zu beurteilen sind (zu Mehrfachversicherungen: BSG, Urteil vom 13. September 1979 – 12 RK 26/77, abgedruckt in BSGE 49, 38 = SozR 2200 § 1227 Nr. 29), kann dahinstehen. Für eine enge Auslegung des Begriffs des Auftraggebers, die nur Verhältnisse selbständig Tätiger, nicht aber abhängig Beschäftigter erfasst, spricht aber, dass der für „arbeitnehmerähnliche“ Selbständige geschaffene Versicherungspflichttatbestand als Nr. 9 in einen (Gesamt)Zusammenhang mit den übrigen, selbständig Tätige erfassenden Versicherungspflichttatbeständen des § 2 Satz 1 SGB VI gestellt ist. Dieses Auslegungsergebnis ist auch im Hinblick auf den gesetzlichen (Schutz)Zweck geboten. Da es, wie dargelegt (BSG, Urteil vom 04. November 2009 – B 12 R 3/08 R und BSG, Urteil vom 24. November 2005 – B 12 RA 1/04 R), nicht auf die individuelle soziale Schutzbedürftigkeit des Versicherungspflichtigen ankommt, ist es für den sozialen Schutzbedarf des Selbständigen ohne Bedeutung, ob daneben noch ein Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigter besteht. Von diesem sozialen Schutzbedarf ausgehend ist es folgerichtig nicht wesentlich, ob die selbständige Tätigkeit hauptberuflich oder lediglich nebenberuflich, soweit die Grenze der Geringfügigkeit überschritten wird, neben einer Beschäftigung ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 04. November 2009 – B 12 R 7/08 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 2 Nr. 13)."
(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. März 2013 – L 22 R 881/10 –, juris)
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger als arbeitnehmerähnliche Person
Auch arbeitnehmerähnliche Selbständige können einzelne Arbeitnehmerschutzrechte zustehen, nämlich dann, wenn sie als arbeitnehmerähnliche Person in Sinne des Arbeitsrechts anzusehen sind.
Arbeitnehmerähnliche Personen sind zwar selbständige Unternehmer, aber von einem Auftraggeber wirtschaftlich abhängig. Sie sind wegen fehlender Eingliederung in eine betriebliche Organisation aber nicht persönlich abhängig wie ein Arbeitnehmer.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Personen, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind, arbeitnehmerähnliche Personen, insbesondere wenn sie aufgrund von Dienst- oder Werkverträgen für andere Personen tätig sind, die geschuldeten Leistungen persönlich und im Wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern erbringen und überwiegend für eine Person tätig sind oder ihnen von einem Auftraggeber im Durchschnitt mehr als die Hälfte des Entgelts zusteht, dass sie für ihre Erwerbstätigkeit insgesamt beanspruchen können.
Wenn ein arbeitnehmerähnlicher Selbständiger diese Vorgaben erfüllt, wird er bei einzelnen Vorschriften Arbeitnehmern gleichgestellt:
"Der Gesetzgeber hat zwar in einer Reihe von Vorschriften arbeitnehmerähnliche Personen Arbeitnehmern gleichgestellt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbSchG, § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG, § 1 Abs. 2 Nr. 1 BeschSchG, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG - in Kraft seit 18. August 2006 -, § 2 Satz 2 BUrlG, § 138 SGB IX, § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG)."
(BAG, Urteil vom 08. Mai 2007 – 9 AZR 777/06 –, Rn. 20, juris)
Praktisch von Bedeutung ist vor allem der Mindesturlaub von 20 bezahlten Arbeitstagen pro Jahr, der auch arbeitnehmerähnlichen Personen und damit vielen Solo-Selbständigen zusteht.
Das Kündigungsschutzgesetz und die Sonderkündigungsbestimmungen des § 9 Mutterschutzgesetzes sowie des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) finden keine Anwendung auf arbeitnehmerähnliche Personen und damit Selbständige.
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Urlaub
Der arbeitnehmerähnliche Selbständige hat, wenn er als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen ist, Anspruch auf den gesetzlichen bezahlten Mindesturlaub nach dem BUrlG. Dieser Anspruch kann durch vertragliche Regelungen nicht beseitigt werden. Die meisten arbeitnehmerähnlichen Selbständigen sind arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne von § 2 BUrlG:
§ 2 BUrlG Geltungsbereich
Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; für den Bereich der Heimarbeit gilt § 12.
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Kündigungsfrist
Falls keine vertragliche günstigere Regelung gilt, findet auf das Beschäftigungsverhältnis des arbeitnehmerähnlichen Selbständigen die Kündigungsfristregelung in § 621 BGB Anwendung. Bisher hat die Rechtsprechung sich nicht dazu durchgerungen, dem arbeitnehmerähnlichen Selbständigen den Schutz der Kündigungsfristen in § 622 BGB zuzubilligen.
So hat das Bundesarbeitsgericht ein Urteil des LAG Köln aufgehoben, dass auch arbeitnehmerähnlichen Selbständigen die Kündigungsfrist von Arbeitnehmern zugebilligt hatte:
"Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts sind arbeitnehmerähnliche Personen mit Arbeitnehmern im Bereich des Rechts der Kündigungsfristen nicht gleichgestellt." (BAG, Urteil vom 08. Mai 2007 – 9 AZR 777/06 –, Rn. 19, juris).
Bei anderen selbständigen Dienstnehmern, die weniger schutzbedürftig sind, nämlich Geschäftsführer, hat der BGH dagegen die Kündigungsfristen in § 622 BGB analog angewendet.
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Wettbewerbsverbot
Auch für arbeitnehmerähnliche Selbständige gelten die §§ 74 HGB. die ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur gegen Karenzentschädigung erlauben. Viele Regelungen in Verträgen mit sog. Soloselbständigen sind daher unwirksam, soweit sie ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot, eine Vertragsstrafenregelung oder eine Kundenschutzklausel enthalten.
"Denn die "Kundenschutzklausel" in § 10 des Vertrags vom 4.12.2002 und damit die Vertragsstrafenbestimmung unter der dortigen Ziffer 3 ist wegen des Fehlens einer Karenzentschädigung analog § 74 Abs. 2 HGB unwirksam.
Die unmittelbar nur Handlungsgehilfen betreffende Vorschrift des § 74 Abs. 2 HGB, wonach ein Wettbewerbsverbot nur verbindlich ist, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, ist wegen der vergleichbaren Schutzbedürfnisses nicht nur auf alle Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen, sondern allgemein auf wirtschaftlich abhängige freie Mitarbeiter entsprechend anwendbar (vgl. BGH NJW 2003, 1864, 1865; BAG NJW 1998, 99, 100 m.w.N.). Fehlt eine Vereinbarung über eine Entschädigung, braucht sich ein solcher Mitarbeiter nicht an das Wettbewerbsverbot zu halten; in einen solchen Fall fehlt es zugleich an einer Grundlage für den Vertragsstrafenanspruch."
(OLG Köln, Urteil vom 23. Februar 2005 – 27 U 19/04 –)
Das Arbeitsgerichts ist zunächst richtig davon ausgegangen, dass die §§ 74 ff. HGB auf die Rechtsverhältnisse wirtschaftlich abhängiger freier Mitarbeiter entsprechende Anwendung finden (BAG 21.01.1997 – 9 AZR 778/95 – NJW 1998, 99; BGH 10.04.2003 – III ZR 196/02 – NJW 2003, 1864).
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass weder das Bundesarbeitsgericht noch der BGH in den genannten Entscheidungen den Begriff der „arbeitnehmerähnlichen Person“ gebrauchen, sondern speziell von „wirtschaftlich abhängigen freien Mitarbeitern“ reden. Es kann indes dahinstehen, ob zu der festzustellenden wirtschaftlichen Abhängigkeit auch noch das Kriterium der entsprechenden sozialen Schutzbedürftigkeit hinzukommen muss, welches bei anderen Rechtsnormen zur Bestimmung der arbeitnehmerähnlichen Person herangezogen wird. Denn der Beklagte war – wenn er überhaupt als freier Mitarbeiter und nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren war, woran die Kammer erhebliche Zweifel hat - sowohl wirtschaftlich abhängig als auch einem entsprechenden Arbeitnehmer ähnlich sozial schutzbedürftig."
(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 23. Januar 2004 – 4 Sa 988/03 –, Rn. 18, juris)
"Nach der wohl überwiegenden Ansicht, der sich das Berufungsgericht anschließt, gilt § 74 HGB entsprechend für die Rechtsverhältnisse wirtschaftlich abhängiger freier Mitarbeiter, weil sie kaufmännischen Angestellten vergleichbar sozial schutzbedürftig sind (BAG, Urteil vom 21.01.1997 - 9 AZR 778/95 - EzA § 74 HGB Nr. 59; OLG München, Urteil vom 22.01.1997 - 7 U 4756/96 - NJW - RR 1998, 393 ff.; LAG Frankfurt, Urteil vom 12.06.1995 - 10 Sa 1159/94 - n. v.; OLG Frankfurt, Urteil vom 03.12.1993 - 2 U 32/93 -; Duden-Hopt, Handelsgesetzbuch, 28. Aufl. § 74 Anm. 1; v. Hoyningen-Huene, a. a. O., § 74 Rdanm. 8; Etzel, a. a. O., § 74 Rdanm. 2, jeweils mit weiteren Nachweisen)."
(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 02. Juni 1999 – 2 Sa 138/99 –, Rn. 46, juris)
"Der in § 6 des Rahmenvertrages vereinbarte Kundenschutz stellt sich als Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots zu Lasten des Beklagten dar. Eine solche Wettbewerbsabrede kann auch mit arbeitnehmerähnlichen Personen entschädigungslos nicht wirksam vereinbart werden.
Ein Wettbewerbsverbot im Sinne des § 74 Abs. 1 S. 1 HGB liegt dann vor, wenn zwischen den Vertragsparteien eine Vereinbarung geschlossen wurde, die den Arbeitnehmer für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt, gleichgültig, ob ihm eine unselbständige oder selbständige Berufsausübung untersagt wird (BAG, Urteil vom 15.12.1987 - 3 AZR 476/86 -, n. v. mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung und auf das Schrifttum). Dabei geht das Bundesarbeitsgerichts - im Gegensatz zu einem Teil des Schrifttums - davon aus, dass Unterlassungsverpflichtungen des Arbeitnehmers, die wirtschaftlich nicht zu einer relevanten Beschränkung der Betätigungsfreiheit führen, kein Wettbewerbsverbot im Sinne des § 74 Abs. 1 HGB darstellen (BAG, a. a. O. und die dort angeführten Nachweise)."
(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 02. Juni 1999 – 2 Sa 138/99 –, Rn. 36, juris)
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Kundenschutz
Zahlreiche Verträge mit Freelancern sehen Wettbewerbsverbote und Kundenschutzklauseln vor, so eine Umfrage des Freiberuflerforum GULP [2]
In der Regel sind auch sog. Kundenschutzklauseln mit arbeitnehmerähnlichen Selbständigen unzulässig:
"Auch das Bundesarbeitsgericht ist in seiner Entscheidung vom 16.08.1988 - 3 AZR 664/87 - n. v. davon ausgegangen, dass das Verbot, Kunden aus einer geheimzuhaltenden Liste nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu umwerben, ein entschädigungspflichtiges Wettbewerbsverbot darstellt. In gleicher Weise werden Mandantenschutzklauseln als Wettbewerbsverbote betrachtet, wenn sie über das hinausgehen, was den Angehörigen freier Berufe (z. B. Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern) bereits kraft Standesrecht verboten ist, und wenn sie dazu führen, dass es nach Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Anwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater allgemein verboten ist, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder als Selbständiger Mandanten des früheren Arbeitgebers zu betreuen (Etzel, a. a. O., § 74 Rdanm. 9 mit weiteren Nachweisen). Bei der Abgrenzung eines Wettbewerbsverbots von einer nur geringfügigen und nicht relevanten Einschränkung der beruflichen Betätigungsfreiheit ist in die Wertung einzubeziehen, dass die Freiheit der Berufsausübung in Grundgesetz geschützt und damit ein Recht von hohem Rang ist. Bei Abwägung der Gesamtumstände muss deshalb im Streitfall angenommen werden, dass es sich bei der Vertragsstrafenregelung in Wahrheit um ein Wettbewerbsverbot gehandelt hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass beide Parteien die Möglichkeit gehabt hätten, die Zahl der Kunden, für die der Beklagte nicht hätte tätig werden dürfen, gering zu halten, indem die Klägerin nur wenige Projekteinzelaufträge anbot oder der Beklagte entsprechende Angebote ausschlug. Entscheidend ist, dass nach dem Rahmenvertrag jedenfalls damit gerechnet werden musste, dass der Beklagte wegen einer größeren Zahl von Kundenkontakten in seiner beruflichen Betätigungsfreiheit in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt sein würde, falls er die Kundenschutzklausel beachtete."
(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 02. Juni 1999 – 2 Sa 138/99 –, Rn. 39, juris
Rentenversicherungspflichtiger Selbständiger
Rentenversicherungspflichtiger Selbständiger war bis zu einer Gesetzesänderung die Bezeichnung für den arbeitnehmerähnlichen Selbständigen. Beide Bezeichnungen sind daher deckungsgleich (synonym). Beide Bezeichnungen sind deskriptiv, die aktuelle Bezeichnung beschreibt den Status im Vergleich zum Arbeitnehmer, die Bezeichnung "Rentenversicherungspflichtiger Selbständiger" bezieht sich auf die Folge des Status.
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Scheinselbständigkeit
Selbständige aber auch deren Steuerberater glauben regelmäßig, dass es nur das Problem der Scheinselbständigkeit gibt. Die Rechtsfigur des "arbeitnehmerähnlichen Selbständigen" ist nicht bekannt und auch nicht die Folge dieses Status.
Grund hierfür ist, dass bis 2003 der fünf Merkmale umfassende Kriterienkatalog für die Vermutung der Scheinselbständigkeit die beiden Kriterien enthielt, die auch den arbeitnehmerähnlichen Selbständigen kennzeichen.
arbeitnehmerähnliche Personen
Freier Mitarbeiter
Befreiungsmöglichkeit von den Rentenversicherungspflicht
Arbeitnehmerähnliche Selbständige können sich unter engen Voraussetzungen von den Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Geregelt ist dies in § 6 SGB VI. [3]
§ 6 Befreiung von der Versicherungspflicht
(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit
(...)
(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit
1. für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt, 2. nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Tritt nach Ende einer Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 10 Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 ein, wird die Zeit, in der die dort genannten Merkmale bereits vor dem Eintritt der Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift vorgelegen haben, auf den in Satz 1 Nr. 1 genannten Zeitraum nicht angerechnet. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.
(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.
(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers.
(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung, nachdem in den Fällen
1.des Absatzes 1 Nr. 1 die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde, 2.des Absatzes 1 Nr. 2 die oberste Verwaltungsbehörde des Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat,
das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt hat. In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.
(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.
(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.
Vorsicht GmbH - Lösung oder Falle?
Beim arbeitnehmerähnlichen Selbständigen ist eine GmbH keine sinnvolle Lösung. In der Regel bietet sich als vorteilhafter die Beschäftigung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers an, weil dadurch zugleich auch das Risiko einer Einordnung als "scheinselbständig" sinkt.
Eine GmbH als juristische Person kann allerdings schon dem Wortlaut kein "arbeitnehmerähnlicher Selbständiger" sein.
GbR keine Lösung
Folgen einer Einordnung als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
Die Folgen einer Einordnung als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger treffen ausschließlich den Selbständigen, nicht seine Auftraggeber. Der arbeitnehmerähnliche Selbständige ist gesetzlich in der Rentenversicherung pflichtversichert.
Bei der Beitragshöhe besteht ein Wahlrecht: Es kann entweder der sog. Regelbeitrag bezahlt werden, anfangs auch der halbe Regelbeitrag, ohne jährlich das Arbeitseinkommen nachzuweisen.
Die Beiträge von arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen zur gesetzlichen Rentenversicherung richten sich in der Regel nach der sogenannten Bezugsgröße 2015, die 2.835,00 EUR West bzw. 2.415,00 EUR Ost beträgt sowie dem aktuellen Beitragssatz der Rentenversicherung (18,7,% für 2015). Für 2015 ergibt sich somit ein Regelbeitrag in Höhe von 530,15 EUR West bzw. 451,61 EUR Ost. Für die ersten drei Jahre nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit besteht die Möglichkeit, den Regelbeitrag zu halbieren. Der Antrag hierfür ist beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen.
Alternativ können auch einkommensabhängige Beiträge bei Nachweis des jeweiligen Arbeitseinkommens gezahlt werden. Die Beitragssatzverordnung 2015 senkt den Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung für 2015 auf 18,7 Prozent.
Für Existenzgründer bietet sich regelmäßig die erste Variante an.
Auf Antrag - aber auch nur auf Antrag - werden Existenzgründer für einen Zeitraum von 3 Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale nach § 2 Ziffer 9 erfüllt, sogar von der Rentenversicherungspflicht befreit. Dies gilt auch für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit.
Die Befreiung gilt ab dem Tage der Aufnahme der zur Versicherungspflicht führenden Tätigkeit, wenn der Antrag innerhalb der ersten drei Monate seit Aufnahme der Tätigkeit gestellt wurde. Der Antrag gilt auch noch dann rückwirkend, wenn der Antrag bis zum Ende des dritten Monats gestellt wird, danach nur noch für den verbleibenenden Rest der 3 Jahre.
Urteile zum arbeitnehmerähnlichen Selbständigen
Zwei Kriterien reichen Allein die Erfüllung der - notwendigen, aber auch hinreichenden und abschließenden - Voraussetzungen des § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 bewirkt die Zugehörigkeit eines Betroffenen zum versicherten Personenkreis und dessen vom Gesetz typisierend zugrunde gelegte (soziale) Schutzbedürftigkeit, ohne dass weitere (individuelle) Gesichtspunkte zu prüfen wären (vgl BSG vom 24.11.2005 - B 12 RA 1/04 R = BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7 RdNr 12). (BSG, Urteil vom 09. November 2011 – B 12 R 1/10 R –, BSGE 109, 265-280)
Auftraggeber sind nicht die Endkunden (oder Mandanten) Die Endabnehmern der Finanzprodukte kommen als Auftraggeber von vornherein nicht in Betracht, weil die Klägerin als Handelsvertreterin nicht selbst Partei der mit diesen zustande gekommenen Verträge war (zum Erfordernis vertraglicher Beziehungen vgl BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 8 RdNr 26; ferner BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12, RdNr 28 f: eines direkten Vergütungsanspruchs bedarf es indessen nicht). (BSG, Urteil vom 09. November 2011 – B 12 R 1/10 R –, BSGE 109, 265-280)
Energieelektroniker "Betriebstechnik" Schulung und Programmierung; Dozententätigkeit im EDV-Bereich Ergebnis: Rentenversicherungspflichtig (arbeitnehmerähnlicher Selbständiger) Bundessozialgericht, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R
GbR ist keine Lösung
"Zwar ist arbeitsrechtlich mittlerweile anerkannt, dass eine als Außengesellschaft verselbstständigte GbR Arbeitnehmer anstellen, also Arbeitgeber sein kann (vgl BAGE 113, 50 = BAG AP Nr 14 zu § 50 ZPO; zu dieser Entscheidung siehe zB Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl 2011, § 16 RdNr 8). Ob eine GbR jedoch für den hier zu prüfenden sozialversicherungsrechtlichen Kontext - Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers als Voraussetzung der Rentenversicherungspflicht des (einzelnen) Gesellschafters in seiner selbstständigen Tätigkeit - als von der natürlichen Person des Gesellschafters rechtlich und sachlich zu unterscheidende "Person" mit eigener Rechtssubjektivität und deshalb als eigenständiger Arbeitgeber anzusehen ist (vgl allgemein zum Begriff des Arbeitgebers im sozialversicherungsrechtlichen Sinne zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 f), ist offen. Der Senat hat eine solche eigene Rechtssubjektivität von Gesellschaften bisher nur im Verhältnis selbstständiger Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer GmbH als juristischer Person und dort auch nur im Zusammenhang mit der Prüfung angenommen, wer iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI Auftraggeber des selbstständigen Gesellschafter-Geschäftsführers ist (vgl BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7 RdNr 15 ff, 21 ff). Hierauf hat der Gesetzgeber mit der Ergänzung des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI und des § 2 S 4 SGB VI im HBeglG 2006 reagiert und angeordnet, dass bei (selbstständig tätigen geschäftsführenden) Gesellschaftern (einer juristischen Person, insbesondere von Kapitalgesellschaften) als Auftraggeber und Arbeitnehmer (auch) die Auftraggeber und Arbeitnehmer der Gesellschaft gelten und damit nicht das Innenverhältnis zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft, sondern die (Außen)Verhältnisse der Gesellschaft maßgebend sind (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses, aaO, BT-Drucks 16/1525 S 28 zu Art 11 Nr 1). Soweit es hingegen um die Rentenversicherungspflicht Selbstständiger als Gesellschafter von Personengesellschaften geht, scheint eine Beurteilung, die zwischen Außen- und Innenverhältnissen der Gesellschaft differenziert, nach Auffassung selbst der Entwurfsverfasser des HBeglG 2006 zweifelhaft. Schon sie gehen nämlich davon aus, dass Personengesellschaften im Verhältnis zu den sie begründenden natürlichen Personen sozialversicherungsrechtlich (gerade) keine eigenständigen Rechtssubjekte und die in diesem Sinne "eigenen" Personengesellschaften damit auch nicht Auftraggeber der jeweils selbstständig tätigen Personen nach § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI sein können (vgl BT-Drucks 16/1525, ebenda)."
(BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R –, juris)
Lücken bei der Beschäftigung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers
Eine regelmäßige Beschäftigung eines Arbeitnehmers im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe a SGB VI ist anzunehmen, wenn unbefristete Beschäftigungsverhältnisse oder befristete Beschäftigungen mit kontinuierlicher Abfolge für den Selbständigen ausgeübt werden (Fichte, in: Hauck/Noftz - SGB VI El. 2/07 - § 2 Rdnr. 81). Ebenso kann bei mehreren nacheinander ausgeübten Beschäftigungen von einer Regelmäßigkeit ausgegangen werden (vgl. etwa SG Lübeck, Urteil vom 20.03.2009 - S 15 R 551/07 - Rdnr. 35 ff. mwN, nach juris). Dabei können vereinzelte Zeiträume ohne Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers unbeachtlich sein, wenn sich nach der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, auch unter Berücksichtigung subjektiver Anhaltspunkte, eine immer wiederkehrende Beschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern darstellen lässt (SG Lübeck, ebenda) und eine manipulative Einflussnahme ausgeschlossen werden kann (vgl. BT-Drucks. 14/1855 S. 6).
(SG Karlsruhe, Urteil vom 20. Dezember 2011 – S 9 R 718/10 –, juris)
Ein Arbeitnehmer für eine GbR reicht nicht
"Wird ein (einziger) nach seinem tatsächlichen Status versicherungspflichtiger Arbeitnehmer für mehrere in einer GbR zusammengeschlossene Selbstständige tätig, so kann unter dem Blickwinkel des Sicherungsbedürfnisses bei der Auslegung nichts anderes gelten. Der versicherungspflichtige Arbeitnehmer wird von diesen iS des § 2 S 1 Nr 1, 2, 7 und 9 SGB VI nur in dem ihnen wirtschaftlich jeweils zuzurechnenden Umfang "beschäftigt". Entsprechend entfällt die Rentenversicherungspflicht eines selbstständigen Lehrers, der seine Tätigkeit als Mitunternehmer und Mitgesellschafter in einer GbR ausübt, nur dann, wenn sich bei einer Aufteilung des Arbeitsentgelts des Arbeitnehmers ergibt, dass auch mit diesem Entgeltanteil die Grenze des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV überschritten wird (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 5/04 R - juris RdNr 17 <Aufteilung des Arbeitsentgelts mehrerer Arbeitnehmerinnen auf zwei selbstständige Fahrlehrer, die als Mitunternehmer gemeinsam eine Fahrschule betrieben>). Diese Auslegung trägt dem Schutzzweck des § 2 S 1 Nr 1 SGB VI hinreichend Rechnung, der das Sicherungsbedürfnis der dort genannten Selbstständigen davon abhängig macht, ob diese allein wirtschaftlich dazu in der Lage wären, einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer zu beschäftigen."
(BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R –, juris)
Jede Tätigkeit ist einzeln zu betrachten
Übt ein Selbständiger aber mehrere selbständige Tätigkeiten aus, kann von einer Gesamttätigkeit ausgegangen werden, (jedenfalls) wenn zwischen den verschiedenen Tätigkeitsfeldern ein sachlicher Zusammenhang besteht. Dies gilt zumindest dann, wenn diese nicht unter den Katalog des § 2 Satz 1 Nr. 1 - 8 SGB VI fallen, sondern von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sowie einem außerhalb von § 2 SGB VI genannten Bereich erfasst werden. Mit Blick auf den mit § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI verfolgten Zweck, „arbeitnehmerähnliche" Selbständige wegen ihrer (typisierten) sozialen Schutzbedürftigkeit in die Rentenversicherungspflicht einzubeziehen, ist nicht vereinbar, den Versicherungspflichttatbestand auf Personen auszudehnen, die neben der selbständigen Tätigkeit in einem nicht unwesentlichen Umfang einer weiteren selbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen (vgl. auch Fichte, a.a.O., Rdnr. 82), die im sachlichen Zusammenhang steht. Eine Differenzierung und Aufgliederung selbständiger Tätigkeiten wirft erhebliche Fragen zur praktischen Durchführbarkeit auf (vgl. dazu Buchner, DB 1999, S. 1502, 1504) und stellt einen Eingriff in die unternehmerischen Freiheitsrechte dar. Dieser Auslegung von § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchst b SGB VI steht nach Ansicht der Kammer auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 04.11.2009 nicht entgegen. Die dort vertretene enge Auslegung des Begriffs „Auftraggeber" betraf die Beurteilung der Rentenversicherungspflicht einer Person, die nebeneinander eine selbständige Erwerbstätigkeit und eine abhängige Beschäftigung ausübte. Wenn hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Selbstständigen der Voraussetzung der Tätigkeit nur für einen Auftraggeber eine Indizwirkung beigelegt werden kann (BSG, Urteil vom 04.11.2009, a.a.O. Rdnr. 23), sind für die Prüfung des Wesentlichkeitsmerkmals in § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe b SGB VI daher – soweit dafür auf die Einnahmen des Klägers abgestellt wird – die Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit als Landwirt und Gesellschafter-Geschäftsführer in ihrer Gesamtheit einzubeziehen. (SG Karlsruhe, Urteil vom 20. Dezember 2011 – S 9 R 718/10 –, juris)
Mehrere Auftraggeber bei Konzernunternehmen
Für "einen Auftraggeber" iS von § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI sind Selbstständige auch dann tätig, wenn sie - insoweit relevante (vertragliche) - Beziehungen zwar zu mehreren Unternehmen - hier einer KG als Personengesellschaft und einer AG als Kapitalgesellschaft (und einem VVaG als rechtsfähigem Verein) - unterhalten, diese jedoch iS des § 18 Aktiengesetz (AktG) als Konzernunternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind. Dies ergibt eine Auslegung des Begriffs "ein Auftraggeber" in § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI. Im Hinblick darauf, dass ein eindeutiger Wortsinn dieses Begriffs nicht ermittelt werden kann (dazu im Folgenden aa), folgt dieses weite Verständnis vor allem aus dem mit der Norm verfolgten (Schutz)Zweck, "arbeitnehmerähnliche" Selbstständige in die Rentenversicherungspflicht einzubeziehen (dazu bb). Gegen dieses Auslegungsergebnis erhobene Einwände greifen nicht durch, insbesondere werden die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung dadurch entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht überschritten (dazu cc).
aa) Bereits in seinen Urteilen vom 4.11.2009 (BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12, RdNr 17; BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 17) hat der Senat dargelegt, dass dem Begriff "Auftraggeber" in § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI ein eindeutiger Wortsinn nicht zu entnehmen ist. Angesichts des Umstands, dass für den Begriff eine gesetzliche Festlegung (etwa im Sinne einer Legaldefinition) fehlt, muss Ausgangspunkt der Auslegung der juristische oder jedenfalls allgemeine Sprachgebrauch sein. Die Bedeutung des Wortes "Auftraggeber" ist danach offen.
Aus der Gesetzgebungsgeschichte des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI und des § 7 SGB IV (vgl hierzu ausführlich BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12, RdNr 18 ff) ergibt sich indessen, dass in den verschiedenen Gesetzgebungsverfahren die Problematik verbundener, rechtlich selbstständiger Unternehmen gesehen und insoweit - auch im Kontext des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI - ein Regelungsbedarf angenommen worden ist. Zwar kann aus den Begründungen der jeweiligen Gesetzentwürfe - namentlich des Entwurfs eines "Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte" vom 17.11.1998 (Entwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks 14/45; "Korrektur-Gesetz") und des Entwurfs eines "Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit" vom 26.10.1999 (Entwurf der gleichen Fraktionen, BT-Drucks 14/1855) für eine Auslegung des Begriffs "ein Auftraggeber" - unmittelbar nichts entnommen werden. Hinsichtlich der Frage, wer Auftraggeber ist, verweist die Begründung zu § 7 SGB IV des Entwurfs eines Korrektur-Gesetzes (BT-Drucks 14/45 S 20 zu Art 3 Nr 1 <§ 7>) insoweit lediglich auf die "zugrundeliegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen" (vgl hierzu Bauer/Diller/Lorenzen, NZA 1999, S 169, 172, die daraus allerdings den Schluss ziehen, mehrere Konzernunternehmen seien prinzipiell auch mehrere Auftraggeber). Indessen kann zur Konkretisierung des Begriffs "ein Auftraggeber" an frühere, an den damaligen parlamentarischen Mehrheiten im Deutschen Bundestag gescheiterte Entwürfe eines Gesetzes zur Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit aus den Jahren 1996 und 1997 (<Gesetzentwurf der Fraktion der SPD> BT-Drucks 13/6549 bzw <Gesetzentwurf des Bundesrats> BT-Drucks 13/8942) angeknüpft werden (vgl hierzu bereits BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12, RdNr 20). Danach war beabsichtigt, in § 7 SGB IV einen neuen Absatz 4 einzufügen. Dessen Satz 2 sollte eine Legaldefinition enthalten, wonach Auftraggeber (auch) "jede … Personengesamtheit (ist), die im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut …". An die Vorstellungen der Verfasser dieser Gesetzentwürfe, die später abgelehnt worden sind, hat der Gesetzgeber mit dem Korrektur-Gesetz vom 19.12.1998 und den folgenden Änderungsgesetzen nachvollziehbar angeknüpft (vgl insoweit schon BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12, RdNr 21). Danach war auch im Hinblick auf den politischen Zweck der Neuregelungen als Konsequenz gewollt, dass der Begriff "ein Auftraggeber" in § 7 Abs 4 SGB IV in diesem Sinne "weit" verstanden werden sollte. Das ergibt sich vor allem aus den Beratungen zum Korrektur-Gesetz vom 19.12.1998. So hat etwa die Abgeordnete Schwaetzer <FDP> in der 1. Beratung zum Korrektur-Gesetz am 20.11.1998 (Plenarprotokoll 14/9 S 529) auf die Verhältnisse eines Auftragnehmers hingewiesen, der eine Tätigkeit für "Tochterfirmen eines einzigen Konzerns" ausübt, die "in Wirklichkeit nur eine Firma" sind. Diesem im Kontext der Regelungen zur Bekämpfung der sog Scheinselbstständigkeit gewonnenen Verständnis einer grundsätzlich weiten Auslegung muss auch bei dem Tatbestandsmerkmal "ein Auftraggeber" in § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI maßgebende Bedeutung zukommen (vgl zu diesem Zusammenhang bereits BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12, RdNr 22).
bb) Diese Auslegung ist vor allem im Hinblick auf den gesetzlichen (Schutz)Zweck des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI geboten.
Unter teleologischen Gesichtspunkten ist es notwendig, wenn dieser Versicherungspflichttatbestand auch auf Selbstständige angewandt wird, die (vertragliche) Beziehungen zu mehreren, rechtlich selbstständigen, aber iS des § 18 AktG unter einheitlicher Leitung zusammengefassten (Konzern)Unternehmen unterhalten. Steht der Selbstständige als Vertragspartner einer solchen (aktien)konzernrechtlich relevanten Verbindung rechtlich eigenständiger Unternehmen gegenüber, die durch eine die Interessen der einzelnen (zusammengefassten) Unternehmen überlagernde Willensbildung geprägt ist (vgl - beruhend auf dem gesetzgeberischen Gedanken, Einfluss auf den Prozess der Unternehmenskonzentration zu nehmen - zu Autonomieverlust und Abhängigkeit als zentralen Ansatzpunkten für das Recht der verbundenen Unternehmen - zB K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl 2002, § 17 II., S 491 ff; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, 9. Aufl 2008, S 8 ff; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, 11. Aufl 2000, S 66 f), so besteht letztlich im Kern eine Situation, wie sie der Gesetzgeber für die Einbeziehung von selbstständig Tätigen mit nur einem Auftraggeber in die Rentenversicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI zum Anlass genommen hat. Im Hinblick darauf, dass in einem Konzern iS von § 18 AktG wesentliche unternehmerische Leitungsfunktionen in zentralen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit, aber auch darüber hinaus einheitlich bzw koordiniert wahrgenommen werden, besteht für den Selbstständigen hier nämlich in ähnlicher Weise wie bei der Tätigkeit für nur ein einziges Unternehmen ein spezifisches Abhängigkeitsverhältnis, das sich typischerweise in einem Schutzbedürfnis niederschlägt, an das § 2 S 1 Nr 9 SGB VI anknüpft.
(1) § 2 S 1 Nr 9 SGB VI bezieht selbstständig Tätige in die Rentenversicherungspflicht ein, die nach Auffassung des Gesetzgebers insoweit nicht weniger sozial schutzbedürftig sind als die sonstigen bereits früher von § 2 S 1 SGB VI erfassten Selbstständigen (vgl BT-Drucks 14/45, aaO, S 20 zu Art 4 Nr 3 <§ 2>). Als kennzeichnend für diesen Personenkreis wurde dabei nicht - wie bei zuvor erfolgten Ausweitungen der Rentenversicherungspflicht auf Selbstständige - die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen angesehen, vielmehr wurden abstrakt und berufsgruppenübergreifend typische Tätigkeitsmerkmale als wesentliches Kriterium für die Versicherungspflicht herangezogen, ua das Merkmal, auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig zu sein. Der Senat hat im Zusammenhang mit den in § 2 S 1 Nr 9 SGB VI unter Buchst a und Buchst b geregelten Voraussetzungen ausgeführt, dass diesen eine Indizwirkung für die wirtschaftliche Lage des selbstständig Tätigen beigelegt werden durfte, und darauf hingewiesen, dass die Anknüpfung an die wirtschaftliche Lage des Selbstständigen als Parameter der sozialen Schutzbedürftigkeit von ihm schon früher für zulässig gehalten worden ist (vgl BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 8 RdNr 22; ferner BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12, RdNr 24, und BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 23). Der Senat hat in seiner Rechtsprechung andererseits dargelegt, dass ein unbestimmter (rechtspolitischer) Begriff des "arbeitnehmerähnlichen" Selbstständigen im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden hat und die "Arbeitnehmerähnlichkeit" der betroffenen Selbstständigen - wie bereits erörtert (dazu oben aa) - notwendig, aber auch stets hinreichend und abschließend in den normativen und allein subsumtionsfähigen Kriterien des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI zum Ausdruck kommt (vgl BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 26). Im Hinblick hierauf können von dem Normkonzept des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI typischerweise auch selbstständig tätige Personen erfasst werden, die einer (qualifizierten) Verbindung von Unternehmen gegenüberstehen.
(2) Allgemein sind Unternehmensverbindungen solche, in denen selbstständige Rechtsträger, die am Markt (als Anbieter) tätig werden, (lediglich) organisationsrechtlich zusammengeschlossen sind. (Gesellschafts)Rechtlich bilden die solchermaßen "verbundenen" Unternehmen keine rechtliche Einheit, weil es häufig weder ein auf die Konstituierung einer solchen Einheit gerichtetes Rechtsgeschäft gibt, noch Unternehmensverbindungen durch Gesetz "verfasst" werden (vgl hierzu ausführlich zB K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, aaO, § 17, S 486 ff; § 31, S 934 ff; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl 2010, SchlAnhKonzernR RdNr 32 f). Eine Verbindung in diesem allgemeinen Sinne ist nicht auf Aktiengesellschaften beschränkt und kann daher auch aus Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften bestehen, sowie unter Einbeziehung von Einzelkaufleuten, Freiberuflern oder gemeinnützigen Rechtsträgern erfolgen (vgl zB Zöllner, ebenda, RdNr 11; Vetter in K. Schmidt/Lutter, AktG Kommentar, 2. Aufl 2010, § 15 RdNr 2 mwN in Fn 1). In seinem originären Zusammenhang ist das - das Gesellschaftsrecht wie andere Bereiche des Wirtschaftsrechts ergänzende und überlagernde - Recht der verbundenen Unternehmen im Wesentlichen ein Schutzrecht (in diesem Sinne explizit K. Schmidt, aaO, § 17 II 1. a), S 491 und § 31 I 2., S 935), welches in seinen Auswirkungen auch in andere Rechtsgebiete und Regelungsbereiche hineinreichen kann. Im Hinblick auf die bei einer Unternehmensverbindung wegen der unternehmensübergreifenden Interessenverfolgung für den Wirtschafts- und Rechtsverkehr bestehenden typischen Gefahren für betroffene abhängige Unternehmen, Minderheitsgesellschafter ebenso wie für externe konzernfremde Geschäftspartner und Gläubiger hat das Recht der verbundenen Unternehmen neben dem gesellschaftsrechtlichen Minderheitenschutz gleichermaßen den Gläubigerschutz im Blick (vgl K. Schmidt, aaO, § 17 I 1. a) und II, S 486, 491 ff: Eindämmung von Legitimations-, Zurechnungs- und Haftungsproblemen als Schutzanliegen; ferner zB: Emmerich/Habersack, aaO, S 7 f; Kraft/Kreutz, aaO, S 67; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Aufl 2010, § 50 RdNr 13; Vetter, aaO, § 15 AktG RdNr 13; Hüffer, AktG, 5. Aufl 2002, § 15 RdNr 3).
(3) Eines in der Zielrichtung - jedenfalls teilweise - vergleichbaren Schutzes betroffener Dritter gegen die aus der unternehmensübergreifenden Leitung verbundener Unternehmen folgenden Gefahren bedarf es auch bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Versicherungspflicht des von der Klägerin repräsentierten Personenkreises in der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch in diesem Bereich kann das Maß des Schutzes einer natürlichen Person, die als Selbstständige ihre wesentliche Geschäftstätigkeit für miteinander verbundene Unternehmen ausübt, im Ergebnis oftmals nicht anders beurteilt werden als in dem Fall, in dem ihr nur ein einziger Vertragspartner als Auftraggeber gegenübersteht. Ist eine Person - zB als Handelsvertreter - Geschäftspartner (und Gläubiger) mehrerer verbundener Unternehmen und für diese selbstständig tätig, so kann eine bei einer Unternehmensverbindung von den Interessen der einzelnen Unternehmen losgelöste und gebündelte Willensbildung etwa dazu führen, dass - unter Übergehen der "Autonomie" der Einzel-Unternehmen - in wesentlicher Beziehung über das Einsatzfeld und die Konditionen des Tätigwerdens der selbstständigen Person einheitlich bzw in abgestimmter Weise Festlegungen getroffen werden. Im Extremfall ist etwa denkbar, dass eine Vertragsbeendigung aus Gründen, die in der Tätigkeit für ein einzelnes Unternehmen liegen, wegen des Einflusses überlagernder "Gemeinschaftsinteressen" auch die Beendigung des Vertrages mit dem anderen Unternehmen zur Folge hat.
Die Annahme, es liege iS von § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI "ein Auftraggeber" vor, ist jedoch nicht schon von vornherein geboten, wenn es eine oder mehrere personelle (Teil)Übereinstimmungen bei den als Organe von Gesellschaften handelnden natürlichen Personen gibt. Eine solche Annahme kommt nach geltendem Recht vielmehr nur unter weitergehenden, qualifizierten Voraussetzungen in Betracht, nämlich dann, wenn die (rechtlich eigenständigen) Unternehmen, für die der Selbstständige tätig ist, einen Konzern iS des § 18 AktG bilden (so auch die Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 19.1.1999, 18.8.1999 und 20.12.1999; weitergehend: Rundschreiben vom 26.3.2003 und 5.7.2005; ferner Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand Juni 2011, § 2 RdNr 87; Pietrek, in JurisPK - SGB VI, Stand 2008, § 2 RdNr 189; Bieback, SGb 2000, 189, 194; Försterling, Scheinselbstständigkeit und Arbeitnehmerähnlichkeit, 2000, S 19; mit Blick ua auf das Arbeitsrecht aA: Bauer/Diller/Lorenzen, NZA 1999, 169, 172; Bengelsdorf, NJW 1999, 1817, 1823 f; Buchner, DB 1999, 533 f, 1504; Hohmeister, NZA 1999, 337, 341; Heinze, JZ 2000, 332, 334; kritisch: Reiserer/Biesinger, BB 1999, 1006, 1009). Die Relevanz von Unternehmensverbindungen (vgl zur Vielgestaltigkeit der Unternehmensverbindungen allein im Aktienrecht Bayer in Kropff/Semler, MünchKomm AktG, 2. Aufl 2000, § 15 RdNr 1 ff) für das Recht der Versicherungspflicht Selbstständiger in der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt der Senat auf solche Verbindungen, die dem Konzernbegriff des § 18 AktG unterfallen (zur Heranziehung dieses Konzernbegriffs im Sozialrecht allgemein vgl bereits BSG Urteil vom 23.2.2011 - B 11 AL 14/10 R, BSGE 107, 249 = SozR 4-4170 § 3 Nr 3, RdNr 28; BSG SozR 4-4300 § 147a Nr 10 RdNr 21).
Nach § 18 Abs 1 S 1 Halbs 1 AktG liegt ein (Unterordnungs)Konzern vor, wenn mehrere verbundene Unternehmen bestehen, von denen eines herrschend ist und eines oder mehrere abhängig sind, die unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind; nach Abs 2 Halbs 1 der Regelung können selbstständige Unternehmen auch ohne Vorliegen einer Abhängigkeit bei Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung einen "Gleichordnungskonzern" bilden (vgl dazu näher Bayer, aaO, § 18 AktG RdNr 49 ff). Entscheidend und zentrale Voraussetzung für einen Konzern ist dabei, dass eine "Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung" stattfindet.
An die Vorstellungen des Gesetzgebers zum Konzernbegriff iS von § 18 AktG ist auch im Kontext des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI anzuknüpfen. Für diese Sichtweise spricht, dass auch in vielen anderen Bestimmungen im Geltungsbereich des SGB, namentlich im Sozialversicherungs- und Arbeitsförderungsrecht an die Wertungen des § 18 AktG angeknüpft worden ist. So ist sowohl in § 1 S 4 SGB VI (idF des Gesetzes vom 27.12.2003, BGBl I 3013) als auch in § 27 Abs 1 Nr 5 S 2 SGB III (Ursprungsfassung vom 24.3.1997, BGBl I 594) explizit geregelt, dass "Konzernunternehmen iS des § 18 des Aktiengesetzes" als "ein Unternehmen" gelten. Diese Bestimmungen ordnen für nach § 1 S 1 Nr 1 SGB VI bzw § 25 Abs 1 S 1 SGB III (grundsätzlich) versicherungspflichtige Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft eine Ausnahme von der Rentenversicherungspflicht bzw Versicherungsfreiheit an. Obwohl diese Regelungen die Beschäftigten(pflicht)versicherung und hier den - umgekehrten - Fall der "Entlassung" aus dem versicherten Personenkreis betreffen, besteht gleichwohl ein deutlicher Bezug zur im vorliegenden Rechtsstreit einschlägigen Thematik der Versicherungspflicht. Dass der Gesetzgeber seine Vorstellungen in den genannten Regelungen im Rahmen eines Ausnahme- und nicht eines Grundtatbestandes niedergelegt hat, ist ohne Belang, weil vorliegend nicht zu beurteilen ist, ob der Ausnahmetatbestand (selbst) analogiefähig ist. Eine sozialrechtliche Anknüpfung an das Konzernrecht findet sich ferner in § 147a Abs 5 S 1 SGB III (dazu zuletzt BSG <11. Senat> SozR 4-4300 § 147a Nr 10; vgl ferner bereits die Vorgängerregelung des § 128 Abs 5 AFG), wonach "Konzernunternehmen iS des § 18 des Aktiengesetzes" bei der Ermittlung der Beschäftigungszeiten als ein Arbeitgeber gelten. Im Zusammenhang mit der für die Erstattungspflicht des Arbeitgebers notwendigen Bestimmung des Umfangs der Beschäftigungszeiten verbietet die Vorschrift eine bloß isolierte, auf das jeweilige Unternehmen bezogene Betrachtungsweise. Das SGB beschränkt die (alleinige) Relevanz von Unternehmensverbindungen auf solche iS von § 18 AktG im Übrigen auch im Zusammenhang mit anderen Fragestellungen (vgl § 216a Abs 3 und § 216b Abs 7 SGB III, § 7e Abs 3 SGB IV; ferner § 8a Abs 1 S 2 Altersteilzeitgesetz (AltTZG); vgl im Übrigen auch im Arbeitsrecht: § 5 Mitbestimmungsgesetz, § 54 Abs 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), § 12a TVG, § 1 Abs 3 Nr 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz).
Die dargestellte Beschränkung des (Sozial)Gesetzgebers auf den Konzerntatbestand des § 18 AktG lässt sich im Übrigen nachvollziehbar erklären. Sie beruht zum einen darauf, dass das Recht der verbundenen Unternehmen allein im Aktienrecht eine umfassende Regelung erfahren hat, während sich ein entsprechendes rechtsformübergreifendes Recht - teilweise in Analogiebildung zum Aktienrecht - noch in der Entwicklung befindet (vgl K. Schmidt, aaO, § 17 III, S 499). Sie hat ihren Grund zum anderen darin, dass die anderen aktienrechtlichen Unternehmensverbindungen nur die (bloße) Abhängigkeit ohne einheitliche Leitung erfassen und das Recht des im AktG geregelten Konzerns trotz seiner "Treffunsicherheit" (vgl Zöllner, aaO, RdNr 30 f) im Vergleich rechtlich am stärksten durchgeformt ist.
cc) Gegen die vorstehend hergeleitete Auslegung erhobene Einwände greifen nicht durch, insbesondere werden durch sie die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht überschritten.
(1) Gegen die Anwendung des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI auf die Verhältnisse bei selbstständiger Tätigkeit für einen Konzern iS von § 18 AktG spricht nicht, dass der Senat in seinem Urteil zu den (Allein)Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH vom 24.11.2005 (BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7) entschieden hat, dass verfassungsrechtlich wie einfachgesetzlich im Sozialrecht eine Verpflichtung besteht, die vom bürgerlichen Recht gewährleistete und ausgestaltete eigenständige Existenz und Handlungsfähigkeit juristischer Personen rechtlich zugrunde zu legen, wenn eine spezialgesetzliche Ermächtigung fehlt, von den vom Gesetzgeber insoweit getroffenen grundsätzlichen Wertungen abzuweichen (ebenda RdNr 18). Der Senat hat unter Hinweis auf zivilgerichtliche Rechtsprechung weiter ausgeführt, dass über die Rechtsfigur der juristischen Person nicht leichtfertig und schrankenlos hinweggegangen werden darf bzw die grundlegenden gesetzlichen Regelungen der rechtlichen Verhältnisse insoweit nicht vernachlässigt werden dürfen (ebenda RdNr 20).
Hiermit steht das dargestellte Auslegungsergebnis nicht im Widerspruch (aA aber im Ergebnis Hohmeister, NZA 1999, 337, 341 unter Hinweis auf eine Abweichung von der gesellschaftsrechtlichen Systematik). Denn zu den im Sozialrecht zu beachtenden grundlegenden gesetzlichen Regelungen der rechtlichen Verhältnisse gehört auch die das (allgemeine) Gesellschaftsrecht ergänzende und überlagernde Rechtsmaterie des Rechts der verbundenen Unternehmen, das im Innen- wie im Außenverhältnis zu (konzernrechts)spezifischen Pflichten und Bindungen der beteiligten Unternehmen führt (vgl zu den an das Bestehen eines Konzerns anknüpfenden Rechtsfolgen zB Bayer, aaO, § 18 RdNr 16 ff; Vetter in K. Schmidt/Lutter, aaO, § 15 AktG RdNr 4 ff). Kommt es für die Anwendung des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI in Fällen wie dem vorliegenden mithin (nur) darauf an, ob (objektiv) der Konzerntatbestand erfüllt ist oder nicht, so sind auch die Motive für im Einzelfall getroffene unternehmerische Organisationsentscheidungen grundsätzlich unbeachtlich. Werden unternehmerische Entscheidungen über die Ausgliederung bestimmter Geschäftsfelder und die Neugründung von Unternehmen getroffen, so ist das rechtlich zulässig und deshalb selbst dann hinzunehmen, wenn diese Maßnahmen - wie das Rundschreiben der X. KG vom 25.6.2004 nahelegt - im Ergebnis auch dazu dienen sollten, das Eingreifen sozialrechtlicher Belastungen zu verhindern. Hierin allein liegt nicht per se eine von der Rechtsordnung missbilligte Gestaltung.
(2) Gegen diese Auslegung lässt sich auch nicht anführen, dass der 11. Senat des BSG jüngst in seinem Urteil vom 23.2.2011 - B 11 AL 14/10 R (BSGE 107, 249 = SozR 4-4170 § 3 Nr 3; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 49 Nr 2) für den Anspruch eines "Arbeitgebers" auf Leistungen nach § 3 AltTZG einen Rückgriff auf das Konzernrecht verneint hat; denn im dort entschiedenen Fall ging es nicht um die Bestimmung der Reichweite des sozialrechtlichen Schutzes Dritter, sondern um die Reichweite einer auf "denselben" Arbeitgeber beschränkten gesetzlichen Grundlage für dessen Leistungsanspruch.
(3) Der Anwendung des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI auf selbstständige Tätigkeiten für Konzernunternehmen iS von § 18 AktG kann ferner nicht entgegengehalten werden, sie stehe "nicht auf dem Boden des Arbeitsrechts", solange ein "Konzernarbeitgeber" nicht anerkannt sei (vgl Heinze, JZ 2000, 332, 334), bzw, Anknüpfungspunkt für das Arbeitsverhältnis sei nach wie vor das einzelne Konzernunternehmen; "konzerndimensional" sei das Arbeitsverhältnis nur bei entsprechender vertraglicher Ausgestaltung (vgl Buchner, DB 1999, 533 f, 1504, 2517). Schon die Prämisse, dass ein "Auftraggeber" iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI einem Arbeitgeber in diesem arbeitsrechtlichen bzw sozialversicherungsrechtlichen Sinne "ähnlich" sein müsse, so dass ein Konzern (auch) kein Auftraggeber sein könne, trifft nicht zu. Ob der Tatbestand des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI erst dann erfüllt ist, wenn der Auftraggeber einem (besonderen) Erfordernis der "Arbeitgeberähnlichkeit" genügt, hat der Senat bislang offen gelassen (vgl BSGE 105, 46 = SozR 4-2600 § 2 Nr 12, RdNr 28: Kunden als Auftraggeber?). Diese Frage ist nunmehr dahin zu beantworten, dass es einer solchen "Arbeitgeberähnlichkeit" des "Auftraggebers" nicht bedarf. Dem Tatbestand des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI lässt sich eine Eingrenzung auf einen bestimmten Kreis von "Auftraggebern" nicht entnehmen. Ebenso zeigt die dargestellte Entwicklung der Gesetzgebungsvorhaben zur Regelung des Phänomens der Scheinselbstständigkeit (dazu oben 2. e. aa), dass es bei § 2 S 1 Nr 9 SGB VI - anders als bei dem nicht Gesetz gewordenen Entwurf eines § 7 Abs 4 SGB IV - gar nicht (mehr) darum geht, ein erweitertes Verständnis von der Beschäftigten- bzw Arbeitnehmereigenschaft in den Sozialversicherungszweigen umzusetzen, sondern vielmehr darum, den Kreis der versicherungspflichtigen Selbstständigen - beschränkt auf die gesetzliche Rentenversicherung - zu erweitern.
Auch hat der Senat bei der Auslegung des Begriffs "Auftraggeber" schon in der Vergangenheit streng zwischen der Rentenversicherungspflicht "Beschäftigter" und der Rentenversicherungspflicht "Selbstständiger" unterschieden und ausgeführt, dass im Zusammenhang mit § 2 S 1 Nr 9 SGB VI Auslegungshorizont insoweit (ausschließlich) die Tätigkeit Selbstständiger ist, mit der Folge, dass Arbeitgeber einer abhängigen Beschäftigung als (weitere) Auftraggeber nicht in Betracht kommen (vgl BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 13 RdNr 18 ff). Kann aber ein Arbeitgeber kein Auftraggeber iS von § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI sein, so erschließt sich - angesichts der strengen thematischen Unterscheidung zwischen der Rentenversicherungspflicht Beschäftigter und der Rentenversicherungspflicht Selbstständiger - nicht, warum dann - umgekehrt - ein Auftraggeber (außerdem) die Züge eines Arbeitgebers tragen soll, um den Tatbestand des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI zu erfüllen.
Ebenso wenig könnte für die Forderung nach einer "Arbeitgeberähnlichkeit" des Auftraggebers etwas daraus hergeleitet werden, dass "arbeitnehmerähnliche" Selbstständige iS des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI den "arbeitnehmerähnlichen (selbstständigen) Personen" des Arbeitsrechts entsprechen. Der Senat hat schon Zweifel daran, ob der von dieser Regelung erfasste Personenkreis das sozialversicherungsrechtliche Spiegelbild der "arbeitnehmerähnlichen Person" des Arbeitsrechts ist, weil letztere im Tatbestand zusätzlich dadurch gekennzeichnet ist, dass sie "vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig" sein muss (vgl nur § 12a Abs 1 Nr 1 TVG). Das BAG hat hieraus entnommen, dass die geleisteten Dienste nach ihrer soziologischen Typik denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sein müssen (vgl etwa BAG AP Nr 1 zu § 12a TVG, mwN; s auch Rspr zitiert bei Jacobs, ZIP 1999, 1549, 1551 Fn 18). Eine solche Einschränkung enthält § 2 S 1 Nr 9 SGB VI (gerade) nicht (so ausdrücklich Bauer/Diller/Lorenzen, NZA 1999, 169, 174; Jacobs, ZIP 1999, 1549, 1551; aA wohl Buchner, DB 1999, 146, 151; derselbe, BB 1999, 533, 534; ferner Heinze, JZ 2000, 332, 337). Der Senat kann diese Frage aber unbeantwortet lassen. Denn eine - solchermaßen angenommene - Gleichsetzung des Selbstständigen im Arbeitsrecht und im Sozialversicherungsrecht zwänge jedenfalls nicht dazu, den Begriff des "Auftraggebers" im Sozialversicherungsrecht, für den der Selbstständige tätig ist, einschränkend auszulegen.
(4) Soweit darüber hinausgehend bereits allein aus der Bezeichnung des Selbstständigen als "arbeitnehmerähnlich" abgeleitet wird, dass der Auftraggeber "arbeitgeberähnlich" sein müsse, trägt auch dieses Argument nicht. Wie schon oben unter 2. e. bb. (1) dargelegt, ist der Begriff "arbeitnehmerähnlicher" Selbstständiger ausschließlich rechtspolitischer Natur und kann von einer "Arbeitnehmerähnlichkeit" des Selbstständigen allenfalls insoweit gesprochen werden, als darunter eine Bezeichnung für den gesetzlichen Tatbestand ohne Verwendung der Gesetzessprache verstanden wird (vgl so ausdrücklich BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 26). Insoweit kann auch das mit der "Arbeitnehmerähnlichkeit" des Selbstständigen korrespondierende Attribut der "Arbeitgeberähnlichkeit" seines Auftraggebers kein zusätzliches Tatbestandsmerkmal des Auftraggeberbegriffs sein.
(5) Gegen das Auslegungsergebnis lässt sich nach alledem zusammenschauend - entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung - nicht mit Erfolg anführen, das gewonnene Verständnis des Begriffs "ein Auftraggeber" stelle eine unzulässige, die Grenzen der Auslegung verlassende richterliche Rechtsfortbildung dar, weil sie die Voraussetzungen methodisch geleiteter Rechtsfortbildung nicht beachte. Denn der Senat füllt nicht etwa im Wege der Analogie eine bestehende Gesetzeslücke aus, sondern präzisiert lediglich die gesetzgeberische Grundentscheidung des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI, bestimmte weitere Selbstständige in die Rentenversicherungspflicht einzubeziehen, indem er das Tatbestandsmerkmal "ein Auftraggeber" ausfüllt. Die genannte Bestimmung regelt die Verhältnisse umfassend.
Der Senat ist sich der Grenzen der Rechtsfortbildung bewusst. So sieht er nach den vorstehenden Ausführungen andere "Unternehmensverbindungen" als diejenigen, auf die § 18 AktG zur Anwendung gelangt, nicht als "einen Auftraggeber" iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI an. Zwar wird - unter Bezugnahme auf Bestimmungen vor allem des Arbeitsrechts (vgl zB § 12a Abs 2 TVG, § 1 BetrVG, § 92a Abs 2 HGB) oder arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hierzu - vertreten, auch Unternehmen als "Kooperationspartner", in "Organisationsgemeinschaften", "nicht nur vorübergehenden Arbeitsgemeinschaften" oder sogar Zusammenschlüsse von Unternehmen, die (lediglich) zur "Führung eines gemeinsamen Betriebes" tätig sind, stellten "einen Auftraggeber" im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dar (vgl nur Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 5.7.2005). Dem läge indessen ein Verständnis des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI zugrunde, das sich außerhalb der einer zulässigen Gesetzesauslegung gesetzten Grenzen bewegt. Es wäre Sache des Gesetzgebers selbst, § 2 S 1 Nr 9 SGB VI - etwa nach dem Vorbild der genannten Vorschriften - entsprechend zu ergänzen. (BSG, Urteil vom 09. November 2011 – B 12 R 1/10 R –, BSGE 109, 265-280)
Andere Zusammenarbeitsformen bei Unternehmen
Andere "Unternehmensverbindungen" als diejenigen, auf die § 18 AktG zur Anwendung gelangt, sieht das BSG nicht als "einen Auftraggeber" iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI an. Zwar wird - unter Bezugnahme auf Bestimmungen vor allem des Arbeitsrechts (vgl zB § 12a Abs 2 TVG, § 1 BetrVG, § 92a Abs 2 HGB) oder arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hierzu - vertreten, auch Unternehmen als "Kooperationspartner", in "Organisationsgemeinschaften", "nicht nur vorübergehenden Arbeitsgemeinschaften" oder sogar Zusammenschlüsse von Unternehmen, die (lediglich) zur "Führung eines gemeinsamen Betriebes" tätig sind, stellten "einen Auftraggeber" im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dar (vgl nur Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 5.7.2005). Dem läge indessen ein Verständnis des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI zugrunde, das sich außerhalb der einer zulässigen Gesetzesauslegung gesetzten Grenzen bewegt. Es wäre Sache des Gesetzgebers selbst, § 2 S 1 Nr 9 SGB VI - etwa nach dem Vorbild der genannten Vorschriften - entsprechend zu ergänzen. (BSG, Urteil vom 09. November 2011 – B 12 R 1/10 R –, BSGE 109, 265-280)
Checkliste arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
Eine Checkliste für die Abgrenzung des arbeitnehmerähnlichen Selbständigen ist entbehrlich, weil es lediglich zwei Kriterien gibt, die die Abgrenzung ermöglichen und damit viel einfacher machen als beim Scheinselbständigen.
Berufsgruppenkatalog
Selbständiger Informatiker Datenbankverantwortlicher/Oracle Datenbank Ergebnis: Rentenversicherungspflichtig (arbeitnehmerähnlicher Selbständiger) Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.12.2012 Aktenzeichen L 21 R 387/12 WA
Energieelektroniker "Betriebstechnik" Schulung und Programmierung; Dozententätigkeit im EDV-Bereich Ergebnis: Rentenversicherungspflichtig (arbeitnehmerähnlicher Selbständiger) (Bundessozialgericht, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R
Selbständiger EDV-Berater (Consulting-Leistungen und Systemsoftware-Erstellung im Oracle/SAP- R /3 Umfeld auf Unix-Großrechnern) Ergebnis: Rentenversicherungspflichtig (arbeitnehmerähnlicher Selbständiger) LSG Bayern, Urteil vom 15.10.2009 Aktenzeichen L 14 R 463/06
Selbständiger EDV-Berater Ergebnis: Sozialversicherungsfrei (echter Selbständiger) Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 1. März 2007 Aktenzeichen S 6 (27) RA 270/03
Selbständiger EDV-Beratung / Consulting-Leistungen im Oracle/SAP-R/3 Umfeld auf Unix Großrechnern Ergebnis: Sozialversicherungsfrei (echter Selbständiger) Sozialgericht München, Urteil vom 24. März 2006 Aktenzeichen S 27 R 2642/05 (durch Berufungsurteil aufgehoben, s.o.)
Selbständiger mit Projektverträgen im EDV-Bereich Ergebnis: Sozialversicherungsfrei (echter Selbständiger) Sozialgericht Itzehoe, Urteil vom 20. Januar 2006 Aktenzeichen S 5 RA 10/03
Selbständiger Informatiker Betriebssystemprogrammierung und des Softwaretestings Ergebnis: Rentenversicherungspflichtig (arbeitnehmerähnlicher Selbständiger) Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13. Juli 2005 – Aktenzeichen L 1 R 4208/04
Diplom-Ingenieur und Inhaber der Firma E, B.
Entwicklung und Vermarktung von Büro-Software
Ergebnis: Sozialversicherungsfrei (echter Selbständiger)
Sozialgericht Aachen, Urteil vom 26.03.2004 Aktenzeichen S 8 RA 87/03
Anwalt für arbeitnehmerähnliche Selbständige
Steuerberater und arbeitnehmerähnliche Selbständige
Tipps für arbeitnehmerähnliche Selbständige
Arbeitnehmerähnliche Selbständige, also Einzelunternehmer, sollten vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit den eigenen Status prüfen lassen und dann entscheiden, ob eine Versicherung in der Rentenversicherung der DRV sinnvoll und erwünscht ist oder nicht. Aufschub verschafft die Möglichkeit, sich als Existenzgründer von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen.
Interviews zum arbeitnehmerähnlichen Selbständigen
(1) Verbraucherportal Biallo vom 05.12.2011: Selbstständig im Nebenberuf - Tipps und Fallstricke. Ein Beitrag von Rolf Winkel mit Interviewzitaten Rechtsanwalt Felser [4]
(2) Lohn und GehaltsPROFI aktuell 2/2011: Sonderausgabe Scheinselbständigkeit [5]. Beiträge von Chefredakteur Lutz Schumann und Rechtsanwalt Michael W. Felser.
(3) Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung (AHGZ) 2008/40 (Seite 15): Selbständig oder nur zum Schein. Urteil zur Selbstständigkeit verunsichert das Gastgewerbe. Aber Vorsicht: „Die Feststellung ist keineswegs rechtskräftig“, warnt Michael W. Felser, Rechtsanwalt aus Brühl. Ein Beitrag von Norbert Sass mit Interview von Rechtsanwalt Felser. [6]
(4) „BKK Zollern-Alb Business“ Heft 2 2002 (Seite 6/7): Scheinselbständigkeit - programmierter Ruin. Ein Beitrag von Jürgen Ponath mit Interview Rechtsanwalt Felser.[7]
(5) Financial Times Deutschland vom 27.6.2000: "Rentenkasse versperrt Selbstständigen die Flucht. Für Selbstständige in Deutschland wird es schwerer, sich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu entziehen." Ein Beitrag von Margarethe Heckel mit Zitaten aus einem Interview mit Rechtsanwalt Felser [8]
Weblinks
Das große Portal zum Thema "Scheinselbständigkeit" (seit 1998) [[9]]
Deutsche Rentenversicherung Bund (Berlin) mit Informationen zum Thema Statusfeststellungsverfahren und den Formularen [10]
Autor und Anwalt
Michael W. Felser ist der auf das Thema "arbeitnehmerähnliche Selbständige" spezialisierte Rechtsanwalt in der Kanzlei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte Köln/Brühl [11]. Er ist daneben Betreiber des Portals "Scheinselbstaendigkeit.de" [12]. Zahlreiche freiberufliche (Mitglieder) des Portals "GULP" empfehlen RA Felser zum Thema "Scheinselbständigkeit". Rechtsanwalt Felser hat seit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung (1999) zahlreiche Selbständige und Unternehmen sachkundig und engagiert durch das Statusfeststellungsverfahren begleitet, bundesweit Verfahren vor Sozialgerichten geführt und einige Kinder wieder aus dem Brunnen geholt. Referenzen auf Anfrage.