Arbeitnehmerähnliche Person

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Arbeitnehmerähnliche Person

Der Artikel über die arbeitnehmerähnliche Person beruht auf dem Rechtsstand 4/2015 und wird regelmäßig aktualisiert.

Arbeitnehmerähnliche Person - Definition

Der Begriff "arbeitnehmerähnliche Person" kommt in verschiedenen arbeitsrechtlichen Gesetzen vor und führt dazu, dass diese eigentlich für Arbeitnehmer geltenden Gesetze teilweise auch auf Selbständige anzuwenden sind.

Das Bundesarbeitsgericht definiert den Begriff des "arbeitnehmerähnlichen Selbständigen" wie folgt:

"Nach § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG sind arbeitnehmerähnlich solche Personen, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind. Weitere Voraussetzungen sind, dass sie aufgrund von Dienst- oder Werkverträgen für andere Personen tätig sind, die geschuldeten Leistungen persönlich und im Wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern erbringen und entweder überwiegend für eine Person tätig sind oder einen gesetzlich näher bestimmten Anteil ihres Einkommens von einer Person beziehen. Nach § 12a Abs. 2 TVG gelten mehrere Personen, für die die arbeitnehmerähnliche Person tätig ist, als eine Person ua. dann, wenn sie einer nicht nur vor-übergehenden Arbeitsgemeinschaft angehören. Sinn und Zweck der Vorschrift ist die Vermeidung von Umgehungsmöglichkeiten auf Seiten der Auftraggeber, indem bestimmte Formen der korporativen und unternehmerischen Zusammenarbeit von Auftraggebern zusammengefasst und als eine Person fingiert werden (ErfK/Franzen 14. Aufl. § 12a TVG Rn. 9)."

(BAG, Urteil vom 05. August 2014 – 9 AZR 1079/12 –, Rn. 22, juris)

Maßgeblich ist daher die wirtschaftliche Abhängigkeit und soziale Schutzbedürftigkeit des Dienst- oder Werkvertragsunternehmers.

Arbeitnehmerähnliche Person und arbeitnehmerähnliche Selbständige

Die arbeitnehmerähnliche Person ist ein Begriff aus dem Arbeitsrecht. Er ist verwandt mit dem sozialrechtlichen Begriff des arbeitnehmerähnlichen Selbständigen >> arbeitnehmerähnlicher Selbständiger. Wer arbeitnehmerähnlicher Selbständiger im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist, erfüllt in der Regel auch die Merkmale der arbeitnehmerähnlichen Person. Umgekehrt muss dies nicht der Fall sein.

Arbeitnehmerähnliche Person im Arbeitsrecht

Arbeitnehmerähnliche Personen sind zwar selbständige Unternehmer, aber von einem Auftraggeber wirtschaftlich abhängig. Sie sind wegen fehlender Eingliederung in eine betriebliche Organisation aber nicht persönlich abhängig wie ein Arbeitnehmer.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Personen, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind, arbeitnehmerähnliche Personen, insbesondere wenn sie aufgrund von Dienst- oder Werkverträgen für andere Personen tätig sind, die geschuldeten Leistungen persönlich und im Wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern erbringen und überwiegend für eine Person tätig sind oder ihnen von einem Auftraggeber im Durchschnitt mehr als die Hälfte des Entgelts zusteht, dass sie für ihre Erwerbstätigkeit insgesamt beanspruchen können.

Wenn ein arbeitnehmerähnlicher Selbständiger diese Vorgaben erfüllt, wird er bei einzelnen Vorschriften Arbeitnehmern gleichgestellt:

"Der Gesetzgeber hat zwar in einer Reihe von Vorschriften arbeitnehmerähnliche Personen Arbeitnehmern gleichgestellt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbSchG, § 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG, § 1 Abs. 2 Nr. 1 BeschSchG, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG - in Kraft seit 18. August 2006 -, § 2 Satz 2 BUrlG, § 138 SGB IX, § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG)."

(BAG, Urteil vom 08. Mai 2007 – 9 AZR 777/06 –, Rn. 20, juris)

Praktisch von Bedeutung ist vor allem der Mindesturlaub von 20 bezahlten Arbeitstagen pro Jahr, der auch arbeitnehmerähnlichen Personen und damit vielen Solo-Selbständigen zusteht.

Ausserdem wendet die Rechtsprechung die Kontrolle von Wettbewerbsverboten analog wie bei Arbeitnehmern auch auf arbeitnehmerähnliche Personen an. Ein entschädigungsloses nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist daher auch bei arbeitnehmerähnlichen Personen unzulässig.

Das Kündigungsschutzgesetz und die Sonderkündigungsbestimmungen des § 9 Mutterschutzgesetzes sowie des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) finden dagegen ausdrücklich keine Anwendung auf arbeitnehmerähnliche Personen und damit Selbständige.

Arbeitnehmerähnliche Person - arbeitsrechtliche Gesetze

Folgende arbeitsgesetzliche Vorschriften regeln, dass arbeitnehmerähnlichen Personen teilweise die Rechte aus dem jeweiligen Gesetz wie einem Arbeitnehmer zustehen.


§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG

§ 6 AGG Persönlicher Anwendungsbereich

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,

3. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.


§ 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG

§ 5 ArbGG Begriff des Arbeitnehmers

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.


§ 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbSchG

§ 2 ArbSchG Bestimmungen

(...)

(2) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind:

1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,

3. arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des § 5 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, ausgenommen die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,

4. Beamtinnen und Beamte,

5. Richterinnen und Richter,

6. Soldatinnen und Soldaten,

7. die in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten.


§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BeschSchG

Gesetz zum Schutz der Beschäftigten vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz (Beschäftigtenschutzgesetz)Vom 24. Juni 1994 (BGBl. I, S. 1406)

§ 1 Ziel, Anwendungsbereich

(1) Ziel des Gesetzes ist die Wahrung der Würde von Frauen und Männern durch den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.

(2) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

1. die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Betrieben und Verwaltungen des privaten oder öffentlichen Rechts, Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte, zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte), ferner Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten; für sie tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister;

2. die Beamtinnen und Beamten des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;

3. die Richterinnen und Richter des Bundes und der Länder;

4. weibliche und männliche Soldaten (§ 6).


§ 2 BUrlG

§ 2 BUrlG Geltungsbereich

Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; für den Bereich der Heimarbeit gilt § 12.


§ 138 SGB IX

§ 138 SGB IX Rechtsstellung und Arbeitsentgelt behinderter Menschen

(1) Behinderte Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten stehen, wenn sie nicht Arbeitnehmer sind, zu den Werkstätten in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, soweit sich aus dem zugrunde liegenden Sozialleistungsverhältnis nichts anderes ergibt.


§ 12a Abs. 1 Nr. 1 TVG

§ 12a Arbeitnehmerähnliche Personen

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten entsprechend

1. für Personen, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind (arbeitnehmerähnliche Personen), wenn sie auf Grund von Dienst- oder Werkverträgen für andere Personen tätig sind, die geschuldeten Leistungen persönlich und im wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern erbringen und

   a)        überwiegend für eine Person tätig sind oder
   b)        ihnen von einer Person im Durchschnitt mehr als die Hälfte des Entgelts zusteht, das ihnen für ihre Erwerbstätigkeit insgesamt zusteht; ist dies nicht voraussehbar, so sind für die Berechnung, soweit im Tarifvertrag nichts anderes vereinbart ist, jeweils die letzten sechs Monate, bei kürzerer Dauer der Tätigkeit dieser Zeitraum, maßgebend,

2. für die in Nummer 1 genannten Personen, für die die arbeitnehmerähnlichen Personen tätig sind, sowie für die zwischen ihnen und den arbeitnehmerähnlichen Personen durch Dienst- oder Werkverträge begründeten Rechtsverhältnisse.

(2) Mehrere Personen, für die arbeitnehmerähnliche Personen tätig sind, gelten als eine Person, wenn diese mehreren Personen nach der Art eines Konzerns (§ 18 des Aktiengesetzes) zusammengefaßt sind oder zu einer zwischen ihnen bestehenden Organisationsgemeinschaft oder nicht nur vorübergehenden Arbeitsgemeinschaft gehören.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden auf Personen, die künstlerische, schriftstellerische oder journalistische Leistungen erbringen, sowie auf Personen, die an der Erbringung, insbesondere der technischen Gestaltung solcher Leistungen unmittelbar mitwirken, auch dann Anwendung, wenn ihnen abweichend von Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe b erster Halbsatz von einer Person im Durchschnitt mindestens ein Drittel des Entgelts zusteht, das ihnen für ihre Erwerbstätigkeit insgesamt zusteht.

(4) Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Handelsvertreter im Sinne des § 84 des Handelsgesetzbuchs.

Arbeitnehmerähnliche Person als Verbraucher im Sinne des § 13 BBG

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitnehmer als Verbraucher i. S. von § 13 BGB anzusehen sind. Wegen ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit dürfte dies auch für arbeitnehmerähnlichen Personen gelten.

Autor und Anwalt

Michael W. Felser ist der auf das Thema "arbeitnehmerähnliche Selbständige" spezialisierte Rechtsanwalt in der Kanzlei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte Köln/Brühl [1]. Er ist daneben Betreiber des Portals "Scheinselbstaendigkeit.de" [2]. Zahlreiche freiberufliche (Mitglieder) des Portals "GULP" empfehlen RA Felser zum Thema "Scheinselbständigkeit". Rechtsanwalt Felser hat seit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung (1999) zahlreiche Selbständige und Unternehmen sachkundig und engagiert durch das Statusfeststellungsverfahren begleitet, bundesweit Verfahren vor Sozialgerichten geführt und einige Kinder wieder aus dem Brunnen geholt. Referenzen auf Anfrage.