Feucht-fröhlich verlaufende Weihnachtsfeiern bergen wie andere Festivitäten, bei denen erheblicher Alkoholgenuß im Spiel ist, die Gefahr in sich, daß es zu Unfällen kommt. Im Zusammenhang mit betrieblichen Weihnachtsfeiern stellt sich dann die Frage, ob ein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzliche Unfallversicherung vorliegt.
Das SG Frankfurt hat sich mit seinem Urteil vom 24.01.2006 – 10 SU 2623/03 – mit folgendem Sachverhalt befaßt:
Die Mitarbeiter eines Amtes einer Stadt feierten auf eigene Kosten, aber mit Genehmigung des Amtsleiters eine Weihnachtsfeier in einem Restaurant, daß direkt an das Bürgerhaus angrenzte und mit diesem über eine alarmgesicherte Tür verbunden war. Um 1.20 Uhr hatte die Mehrheit der Teilnehmer die Feier bereits verlassen. Zugegen waren nur noch ein Verwaltungsangestellter, der Amtsleiter und das Pächterehepaar. Gegen 3.15 Uhr kam der Angestellte auf der Treppe zur Toilette zu Fall und zog sich eine schwere Kopfverletzung zu. Im Krankenhaus wurde ein Blutalkoholgehalt von 2,89 Promille festgestellt.
Die zuständige Unfallkasse verweigerte die Anerkennung des Geschehens als Arbeitsunfall, weil sie der Auffassung war, daß sich der Unfall nach dem Ende der dienstlichen Veranstaltung ereignet habe und damit dem privaten Bereich zuzuordnen sei.
Der Angestellte wies im Vorverfahren darauf hin, daß er für die Kontrolle der Zwischentür und der Alarmanlage zwischen dem Restaurant und dem Bürgerhaus zuständig gewesen sei und dies erst möglich gewesen sei, als alle Gäste gegangen seien. Er legte eine entsprechend Erklärungen des Geschäftsführers der Bürgerhausverwaltung vor. Der Amtsleiter gab an, daß es ein „offizielles“ Ende der Veranstaltung nicht gegeben habe.
Die Unfallkasse wies den Widerspruch zurück und stützte dies u.a. darauf, daß der Angestellte einer etwaigen Kontrollpflicht auch wesentlich früher hätte nachkommen können, nachdem um 1.20 Uhr die Mehrheit der Teilnehmer sich bereits verabschiedet hatte. Sein deutlich längerer, weiterer Aufenthalt sei daher privater Natur gewesen.
Hiergegen erhob der Angestellte Klage.
Das SG Frankfurt a.M. gab der Klage statt. Nach Auffassung der Kammer handelte es sich bei der Weihnachtsfeier um eine betriebliche Veranstaltung und bei der Teilnahme an derselben um eine versicherte Tätigkeit. Der Umstand, daß die Feier nur einer Abteilung zugänglich gewesen ist, ändere hieran nichts, weil es je nach Größe eines Unternehmens durchaus billigenswert sein könne, nicht eine Veranstaltung für die gesamte Belegschaft durchzuführen, sondern mehrere abteilungsinterne Feiern zuzulassen. Auch die Tatsache, daß die Mitarbeiter die Kosten selbst bestritten hatte, ändere nichts daran, daß der Zweck betrieblichen Zusammenseins verfolgt worden sei.
Entgegen der Auffassung der Unfallkasse habe der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls noch dem Versicherungsschutz unterlegen, bzw. durfte mindestens davon ausgehen. Der Umstand, daß die Mehrheit der Besucher die Veranstaltung zu diesem Zeitpunkt verlassen hätten, stünde dem nicht entgegen, weil es in der Natur der Sache läge, daß bei Feierlichkeiten gegen Ende nur noch wenige Teilnehmer zugegen sind, dies sich dann u.U. auch über private Angelegenheiten unterhalten. Seitens der Stadtverwaltung habe es zudem in Bezug auf das Ende von Weihnachtsfeiern keine eindeutige Anweisung gegeben. Insbesondere ist den Teilnehmern vorher nicht mitgeteilt worden, daß eine Weihnachtsfeier dann endet, wenn nach dem Verlassen der Veranstaltung durch einige Teilnehmer einer bestimmter Zahlenwert unterschritten wird.
Der bis zuletzt anwesende Amtsleiter hätte jederzeit durch einen ausdrücklichen Hinweis die Veranstaltung beenden können. Die bloße Anwesenheit des eigenen Amtsleiters durfte den Kläger daher veranlassen, davon auszugehen, daß die Feier eben noch nicht beendet ist. Es könne dem Kläger nicht abverlangt werden, seinen Vorgesetzten zum Aufbruch zu drängen. Die Kontrolle der Tür hätte sicherlich früher durchgeführt werden können. Das ändere aber nichts daran, daß der Kläger nach seiner Auffassung einer dienstlichen Verpflichtung nachgegangen ist. Das über private Themen gesprochen und Alkohol konsumiert werde, sei für Weihnachtsfeiern typisch und ändere nichts am betrieblichen Charakter, wenn nicht entgegenstehende Anweisungen zuvor erteilt werden.
Fundstelle: Urteil des SG Frankfurt vom 24.01.2006 – 10 SU 2623/03 –
Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser