Änderungen

Wechseln zu: Navigation, Suche

Wissenschaftszeitvertragsgesetz

6.293 Byte hinzugefügt, 16:46, 7. Apr. 2014
/* Aktuelle Urteile zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz */
Bitte bringen Sie die bisherigen befristeten Arbeitsverträge und den letzten Arbeitsvertrag bzw. den aktuell vorgelegten befristeten Arbeitsvertrag zur Besprechung mit.
== '''Aktuelle Urteile zum zur Befristung nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz''' ==
Eine Erweiterung der Möglichkeiten der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen im Hochschulbereich gegenüber dieser Rechtslage war mit der Schaffung des WissZeitVG erkennbar nicht beabsichtigt. Ausweislich der Gesetzesmaterialien sollte - neben der Schaffung eines eigenen Befristungstatbestands für Mitarbeiter in drittelmittelfinanzierten Projekten an Hochschulen und einer familienpolitischen Komponente für befristete Arbeitsverhältnisse von Eltern während der Qualifizierungsphase - lediglich wegen der mit der Föderalismusreform verbundenen Änderung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich des Hochschulrechts ein neuer Ort für die bisherigen bewährten Regelungen der befristeten Beschäftigungsmöglichkeiten an Hochschulen gewählt werden (BT-Drucks. 16/4043 S. 4).
BAG vom 01.06.2011 Aktenzeichen 7 AZR 827/09
 
'''Aktuell:'''
 
Anders als das Arbeitsgericht ist die Berufungskammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die Befristung der gebotenen Rechtsmissbrauchskontrolle nach § 242 BGB nicht standhält.
 
a) Die Arbeitsgerichte sind bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränkt, sondern aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, alle Umstände des Einzelfalls und dabei namentlich die Gesamtdauer und die Zahl der mit derselben Person zur Verrichtung der gleichen Arbeit geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen. Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen. Eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung hängt jedenfalls nicht ausschließlich davon ab, welcher Sachgrund für die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Befristungsabrede vorliegt. Die nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs vorzunehmende Prüfung verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wird oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl und Dauer der jeweils befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift. Zu berücksichtigen ist außerdem die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge sowie die Frage, ob und in welchem Maße die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich hinter dem zu erwartenden Beschäftigungsbedarf zurückbleibt. Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Beschäftigungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Beschäftigungsbedarf zurückbleibt. Bei der Gesamtwürdigung können daneben zahlreiche weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Dies gilt insbesondere für die in Art. 5 Abs. 3 GG garantierte Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre. Die indizierte rechtsmißbräuchliche Ausnutzung einer an sich eröffneten Befristungsmöglichkeit kann vom Arbeitgeber durch Darlegung besonderer Umstände entkräftet werden (vgl.: BAG, Urt. v. 13.02.2013 - 7 AZR 225/11 -; BAG, Urt. v. 18.07.2012 - 7 AZR 443/09 -; BAG Urt. v. 18.07.2012 - 7 AZR 783/10 - jew. m.w.N.).
 
b) Die Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs rechtfertigt sich zunächst aus der erheblichen Gesamtdauer befristeter Beschäftigung von etwa 14 Jahren, verbunden mit der hohen Anzahl von 23 befristeten Arbeitsverträgen. Die zeitlichen Unterbrechungen von weniger als drei Monaten - hier vom 01.11.2004 bis 16.01.2005 sowie vom 01.09.2010 bis 01.11.2010 - sind geringfügig, stehen nach Sinn und Zweck sowie zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit der Annahme aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse im Sinne von Paragraf 5 Nr. 1 der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28.06.1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge nicht entgegen (vgl. hierzu: EuGH, Urt. v. 23.04.2009 - C- 378/07 bis C - 380/07, Angelidaki; APS/Backhaus, 4. Auflage, vor § 14 TzBfG Rdn. 5c m.w.N.). Zudem blieb in zahlreichen Fällen die Laufzeit der jeweiligen Befristung hinter dem projektbezogenen Beschäftigungsbedarf unter Zugrundelegung der Aufstellung der Beklagten zurück. So entfielen auf die 11,5-monatige Gesamtdauer des Projekts Optische Übertrags- und Speicherverfahren drei, auf die dreijährige Gesamtdauer des Projekts Qualitätssteigerung optischer Übertragungssysteme zwei, auf die 10,5-monatige Gesamtdauer Anbindung von optischen Meßsystemen in der Produktion optischer Speicher zwei, auf die neunmonatige Gesamtdauer des Projekts Teststrategien zur alternativen ATIP-Erzeugung drei, auf die 44-monatige Gesamtdauer des Projekts 3D-Ortungssystem sieben, auf die 29-monatige Gesamtdauer des Projekts Smart Water Power fünf und auf das Projekt "BgA Seehausen" von 11 Monaten zwei Befristungen. In 18 Fällen lag die jeweilige Befristungsdauer nur zwischen zwei Wochen und sechs Monaten. Darüber hinaus fällt ins Gewicht, dass der Kläger stets im gleichen Aufgabengebiet mit der im Wesentlichen gleichen Tätigkeit betraut war, mögen sich die konkreten fachlichen Aufgabenstellungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Projektanforderungen auch geändert haben. Er wurde durchgehend als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik, Prof. Se , Lehr und Forschungsgebiet "Nachrichtenverarbeitung und Mikrorechner" eingesetzt. Zwischen- und Endzeugnis dokumentieren detailliert seine Aufgaben seit dem Januar 2005. Seine Forschungsaufgaben im Rahmen der unterschiedlichen Projekte waren damnach insbesondere Softwareentwicklung in VDHL und ADHL, analoge und digitale Hardwareentwicklung (insbesondere Schaltplanentwicklung, Layoutentwicklung und Herstellung von Prototyp-Schaltungen), Softwareentwicklung in C für Mikroprozessoren zur Ausführung von Messaufgaben und Aufgaben der Datenverarbeitung, messtechnische Überprüfung der entwickelten Geräte und Verfahren und Anfertigung von Dokumentationen. Darüber hinaus oblag ihm die Betreuung von Diplomanden. Es handelt sich nicht um wechselnde Aufgaben ganz unterschiedlichen Charakters.
 
Weder das Regelungskonzept des WissZeitVG noch die Garantie aus Art. 5 Abs. 3 GG, hier der Freiheit von Wissenschaft und Forschung und Lehre, steht vorliegend der Annahme eines Gestaltungsmißbrauchs entgegen.
 
LAG Köln, Urteil vom 6.11.2013 Aktenzeichen 11 Sa 226/13, https://openjur.de/u/668824.html
== '''Gesetzestexte''' ==
1.433
Bearbeitungen